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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen
Autoren: Notaro Laurie
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eine Hälfte des Crackers mitten im Flur verputzen sehe, statt das Ding in den Müll zu werfen, weil es schon eine halbe Ewigkeit darin herumgegammelt hat. Aber diese Information schiebt Val-Laurie wohlweislich in den Ordner, den sie erst später zur Durchsicht öffnen wird. Oder ich komme morgens nach unten, um Kaffee zu machen, und sehe die Keksschachtel auf der Arbeitsplatte stehen, bei deren Anblick mir wieder einfällt, dass ich um drei Uhr früh hier gestanden, abwechselnd die normalen Butterkekse und die Oreos betrachtet und überlegt habe: »Jetzt esse ich zuerst den Butterkeks, während ich darauf warte, bis ich den Oreo essen kann.«
    Val-Laurie hat auch durchaus etwas für die Naturwissenschaften übrig, wie einer ihrer Träume deutlich zeigt, in dem die gesamte Wohnzimmerwand, vom Boden bis zur Zimmerdecke, von einem Diagramm mit Kästchen bedeckt war, das an das Periodensystem erinnerte. Allerdings verbargen sich hinter den einzelnen Kästchen keine Abkürzungen für die Elemente, sondern niedliche kleine Zeichnungen von verschiedenartigen Pilzwolken, Spiralen und Kräuseln. In meinem Traum stand ich da und bestaunte ehrfürchtig die Komplexität des Diagramms und die kunstvoll gearbeiteten Zeichnungen, als mein Blick auf die Überschrift fiel und mir alles klar war: Ich stand vor dem Furzdiagramm, in dem, wie die Überschrift ahnen ließ, jeder denkbare Furztyp, nach Heftigkeit, Feuchtigkeitsausprägung, Blasenbildung und Geräuschen kategorisiert und mit einer korrespondierenden Identifikationsnummer versehen, aufgeführt war.
    Noch immer in den Fängen ihres Traums, taumelte Val-Laurie durch die dunkle Diele ins Badezimmer und setzte sich auf den Thron. »Ah, Nummer 214 ist ein echt guter. Den sollte ich häufiger wählen.«
    Der Beweis für Val-Lauries Existenz zeigt sich nicht nur durch überall im Haus verstreute Kekskrümel und nächtliche Manifestationen ihrer Genialität, sondern auch in E-Mails am nächsten Morgen. Schon mehr als einmal habe ich am Folgetag Antworten auf Mails von mir vorgefunden, von denen ich nicht wusste, dass ich sie überhaupt geschrieben hatte. Folglich muss ich die Vorgänge der Nacht jedes Mal mühsam wie einen Tathergang rekonstruieren. Stellen Sie sich bitte mal meine Verblüffung vor, als ich herausfand, dass Val-Laurie sich die Geschichte von Mr Grunt, einem fünfundsechzigjährigen Sportlehrer im Ruhestand, ausgedacht hatte, dessen Haut von ergrautem Beuteltierfell bedeckt war und der seine Hamburger in den Fettwülsten seiner Männerbrüste warm hielt. Ja. Ich weiß, was Sie jetzt denken. Wenn Sie das widerlich finden, stellen Sie sich nur mal vor, wie grauenhaft es ist herausfinden zu müssen, dass so etwas nicht nur der eigenen Fantasie entsprungen ist, sondern man die Geschichte auch noch aufgeschrieben und an andere Leute verschickt hat. Und zwar an viele . Allein die Vorstellung, dass eine Gestalt wie Mr Grunt den Tiefen des eigenen Unterbewusstseins entsteigt und sämtliche Selbstkontrollmechanismen nicht nur vorübergehend außer Betrieb sind, sondern von einer wild gewordenen Fressmaschine, die alles verputzt, was als längst verschollen galt in den Tiefen einer Handtasche, komplett außer Kraft gesetzt wurden, sodass die durchgeknalltesten Ideen unkontrolliert herumschwirren, ist doch ziemlich beängstigend, finden Sie nicht auch? Man könnte eine Geschichte über verwaiste Germanenkinder, eine Hexe und einen Ofen schreiben und würde garantiert gemäßigtere Reaktionen ernten als auf diesen widerlichen alten Sack. Ich hatte vor anderen Menschen einen Teil meines Ichs entblößt, den ich noch nicht einmal selbst sehen wollte, ähnlich wie Michael Kors, der Designer, als der am Strand sein Hemd auszog und seinen riesigen, nach außen gewölbten Bauchnabel entblößte, der wie ein feister Fleischknödel aussah. Ich könnte an dieser Stelle auch einen Link einfügen, damit sich dieser Anblick für immer in Ihre Gehirnwindungen brennt, weil dies vielleicht das Einzige wäre, was widerlich genug ist, um Ihre Aufmerksamkeit von der beschämenden Tatsache abzulenken, dass ich mir einen alten Sportlehrer ausgedacht habe, der seine Brüste benutzt, um das Essen warm zu halten.
    Das Schlimmste daran ist vermutlich, dass gewisse Freunde von mir mit Vorliebe abends gegen zehn an meine Mailtür klopfen und fragen, ob Val-Laurie zum Spielen rauskommt. Und wenn ich darauf antworte, dass Val-Laurie heute nicht daheim ist, erwidern sie, dass sie einfach in einer Stunde
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