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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn
Autoren: Wiebke Lorenz
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spießig, aber ich
finde, das geht Tim nichts an.
    »Kriegst sie ja gleich wieder«, meint Tim lachend. »Da ist es:
Charlotta Maybach.« Tim, Georg und ich betrachten beinahe andächtig die knappen
Zeilen, die unter meinem Namen stehen:
    Aktuelle Adresse unbekannt (wer sie hat,
bitte Heike geben!); BWL -Studium?; jobbt angeblich im Drinks & More in Ottensen
    Mir sollte das eigentlich total egal sein, aber plötzlich fühlt
es sich so an, als hätte mir jemand eine verpaßt. Vielen Dank, liebe Heike – oder wer auch immer diese liebreizende Liste aufgesetzt hat. Tatsächlich spüre
ich, wie mir die Tränen in die Augen schießen.
    »Kurz und knackig, so kennen wir unsere Charly«, stellt Tim
augenzwinkernd fest.
    »Laß mal gut sein.« Georg nimmt Tim die Liste weg, faltet sie
zusammen und stopft sie wieder in den Briefumschlag, den er mir reicht. Er
scheint zu ahnen, was gerade in mir vorgeht. Dabei ist es doch wirklich so, daß
mir meine früheren Mitschüler mehr als egal sind. Und von mir aus können die
alle Karriere machen, ich bin froh, wenn ich meine Ruhe habe. Aber warum nagt
jetzt trotzdem so ein blödes Gefühl an mir?
    Tim hat mittlerweile auch gemerkt, was los ist.
    »Ach, glücklich sind die doch bestimmt alle nicht«, macht er einen
unbeholfenen Versuch, die etwas gedrückte Stimmung zu verscheuchen. »Da nützt
auch ein Ferrari in der Garage nichts.«
    »Was ist schon Glück?« seufze ich. Schweigen. Was soll man darauf
auch antworten?
    Als ich zehn Minuten später nach Hause radele, lasse ich den
Discman ausgeschaltet. Ich weiß keine Musik, die jetzt passen würde. Während
ich in die Pedale trete, überschlagen sich meine Gedanken. Wieso habe ich
keinen Traum, kein Ziel, keine Pläne? Ich lebe nur in den Tag hinein und fühle
mich oft so, als hinge ich in der kosmischen Warteschleife. Als würde ich in
den Startlöchern stehen und hoffen, daß das richtige Leben beginnt. Solange ich
denken kann, warte ich darauf, daß sich alles mal so anfühlt wie eines meiner
Lieblingslieder. Daß mein Leben perfekt und richtig und echt ist, daß ich weiß:
Genau das ist es. Und in Momenten wie jetzt habe ich Angst, daß ich irgendwann
einmal aufwache und feststelle: Der Augenblick ist nie gekommen! Du hast
vergeblich gewartet und dabei das Leben an dir vorbeiziehen lassen.
    Energisch drücke ich nun doch die Play-Taste an meinem Discman,
Sekunden später wird mein Kopf wieder in »The Matrix« getaucht. Ich werde mich
doch von solchen unsinnigen Gedanken nicht runterziehen lassen, eigentlich ist
doch alles bestens: Ich bin jung, habe einen netten Job mit netten Leuten und
kann ansonsten tun und lassen, was ich will. Wer kann das schon von sich behaupten?
    Zu Hause mache ich ebenfalls sofort Musik an. »Canned Heat« von
Jamiroquai, Gute-Laune-Dance-Musik. Ich will diesen kleinen, häßlichen
Selbstzweifelchen erst gar keine Chance geben, sich wieder über mich
herzumachen. Erledigt lasse ich mich auf mein Bett fallen.
    »Was für ein Tag«, sage ich zu meinem Spiegelbild, das mich vom
Fußende der Matratze aus ansieht. Dann krame ich noch einmal die Einladung zum
Abitreffen aus meiner Hosentasche und streiche die leicht zerknitterten Blätter
glatt. Drei kleine, erbärmliche Zeilen über mein Leben. Ein paar Sekunden lang
gucke ich meinem Spiegelbild tief in die Augen und versuche herauszufinden, was
mein Gegenüber denkt.
    »Ach, Scheiße, was soll’s«, sagt es laut und deutlich. Ich rappel
mich vom Bett hoch, ziehe Jacke und Schuhe wieder an. Schlampe muß noch mal
los. Jetzt kann ich sowieso nicht schlafen – und wer weiß, was die Nacht noch
für mich bereithält? Als ich die Tür hinter mir ins Schloß ziehe, nehme ich mir
fest vor, diese Abi-Einladung einfach zu vergessen. So, als hätte ich sie nie
bekommen.

2. Kapitel
    Gina Wild hat Chlamydien. Mutmaßt die »Bild«. Kann schon
mal vorkommen, vor allem bei einem Ex-Pornostar. Steht auch in der »Bild«. Und
weil das so ist, kann Gina – die sich seit kurzem nur noch Michaela Schaffrath
nennt – kein Baby bekommen, weil nämlich Chlamydien unfruchtbar machen.
Behauptet ein Dr.   Sowienoch in der Zeitung und erklärt, je mehr Sexualpartner
eine Frau hatte, desto Chlamydie. Da haben wir es wieder. Die böse
Gina-Michaela hat in ihrem Leben leider, leider mit zu vielen Männern gepoppt,
und das hat sie jetzt davon. Irgendein Grund wird doch immer gefunden, um uns
Mädels den Spaß zu verderben. Moderne Form der Brandmarkung nenne ich das.
    Dabei
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