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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn
Autoren: Wiebke Lorenz
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Eindruck,
offenbar hat sie nicht damit gerechnet, daß ich so hartnäckig sein würde.
»Bitte«, sage ich noch einmal, »nur noch dieses eine Mal, und dann verspreche
ich, daß ich dich nie wieder ansprechen werde.« Sie sieht mich einen Augenblick
lang nachdenklich an. Dann öffnet sie die Tür ganz und läßt mich herein.
    »Ich weiß nicht, warum ich das mache«, stellt sie fest, während sie
die Tür hinter mir schließt. »Krieg wohl meine Tage oder so.« Hat sie da nicht
fast einen Witz gemacht? Doch, das war ein typischer Julie-Witz, meine Chancen
stehen vielleicht gar nicht so schlecht. Julie lehnt sich im Flur gegen die
Wand und verschränkt ihre Arme vor der Brust. Andererseits, vielleicht doch
nicht so gut, wenn sie mich nicht mal ins Wohnzimmer bittet, sondern mich
lieber gleich im Flur abfertigt. »Also?«
    »Es war völlig daneben«, platzt es aus mir heraus, weil ich doch
ziemlich angespannt bin.
    »Was meinst du?« Klar, sie will mich etwas quälen, das hab ich
verdient.
    »Es war völlig daneben, mit deinem Freund zu schlafen.« Julie zieht
interessiert die Augenbraue hoch.
    »Ach? Findest du?«
    »Ja, natürlich finde ich das. Und es gibt dafür keine
Entschuldigung, das weiß ich auch. Ganz egal, ob er angefangen hat oder wir
betrunken waren oder David sowieso ein Idiot ist – ich bin deine Freundin, und
das hätte ich niemals tun dürfen. Ich war eben eifersüchtig. Eifersüchtig und
neidisch, weil du auf einmal jemanden hattest und mich ganz allein
zurückgelassen hast. Jedenfalls habe ich das so empfunden, auch wenn das total kindisch
und selbstsüchtig war. Es tut mir leid!« Julie sagt nichts, sondern kaut nur
nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum. Will sie am Ende vielleicht noch, daß
ich auf die Knie gehe und sie um Verzeihung bitte? Muß sie nur sagen, ich mache
alles!
    »Hm«, murmelt sie nach einer Pause, die mir endlos lange vorkommt,
»scheint dir ja wirklich ernst zu sein.«
    »Ja, ist es«, versichere ich, »ist es wirklich.«
    »Tja.« Mehr sagt sie nicht. Sie öffnet die Tür zum Hausflur, sie
will anscheinend, daß ich gehe. Mit hängenden Schultern trotte ich nach
draußen. Fühle mich beschissener als damals, direkt nach dem Betrug. »Ich muß
nachdenken, Charly«, sagt Julie, als ich draußen stehe. »Ich freue mich, daß du
gekommen bist und die Schuld für das, was damals passiert ist, nicht mehr bei
anderen suchst.« Ein leichtes Zittern in ihrer Stimme verrät mir, daß sie nicht
ganz so cool ist, wie sie tut. »Aber ich brauche Zeit. So etwas kann man nicht
von heute auf morgen wegwischen und dann so tun, als wäre es nie passiert.«
    »Nein«, gebe ich ihr recht, »das kann man nicht.« Dann gehe ich
zurück in meine Wohnung. Zeit, sich für die Arbeit fertig zu machen.
    »Ey, Schlampe!« ruft Tim, als ich ins Drinks & More komme.
    »Falsch«, korrigiere ich Tim und strecke meine Brust raus, damit er
den Schriftzug auf meinem T-Shirt besser lesen kann.
    »Chlamydien? Was soll das nun wieder heißen?«
    »Ist mein neues Gina-Wild-Solidaritäts-T-Shirt«, erkläre ich und
hänge meine Jeansjacke an der Garderobe auf.
    »Solidaritäts-T-Shirt?« Tim hat mehr Fragezeichen im Gesicht als
Pippi Langstrumpf Sommersprossen.
    »Ist kompliziert zu erklären«, meine ich.
    »Aha.« Tim kratzt sich nachdenklich hinter seinem linken Segelohr.
»Und was ist mit dem Schlampen-Shirt?« will er dann wissen. Ich zucke mit den
Schultern.
    »Schätze, das hat ausgedient. Fand ich irgendwie langweilig.« Mit
diesen Worten eile ich an Tim vorbei auf die ersten Gäste zu, die mittlerweile
reingekommen sind und sich an Tisch neun gesetzt haben. Als ich mich auf dem
Weg dahin noch einmal kurz nach meinem Chef umdrehe, sehe ich, wie ein
komisches Lächeln über sein Gesicht huscht.
    »St.   Pauli, St.   Pauli!« Georg kommt singend hereingetanzt und
schwenkt eine Zeitung. »We are the Champions«, intoniert er dann Queen, bevor
er sich auf seinen Stammplatz lümmelt.
    »Kaffee?« frage ich ihn und studiere im Vorübergehen seine Zeitung.
Und bleibe verdutzt stehen. »Die ist ja von heute!« stelle ich fassungslos
fest, als ich das Datum lese.
    »Irgendwie war mir danach, mal wieder an der Gegenwart
teilzunehmen.«
    »Eine kluge Entscheidung«, ruft Tim uns vom Tresen aus zu.
    »In der Tat! Stellt euch vor, ich hätte erst in vier Wochen
erfahren, daß St.   Pauli jetzt tatsächlich den Aufstieg in die erste Bundesliga
geschafft hat. Nicht auszudenken!«
    »Aufstieg? Ich denke, die sind
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