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Was ist mit unseren Jungs los

Was ist mit unseren Jungs los

Titel: Was ist mit unseren Jungs los
Autoren: Allan Guggenbuehl
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Die Taten haben die Qualität einer Kainshandlung. Die Jungen katapultieren sich durch die Tabu- oder Gesetzesverletzung in die Welt der Erwachsenen.
    Die Befindlichkeitsrunde oder Gespräche über die Taten werden jede Woche durchgeführt. Die Jungen berichten ihre Erlebnisse während der Woche, reden von ihren Erfolgen, Misserfolgen und Begegnungen. Sie sprechen über ihre Eltern, Geschwister oder Freundinnen. Kernthema bleibt jedoch das Thema der Gewalt. Da die Jungen gegenseitig ihre Taten kennen, können sie auch abschätzen, ob jemand Fortschritte gemacht hat und bei der Arbeit mit sich selber weiterkommt. »Der Kerl, mit dem ich vor einigen Monaten eine Auseinandersetzung hatte, ist mir auf der Straße entgegengekommen. Ich wurde wütend, doch ging ich ganz cool an ihm vorbei, habe mich weder durch seinen Blick noch seinen Spruch provozieren lassen«, teilt uns ein Junge stolz mit.
    Natürlich genügen uns die Aussagen der Jungen nicht, wenn es um die Beurteilung geht, ob jemand während der Woche gewalttätig war. Wir bleiben als Gruppenleiter im permanenten Kontakt mit den Sozialarbeitern des Jugendgerichts, etwaigen Lehrern und oft auch den Eltern. Gab es während der Woche einen Vorfall, werden wir unmittelbar informiert. Die Jungen wissen, dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit erfahren, wenn es wieder zu einem Gewaltvorfall gekommen ist. Verschweigt uns ein Jugendlicher einen Vorfall und wir erfahren später davon, lassen wir ihn unseren Ärger über den Vertrauensmissbrauch direkt spüren. »Warum soll ich mit dir noch reden, wenn du uns nur noch Quatsch erzählst? Für mich gehörst du auf die Straße und nicht in diese Gruppe, wenn du so weitermachst!« Der Junge merkt, dass seine Unehrlichkeit und sein Verhalten in der Gruppe Konsequenzen haben werden.
    Die Gruppenleiter beteiligen sich ebenfalls an den wöchentlichen Runden. Auch sie müssen über Erlebnisse währendder Woche berichten. Natürlich haben sie keine Gewalttaten vorzuweisen, doch wir reden offen über Herausforderungen im Beruf und im Privatleben. Wir als Therapeuten müssen nicht alles offenlegen, sondern es geht primär darum, dass wir ein Vorbild abgeben. Therapeutische Abstinenz oder professionelle Zurückhaltung kommt bei diesen Jugendlichen nicht an. Man muss sich als Mensch zeigen, eigene Gefühle, Ängste und innere Zwiespälte zugeben, wenn man will, dass sie einen ernst nehmen und als Bezugsperson akzeptieren.
Input
    In jeder Gruppensitzung gibt es einen Input zum Thema Gewalt, Konflikt, Streit oder Aggression. Er kann aus einem Film über Männer bestehen, die sich über Aggression und Gewalt profilierten. Nach Eingangsfragen sehen wir uns Filmausschnitte über den schottischen Nationalhelden Braveheart, den Rapper Eminem, Napoleon Bonaparte, den Boxer Muhammed Ali oder die Gangsterlegende Al Capone an. In der Gruppe wird dann mit Hilfe von speziellen Fragen über Parallelen zu aktuellen Situationen und zum eigenen Leben gesprochen. Welche Eigenschaften zeichneten diese Männer aus? War ihre Gewalt berechtigt? Mit wem konnten sie sich identifizieren und welche Handlungen lehnten sie ab? Historische und aktuelle Gewalttäter dienen als Referenzfiguren, um über die eigene Aggressionsgeschichte nachzudenken und Zusammenhänge mit aktuellen Herausforderungen herzustellen. In einem anderen Input geht es um die Position in der eigenen Familie. Die Jungen werden aufgefordert, eine Familienstellung 135 durchzuführen, gemeinsam über ihre Prägungen und Stellung in der Familie nachzudenken und Schlussfolgerungen zu ziehen. Es wird die Wut, die ein Junge auf den abwesenden Vater hat, besprochen oder die Rolle eines Bruders,der im Krieg umkam und wie ein Geist über der Familie schwebt. Oft führen wir mythodramatische Inputs durch. Die Jungen hören sich eine Geschichte an, in der das Thema Gewalt direkt oder symbolisch abgehandelt wird. Sie vernehmen die Abenteuer einer Reisegruppe, die eine Expedition nach Madagaskar wagt, hören von den Untaten einer Bande in Harlem. Die Geschichten dienen als Ausgangspunkt für Imaginationen und Dramatisierungen. 136 Mythodramatische Inputs helfen, tabuisierte oder heikle Themen aufs Tapet zu bringen und spielerisch nach Lösungen zu suchen. Das Mythodrama ist eine Methode der Gruppenpsychotherapie, die vom Autor entwickelt wurde. 137 In einem anderen Input stehen vielleicht die Beweggründe von Selbstmordattentätern im Vordergrund. Der Input beginnt dann mit dem Studium eines Textes, in dem
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