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Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Titel: Was ist koscher - Jüdischer Glaube
Autoren: Paul Spiegel
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erfüllen.
    Das liberale Judentum sah das von Anfang an anders. Für die Liberalen war die Thora zunächst einmal ein von Menschen geschriebener Text und somit nicht mehr sakrosankt. Die Autoren des Textes waren zwar alles fromme Männer, denen sich GoĴ in ihrem Leben off enbart hat – hier kommt also der Glaube an die Off enbarung wieder zum Tragen –, doch die Thora ist menschlich, von Menschen geschaff en und versucht lediglich, die GoĴ heit und deren BotschaĞ zu vermiĴ eln. Für Menschen des 19. Jahrhunderts, die von den Gedanken der AuĤ lärung und der VernunĞ geprägt waren, ein sehr viel
    »verlockenderes« Angebot als die These der Orthodoxen.
    Und so hat sich das liberale, heute auch »progressive« Judentum, was die Anzahl seiner Mitglieder betriğ
    , auf der Welt
    durchgesetzt. Die große Mehrheit der Juden heute ist nicht orthodox, sondern progressiv oder »conservative«, ein Mit-telding zwischen orthodox und liberal, eine weitere Denomination, die vor allem in den USA weit verbreitet ist.
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    Die Folge dieser gänzlich anderen Rezeption der Thora ist natürlich, dass die liberalen Juden die Gesetze nicht mehr für göĴ lich halten. Somit nahmen und nehmen sie sich das Recht heraus, bestimmte Mitzwot einfach zu streichen, mit dem Hinweis, sie würden in der modernen Welt für sie keinen Sinn mehr machen, sie seien nur aus dem historischen Kontext ihrer Entstehung zu verstehen. In jenen Fällen, wo ein Gesetz beibehalten wird, wird es jedoch viel off ener, viel freizügiger interpretiert, als die Orthodoxie dies je zulassen würde. Wieder ein sehr einfaches Beispiel: Am Schabbat darf man keine Arbeit verrichten. Es ist orthodoxen Juden verboten, am Schabbat Auto zu fahren. Erstens, weil das Fahren als Ortswechsel gilt, als Reisen, was verboten ist, und zweitens, weil das Starten des Motors einen Funken auslöst. Und dies gilt als Feuermachen. Aus denselben Gründen darf ein orthodoxer Jude auch nicht miĴ els eines Lichtschalters in einer Wohnung für Helligkeit sorgen. Das Reformjudentum hat dieses Gesetz ganz anders interpretiert und erlaubt seinen Anhängern sogar, mit dem Wagen zur Synagoge zu kommen.
    In den USA haben viele Reformsynagogen sogar eigene Park-plätze. Am Schabbat fahren also die Mitglieder einer solchen Gemeinde mit ihrem Auto vor, um dann am GoĴ esdienst teilzunehmen. Feuer machen wird wörtlich genommen und nur als »schwere« Arbeit abgelehnt. Unvorstellbar für Orthodoxe, eine Verletzung des Thoraverbotes, ein schweres Vergehen, eine Lästerung GoĴ es!
    Dementsprechend »lax« – aus orthodoxer Sicht – behandeln solche Juden auch das Thema Konversion. Daher können und wollen orthodoxe Rabbiner Konvertiten, die nach libera-lem oder konservativem Ritus Juden geworden sind, nicht als solche in ihrer Gemeinde anerkennen. Für sie bleiben diese Menschen Nichtjuden. In der Diaspora ist das Problem rela-22
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    tiv gering – die Gruppen bleiben unter sich. Da kommt es zu keinen besonderen Friktionen, es sei denn, ein Jude aus der orthodoxen Tradition verliebt sich in solch einen, sagen wir mal, konservativen Konvertiten. Wenn die beiden heiraten wollen, wird der orthodoxe Partner darauf bestehen müssen, dass die geliebte Person sich einer zweiten, einer »richtigen«
    Konversion unterzieht, da ansonsten kein orthodoxer Rabbiner das Paar trauen wird.
    Dies ist vor allem in Israel ein Problem. Das Rabbinat in Israel ist in orthodoxer Hand, conservative judaism und progressives Judentum werden nicht akzeptiert mit Auswirkun-gen auf die Eheschließungen, aber schlimmer noch, mit Aus-wirkungen sogar auf das Einwanderungsrecht. Denn nach israelischem Recht hat jeder Jude das Recht, nach Israel ein-zuwandern und sofort Staatsbürger zu werden. Das säkulare, so genannte Rückkehrrecht defi niert den Begriff »Jude«
    allerdings wesentlich freizügiger als das Rabbinat. Menschen, die sogar nur einen einzigen jüdischen Großelternteil haben, dürfen nach Israel einwandern. Warum das so ist? Der Holocaust ist der Grund dafür. Denn nach der Staatsgründung Israels 1948 wäre es unmöglich gewesen, jenen Holocaust-Überlebenden, die erst Hitler zu Juden gemacht hat, die Einwanderung nach Israel zu versagen.
    Die Nürnberger Rassengesetze von 1935, eine grässliche Schöpfung der Nazis, haben den »Halbjuden«, den »Viertel-«
    und den »Achteljuden« erfunden. Ein Halbjude war
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