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Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Titel: Was ist koscher - Jüdischer Glaube
Autoren: Paul Spiegel
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schnell unterscheiden können, wem es ernst ist mit seinem ÜbertriĴ und wem nicht.
    Wenn die erste Hürde dann endlich genommen ist, beginnt die eigentliche Arbeit: Das Lernen. Der Nichtjude muss in das Judentum eintauchen, er muss die SchriĞ en und die Gesetze lernen, er muss natürlich Hebräisch lernen, einigermaßen zumindest, damit er die Gebete sprechen kann, er muss die Traditionen und die Gebetsmelodien ebenso kennen wie die vielen Regeln, die sein Leben als Mann, ihr Leben als Frau bestimmen. Für den Mann sind das vor allem Themen wie die Gebetsordnung in der Synagoge, der Aufruf zur Thora und Ähnliches, für eine Frau ist es vor allem die »Nidda«, die rituelle Reinheit in der Ehe, ein Gebiet, in dem sie sich besser auskennen sollte als der Mann. Sie muss den rituellen Umgang mit der Menstruation und dem Besuch der Mikwe, des rituellen Tauchbades nach der Regel, kennen, sie muss aber auch über Empfängnis und Zeugung an den fruchtbaren Tagen Bescheid wissen, ebenso an welchen Tagen ihr Mann 16
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    keinen Geschlechtsverkehr mit ihr haben darf. All das hängt vom weiblichen Zyklus ab.
    Die Lernphase kann unter Umständen Jahre dauern. Je nachdem, wie hoch die Ansprüche des jeweiligen Rabbiners sind. Heutzutage haben die großen Rabbinate meistens eine Art »Richtlinie«, so dass man im Allgemeinen davon ausgehen kann, dass der ÜbertriĴ zwischen einem und drei Jahren dauert. In manchen Fällen aber noch länger.
    Der ÜbertriĴ selbst ist für die Frau eine relativ kurze, un-komplizierte, aber dennoch heilige und sehr aufregende Angelegenheit: Sie geht zum ersten Mal in das rituelle Tauchbad und unternimmt dort die Reinigungsrituale, die ihr später in Fleisch und Blut übergehen werden. Beim ersten Mal erhält sie dann auch ihren jüdischen Namen.
    Bei den Männern ist die Prozedur ähnlich, auch Männer gehen immer wieder in die Mikwe. Doch eines kommt beim Mann noch unangenehmerweise hinzu: Er muss sich beschneiden lassen! Denn die Beschneidung ist das Zeichen des Bundes zwischen GoĴ und Abraham und dessen Nachkommen. Das bleibt auch dem Erwachsenen nicht erspart. Insofern kann man davon ausgehen, dass ein Mann, der übertreten will, meistens sehr genau weiß, warum er das tun möchte.
    Ist es erlaubt, überzutreten, um einen jüdischen Ehepartner zu heiraten? Die klare Antwort heißt eigentlich: nein.
    Dies ist kein Grund, selbst wenn er aus menschlicher Sicht der schönste ist. Die Praxis hat aber gezeigt, dass die Rabbiner hier häufi g ein halbes Auge bis beide Augen zudrücken.
    Sie wissen, dass in sehr vielen Fällen die Liebe zu einem Juden, zu einer Jüdin, ausschlaggebend ist, und sie wissen na-türlich auch, dass eine Ablehnung eines solchen Kandidaten eventuell dazu führt, dass der jüdische Teil dieser Beziehung sich vom Judentum abwendet, dass ein Kind aus solch einer 17
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    Beziehung, wenn denn die Frau Nichtjüdin ist, unweigerlich nichtjüdisch und somit für die jüdische GemeinschaĞ verloren ist!
    Daher sieht die Realität manchmal anders aus, als die VorschriĞ en dies verlangen. Zum Glück ist das Judentum ein pragmatischer und sehr menschlicher Glaube, der die Realitäten auf Erden kennt und nicht auf »himmlische Ideale«
    wartet. Was nicht heißt, dass solch ein Nichtjude nicht auf Herz und Nieren geprüĞ wird. Er muss sich also durchaus im Klaren sein, dass es hier um mehr als um ein Zertifi kat geht, auf dem steht: Ab heute bist du jüdisch! Nein, auch hier geht es um Fragen des Glaubens und der Zugehörigkeit, der Verantwortung und Verpfl ichtung, das göĴ liche Gesetz anzunehmen, sich eine bestimmte Geschichte und eine ungewisse ZukunĞ zu Eigen zu machen.
    Der so lange und schwierige Weg für einen Konvertiten, einen
    »Ger«, zeigt, dass das Judentum, anders als das Christentum, die Missionierung ablehnt. Wir wollen niemanden bekehren, wir wollen niemanden zwingen, so zu leben wie wir. Wir wollen aber – das wird in den Gebeten immer wieder gesagt
    –, dass sich alle Menschen zu dem Einen und Einzigen bekennen. Doch das muss nicht unbedingt als Jude geschehen! Wir wollen nicht missionieren, sondern durch das Beispiel einer richtigen, ehrfurchtsvollen, ethischen und gläubigen Lebensführung Nichtjuden für unseren Glauben einnehmen. Werden wir Juden dieser Aufgabe immer gerecht? Mitnichten. Auch wir sind nur Menschen und dementsprechend schwach, feh-lerhaĞ ,
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