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Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt
Autoren: Allison Winn Scotch
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den Augenblick, und es fühlt sich viel einfacher an, nicht zu fragen. Später vielleicht. Aber nicht jetzt. Außerdem haben wir, noch ehe ich das Thema anschneiden könnte, den Schulparkplatz verlassen und die Fenster runtergekurbelt. Der Wind zerzaust unser Haar, das Radio läuft, und einen Augenblick lang fühlt es sich an, als wären wir wieder siebzehn.

    Susanna biegt auf den Parkplatz direkt hinter dem handgemalten Schild: 4. JULI – REMMIDEMMI – WESTLAKERUMMEL!
    Auf dem Festplatz ist es wuselig. Sämtliche Geschäfte der Stadt präsentieren in bunt blinkenden Buden ihre Waren. An einigen Ständen erklingt Country-Musik, an anderen plärrende Hupen, und wieder andere versuchen uns einfach durch Zurufe anzulocken. Wir schlendern durch die Gassen, kaufen uns beide einen batteriebetriebenen Miniventilator für zwei Dollar – ein jämmerlicher Versuch gegen diese Hitze – und winken immer wieder alten Bekannten zu. Ich wohne schon mein ganzes Leben lang in Westlake; wir haben uns alle gegenseitig großgezogen.
    Der Festplatz verströmt den typischen, ureigenen Jahrmarktsmief: eine Mischung aus Tiergestank, gebrannten Mandeln, Frittierfett und menschlichen Ausdünstungen, und der Staub überzieht uns augenblicklich mit einer feinen Schicht. Wir kommen am Streichelgehege vorbei, und ich binde meine dunkelblonden Haare zu einem festen Pferdeschwanz.
    «Bis gleich», sagt Susanna. «Austin schwirrt irgendwo mit den Kindern rum. Wir haben uns zur Übergabe verabredet.»
    «Soll ich mitkommen?»
    Sie schüttelt den Kopf. «Nicht nötig. Er war gestern sogar zum Abendessen da.»
    «Läuft es wieder besser?»
    Sie zuckt die Achseln. «Mal sehen», sagt sie ein bisschen zu barsch, mit weniger Bereitschaft zur Vergebung in der Stimme, als ich es mir für Tylers besten Freund gewünscht hätte. Austin ist eigentlich kein mieser Kerl, aber er hat einen Fehler gemacht, der ihn vielleicht seine Ehe kosten wird. Nach einer sehr fröhlichen Happy Hour hat er mit seiner Sekretärin in ihrem Wagen rumgeknutscht, und zwar dämlicherweise in seiner eigenen Auffahrt, just in dem Augenblick, als Susie zum Schlafzimmerfenster hinaussah. Nicht, dass ich ihre Verbitterung nicht verstehe; ich will nur einfach nicht, dass ihre Beziehung zerbricht. Nicht die Ehe der beiden. Nicht unser Kleeblatt, das seit der High School unzertrennlich ist.
    Ich sehe ihr nach und mache mich auf die Suche nach Tyler, was bei dem Trubel hier völlig sinnlos ist. Also gehe ich stattdessen in Richtung Eisstand.
    «Hallo, Mrs. F.»
    Ich drehe mich um und entdecke Claudette Johnson, eine meiner Lieblingsschülerinnen, in viel zu kurzen Shorts und einem viel zu engen T-Shirt, auf dem eine zwinkernde Mickymaus prangt. Claudette ist schlank und braun und selbstsicher, und wer sie nicht näher kennt, würde nie darauf kommen, dass dieses Mädchen sich überhaupt nicht über sein gutes Aussehen definiert.
    «Hallo, CJ! Na, wie läuft der Sommer?»
    «Nicht schlecht. Der letzte echte Sommer, ehe ich hier raus bin.» Ihr Lächeln lässt das ganze Gesicht erstrahlen und verwandelt diese Kleinstadtschönheit in etwas Atemberaubendes. Genau dieses Lächeln bekomme ich immer zu sehen, wenn sie mich in meinem Büro besucht, um über ihr Leben auf einer größeren Bühne als Westlake zu sprechen.
    Ich wünschte nur, sie hätte es nicht ganz so eilig. Das sage ich ihr jedes Mal. Ich versuche dann stets, ihr zu vermitteln, wie viel Positives daran ist, hier Wurzeln zu schlagen, in ihrer Heimatstadt. Ihrem Vater wird es mit Sicherheit das Herz brechen, wenn sein einziges Kind sich auf den Weg in die große weite Welt macht, wo es womöglich mit einem einzigen Bissen verschlungen wird; inmitten der Gemeinschaft, die sie und ihren Vater aufgefangen hat, als ihre Mutter sich vor sieben Jahren einfach vom Acker machte. Doch das kommt für CJ nicht in Frage; an Alternativen verschwendet sie keinen Gedanken.
    «Und? Bist du bereit für die Planung der Prom Night? Wir fangen nächste Woche an.»
    Sie nickt. «Ich habe Ihre Mail bekommen. Stimmt es, dass Sie jetzt auch das Musical organisieren?» Direkt hinter ihr stehen ein paar Jungs aus dem Football-Team, die eindeutig die Aussicht genießen.
    «Erwischt!» Ich lächle sie an. «Keine Angst; du kriegst als Erste Bescheid, wenn das Vorsingen ansteht.»
    Die Schlange vor dem Eisstand schiebt mich langsam meinem ersehnten Nusshörnchen näher.
    «Und? Wie laufen Ihre Ferien?», fragt CJ. «Haben Sie was vor?»
    «Nichts
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