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Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt
Autoren: Allison Winn Scotch
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eigenen Haushalt interessieren würde!» –, Jancee Cartwright zu feuern, die Leiterin der Fachschaft Musik, und dass es nun niemanden mehr gebe, der das traditionelle Herbstmusical auf die Beine stelle, und ob ich nicht kurzfristig einspringen könne, lautete meine Antwort natürlich: «Ja, klar.» Noch im gleichen Atemzug hatte ich mich selbst angeboten, gemeinsam mit Susanna, die in der neunten und zehnten Jahrgangsstufe Englisch unterrichtet.
    «Susie, du hast in unserem Abschlussjahr in Grease mitgespielt», sage ich und beobachte, wie das leicht an Fuchsia erinnernde Rot ihrer Wangen sich zu einem perfekten Kirschrot wandelt. Ich beschließe, die Veränderung der Hitze zuzuschreiben. «Du kannst das. Das wird superlustig. Wie in den alten Zeiten!»
    «Die alten Zeiten sind fünfzehn Jahre her, Tilly.»
    «Dreizehn», korrigiere ich sie. «Und außerdem, wen kümmert’s?»
    Sie seufzt, was bei ihr der weißen Flagge gleichkommt.
    «I’m just a Girl who can’t say no», trällere ich kichernd, aber Susie sieht mich nur verständnislos an. Sie schwitzt sogar auf den Augenlidern. «Aus Oklahoma ! Kapiert?»
    «Oh.» Sie schließt die Augen. «Ich glaube, ich habe einen Hitzschlag.»
    «Oh, ja. Ich auch», antworte ich, greife nach dem Polaroid und wedle mir damit vor dem Gesicht herum, aber der dürftige Luftzug des provisorischen Fächers bringt keine Erleichterung.
    Susies Gesicht hebt sich langsam vom dunklen Hintergrund ab, als ich spüre, wie etwas in mein Höschen läuft. Mist! Langsam lege ich das Foto auf den Tisch, sehe zu, wie ihre Gesichtszüge immer schärfer werden, und rechne insgeheim nach, wann der letzte Eisprung war.
    Jetzt kann man schon die Haare erkennen. Nein, meine Periode kann es nicht sein , denke ich. Noch nicht. Jetzt sieht man sogar schon die Schultern; die Schlüsselbeine sind von dem ganzen Stress mit Austin ganz schön knochig geworden. Es war zwar erst der dritte Versuch, aber es ist trotzdem schwer zu verdauen, dass ich immer noch nicht schwanger bin. Dabei wünsche ich es mir so sehr. Als müsste man sich etwas nur stark genug wünschen, damit es in Erfüllung geht. Und jetzt ist Susie ganz da, inklusive der roten Clownsbäckchen, dem genervten Gesicht, verschwitzt und erledigt.
    Tyler und ich haben uns mit der Familienplanung acht ganze Jahre Zeit gelassen. Während sämtliche befreundeten Paare um uns herum sich mit einer Durchschnittsrate von einem Kind pro Jahr fortgepflanzt haben, sind wir zu zweit geblieben – ein glückliches, intaktes Duo, aber trotzdem nur ein Duo. Tyler wollte sichergehen, dass wir das alles alleine schultern können. Er wollte erst die finanzielle Nabelschnur zu meinem Vater kappen, ehe wir eine Familie gründen, und weil ich dieses Bedürfnis nachvollziehen konnte, wartete ich. Bis er vor drei Monaten – endlich – befördert wurde, abends nach Hause kam und sagte: «Okay. Wir tun’s.» Ob er es eher wörtlich oder im übertragenen Sinne meinte, sei dahingestellt, jedenfalls haben wir es getan, wir taten es und haben es seitdem viele, viele Nächte lang getan, aber bis jetzt tragen unsere Anstrengungen keinerlei Früchte.
    In meiner Unterhose breitet sich definitiv etwas Warmes aus. Mist, Mist, Mist!
    «Hier.» Ich schleudere Susie das Polaroid wie eine Frisbee-Scheibe entgegen, und das Foto landet auf ihrem Bauch. «Diesmal bleibst du verschont.»
    Sie hält das Bild hoch, wirft einen kurzen Blick darauf und murmelt: «Du liebe Güte!» Dann lässt sie es in meine Handtasche fallen, die neben der Couch auf dem Boden steht.
    «Wir treffen uns in fünf Minuten auf dem Klo», sage ich, schnappe mir einen Stapel Notenblätter und lasse sie auf Susies Brust segeln. «Und sieh dir die hier bitte kurz an. Anderson hat die Auswahl ziemlich eingeschränkt. Oklahoma! Grease. The Music Man. The Sound of Music. Den Rest überlässt er uns.» Susie stöhnt nur. Ich schwinge mir meine Tasche über die Schulter und verlasse unter den aufmerksamen Blicken meiner an die Wand gepinnten Schüler das Büro.
    Unter dem Geruch nach billigem Putzmittel liegt dieser typische, leicht widerliche Gestank, der sämtlichen Schulklos der westlichen Hemisphäre zu eigen ist. Ich werfe einen Vierteldollar in den Tampon-Automaten, aber der Schacht ist leer, und mir bleibt nur die Wahl einer maxigroßen Damenbinde. Die rostige Türangel zur eigentlichen Toilette quietscht vernehmlich. Ich ziehe meinen Rock hinauf und die Unterhose herunter und entdecke … nichts. Kein
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