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Was ich dir noch sagen will

Was ich dir noch sagen will

Titel: Was ich dir noch sagen will
Autoren: Sofie Cramer
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lächelnden Beachboys freundlich zurückgewiesen hatten. Mit kaum einem anderen Ausdruck als «Hakuna matata» ließ sich die entspannte Atmosphäre auf Sansibar besser beschreiben. Und so war Erik auf der ungeplanten Rückfahrt zum Hotel auch nichts anderes übrig geblieben, als wenigstens kurz zu schmunzeln – obwohl sein ständiger Blick auf die Armbanduhr seinen inneren Groll verriet.
    Tatsächlich lag der Ring noch unberührt im Safe unterhalb der kleinen Filzmatte. Erik gab dem Pagen, der sie ins Zimmer begleitet hatte, ein großzügiges Trinkgeld und drängte zur Weiterfahrt. Eine halbe Stunde hatten sie bereits verloren; jetzt würden sie sich sehr beeilen müssen.
    Als sie auf dem Weg zum Flughafen nur langsam vorankamen, wuchs Lisas schlechtes Gewissen ins Unendliche. Auf den engen Straßen drängten sich mittlerweile zahlreiche Menschen, und immer wieder war der Chauffeur gezwungen, Schritttempo zu fahren. In Stone Town gerieten sie sogar in einen kleinen Stau, weil eine Schotterpiste in Hakuna-matata-Manier in eine asphaltierte Straße verwandelt wurde. Dadurch verloren sie weitere 25 Minuten, in denen Lisa immer nervöser und Erik immer stiller wurde.
    Lisa konnte es überhaupt nicht leiden, wenn Erik so verdächtig ruhig wurde. Dann war er in einer Welt, zu der sie keinen Zugang mehr hatte. Genauso wie beim Computerspielen, Lesen oder seinem exzessiven Sportprogramm. Er war dann vollkommen in sich gekehrt und nahm um sich herum nichts mehr wahr. Und nach fast drei Jahren kannte Lisa ihren Mann mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass der Versuch, ihn zum Reden zu ermuntern, in solchen Momenten bloß nach hinten losging.
    Mit starker Verspätung kamen sie schließlich an dem kleinen Flughafen der Insel an. Die Halle war gespenstisch leer, und auch am Schalter gab es keine lange Schlange mit wartenden Passagieren, wie man sie von modernen Großflughäfen kennt. Nur zwei dunkelhäutige, junge Männer diskutierten lautstark mit einem Bediensteten in Uniform. Eriks höfliche Fragen wurden geflissentlich überhört.
    Es blieben nur noch etwa fünfzehn Minuten bis zur eigentlichen Abflugzeit. Während der Fahrt hatte Lisa mehrfach erfolglos versucht, Erik mit dem Argument zu beruhigen, dass an einem so überschaubaren Flughafen wie diesem sicher auf jeden Passagier gewartet würde.
    Erik wandte sich schließlich an die Dame, die die Ausreisevisa bearbeitete, und schob ihr einen Zehn-Dollar-Schein über den Schalter, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Doch anstatt sich zu beeilen, verschwand sie für eine gefühlte Ewigkeit in einem Hinterzimmer. Schließlich kam sie mit einem Formular zurück, in dem Lisa und Erik zunächst den Reiseverlauf des Hinwegs – von Hamburg über Addis Abeba und Nairobi, weiter zum Kilimanjaro-Airport und schließlich von Arusha nach Sansibar – und des Rückflugs eintragen mussten. Angeblich war das eine Vorsichtsmaßnahme, um einer weiteren Verbreitung der Schweinegrippe entgegenzuwirken. Alles Drängen half nichts.
    Nach weiteren kostbaren Minuten kamen Lisa und Erik endlich an der Passkontrolle an, von wo aus sie durch die Abflughalle und direkt weiter Richtung Rollfeld rannten.
    Lisa atmete auf. Vor ihnen stand eine Maschine der
Precision Air
, der tansanischen Fluggesellschaft, die sie aufs Festland bringen sollte. Doch ein älterer Herr hielt sie zurück und erklärte ihnen mit einem herzlichen, aber zahnlückigen Lächeln, dass sie zu spät waren. Mehrfach deutete er entschieden auf das Flugzeug, dessen Türen bereits verschlossen waren, und schüttelte bedauernd den Kopf.
    Lisa und Erik sahen noch, wie die Maschine abhob. Dann liefen sie niedergeschlagen zurück in die Halle und kauften mit ihrer Kreditkarte Tickets für die nächste Maschine.
    Immerhin waren sie auch damit noch rechtzeitig nach Daressalam gekommen und hatten ihren Anschlussflieger nach Deutschland erwischt.
    Ein zweites Mal zupfte Lisa nun behutsam an dem Gummiband der Schlafmaske. Endlich regte sich Eriks Körper ein wenig. Er zuckte einmal heftig, dann befreite er seine Augen von der Schlafbrille und blickte Lisa überrascht an. Erik schien mit einem Schlag vollkommen da zu sein.
    «Guten Morgen», flüsterte Lisa lächelnd. Und als Erik sich erschrocken umsah, fragte sie besorgt: «Alles in Ordnung? Du siehst ja aus, als hättest du einen Geist gesehen!»
    «Hab ich auch», erwiderte Erik nach kurzem Zögern. Dann lehnte er sich erschöpft in seinen Sitz zurück, atmete tief durch und griff
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