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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah
Autoren: Loel Zwecker
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geblendet hat, soll man ihm ein Auge blenden« (§ 196). Die Anleitung illustriert direkt den Grundsatz »Auge um Auge«. Was heute antiquiert erscheint, wird damals immerhin als eine Art maßvolle Strafe definiert.
    Nachdem das Altbabylonische Reich unter Hammurapi zur Vormacht in Mesopotamien wird und lange relativ friedlich neben anderen Großreichen wie Ägypten und Assyrien existiert, zerstören es im 16. Jahrhundert v. Chr. die Hethiter aus Kleinasien. Im 7. Jahrhundert wird Babylon von den kriegerischen Assyrern unterworfen, die sich ab 1230 zur Großmacht entwickelt haben. Passend zur Expansionslust der Assyrer trägt ihr König den Titel »Herrscher der vier Weltteile«. Dieser aus heutiger Sicht merkwürdige Anspruch steht beispielhaft für die damalige Weltperspektive: So reicht die Macht Assyriens im Norden zeitweilig nach Armenien, im Osten nach Persien, im Süden nach Ägypten und im Westen nach Zypern.
    Eine langfristig größere Durchschlagskraft als die Assyrer hat allerdings ein Volk, das bescheidener auftritt, aber eine Kommunikationsrevolution anzettelt: das Seefahrerund Handelsvolk der Phönizier. Sie sind in kleinen Stadtstaaten im heutigen Israel, Libanon und Syrien organisiert, handeln mit Schmiedeerzeugnissen, Edelsteinen, Edelhölzern, Textilien, Purpur und Sklaven. Mit ihren neuartig wendigen und zugleich hochseetauglichen Schiffen, die auch kleine Besatzungen steuern können, segeln sie bis nach Sardinien und Sizilien; um 800 v. Chr. gründen sie in Nordafrika Karthago. Weil sie sich beim Navigieren so gut an Sternen orientieren können, nennen noch die Römer den Stern Kochab im Kleinen Wagen Stella Phoenicia . Bei den Griechen haben die Phönizier den Ruf, schlau und gewieft zu sein, aber eben auch nicht besonders vertrauenswürdig. Immerhin verliebt sich Zeus in eine phönizische Prinzessin namens Europa, die er als Stier nach Kreta entführt, womit er ganz nebenbei den Mythos über die kulturellen Wurzeln eines Kontinents liefert.
    Dazu und zu ihrer Beweglichkeit passt auch der langfristig erfolgreichste Exportartikel der Phönizier: Um 1200 v. Chr. oder früher entwickeln sie die erste Buchstabenschrift mit einem anwenderfreundlichen, leicht erlernbaren Alphabet statt Unmengen von Bilderzeichen, Hieroglyphen oder den Strichen und Kerben der Keilschrift. Aus der phönizischen Schrift bauen die Griechen im 9. Jahrhundert, rechtzeitig zur Entstehung von Homers Ilias und Odyssee , die erste Alphabetschrift Europas zusammen. Die griechische und phönizische Schrift bilden die Grundlage für die lateinische Schrift, die hebräische, kyrillische und arabische.
    Insgesamt ist das Zweistromland viel weniger stabil als Ägypten, die Situation der Völkerschaften verwirrend. Nicht nur werden viele Sprachen nebeneinander gesprochen, auch der Bierkonsum wird lockerer gehandhabt. Dazu passt, dass im Alten Testament der Turmbau zu Babel »mit einer Spitze bis zum Himmel« als Bild für die menschliche Anmaßung dient (Genesis 11, 1-9). Die Sprachverwirrung kommt über die Menschen als göttliche Strafe für ihre Hybris. Auch ist unsere Vorstellung vom Neubabylonischen Reich durch den biblischen Begriff der »Hure Babylon« geprägt – »Babylon, die Große, die Mutter der Huren und aller Abscheulichkeiten der Erde« (Offenbarung des Johannes, 17). Dass Babylon in der Bibel, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament, so schlecht wegkommt, hat vor allem mit Nebukadnezar II. zu tun, dem Nachfolger von Nabopolassar, der 625 v. Chr. als »Sohn eines Niemand«, wie er sich selbst nennt, das Neubabylonische Reich gründet. König Nebukadnezar II. wird, obwohl er neben dem Turm zu Babel nützliche Kanalsysteme bauen lässt, im Alten Testament auch deshalb nicht so positiv gesehen, weil er nach der Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. zigtausend Juden in sein Land deportieren lässt.

Das Alte Testament – Gesetz, Bestseller und Hoffnungsspender Israels
     
    Im Alten Testament steht allerdings auch, wie sich die Juden mit Hilfe ihres besonderen Wissens um die Schrift unter Fremdherrschaften zur Wehr setzen. Als sich etwa der babylonische Herrscher Belsazar, laut Altem Testament ein Nachkomme von Nebukadnezar (genau genommen Sohn von König Nabonid), welcher die Juden verschleppt, bei einem Gastmahl mal wieder gottlos benimmt, erscheint eine geheimnisvolle Hand und schreibt rätselhafte Worte an die Wand (Buch Daniel 5, 25). Belsazar erschrickt in Anbetracht der unverständlichen Schrift. Er verspricht
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