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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
Autoren: Cordwainer Smith
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K’mell? Es gibt Hinweise auf ein gemeinsames Schicksal von Menschen und Untermenschen – einem religiösen Höhepunkt der Geschichte vielleicht. Aber nur Hinweise.
    So wird das Werk Paul Linebargers – das in der Science Fiction, ja der gesamten Literatur einzigartige Werk Cordwainer Smiths – immer seine Rätsel bewahren. Doch genau das ist ein Teil seines Reizes. Beim Lesen dieser Geschichten wird man durch Geschehnisse verzaubert, die so real sind wie das Leben selbst. Und ebenso geheimnisvoll.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Der Amerikaner John J. Pierce ist Lektor und Herausgeber und einer der bedeutendsten Experten für die Geschichte der Science Fiction.

Nein, nein, nicht Rogow!

Die goldene Gestalt auf den goldenen Stufen zitterte und flatterte wie ein wahnsinnig gewordener Vogel – wie ein Vogel, der trotz seines Intellekts und seiner Seele durch eine Ekstase und ein Entsetzen, die jenseits aller menschlichen Vorstellungskraft lagen, seinen Verstand verloren hatte. Und die Ekstase war eins geworden mit der Gegenwart, in der Vermählung mit der allerhöchsten Kunst. Tausend Welten nahmen daran teil.
    Hätte man die alte Zeitrechnung fortgeschrieben, wäre das jetzt das Jahr 13. 582 A.D. Nach Niederlagen, nach Enttäuschungen, nach Zerstörung und Wiederaufbau hatte die Menschheit die Sterne erreicht.
    Aus der Begegnung mit unmenschlicher Kunst, aus der Konfrontation mit nichtmenschlichen Tänzen hatte die Menschheit etwas unsagbar Prächtiges geschaffen und auf die Bühne der Welten gehoben.
    Die goldenen Stufen wirbelten vor den Augen. Einige Augen waren mit einer Netzhaut versehen. Andere Augen bestanden aus kristallenen Kegeln. Dennoch waren alle Blicke auf die goldene Gestalt gerichtet, die »Ruhm und Erfolg des Menschen« auf dem Interwelten-Tanzfestival darstellte, in einer Zeit, die das Jahr 13.582 A.D. hätte sein können.
    Erneut gewann die Menschheit den Wettbewerb. Musik und Tanz wirkten hypnotisierend über alle Grenzen der Systeme hinaus und bannten die Blicke, schockierten die Augen menschlicher und nichtmenschlicher Wesen. Der Tanz war ein Triumph des Schocks – des Schocks, den dynamische Schönheit erzeugt.
    Die goldene Gestalt auf den goldenen Stufen verlieh verworrenen Bedeutungen hell schimmernd Ausdruck. Der Körper war golden und dennoch menschlich. Der Körper war weiblich und mehr noch als weiblich. Auf den goldenen Stufen, in dem goldenen Licht, zitterte und flatterte sie wie ein Vogel, der von Sinnen war.

I
    Der Staatssicherheitsminister war zutiefst schockiert, als sich herausstellte, dass ein eher heldenhafter als kluger Agent der Nazis fast bis zu N. Rogow vorgedrungen war.
    Rogow war für die Streitkräfte der Sowjets wertvoller als zwei Flugzeuggeschwader oder drei motorisierte Divisionen. Sein Gehirn war eine Waffe, eine Waffe im Dienst der Sowjetmacht.
    Und da sein Gehirn eine Waffe war, war Rogow ein Gefangener. Doch das machte ihm nichts aus.
    Rogow war ein typischer Russe, breitgesichtig, mit sandfarbenem Haar, blauen Augen, einem listigen Lächeln und humorvollen Wangengrübchen.
    »Natürlich bin ich ein Gefangener«, pflegte Rogow zu sagen. »Ich bin ein Gefangener des Staates, der dem sowjetischen Volk dient. Aber die Arbeiter und Bauern sind gut zu mir. Ich bin Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Generalmajor der Luftstreitkräfte der Roten Armee, Professor an der Universität von Charkow und Stellvertretender Arbeitsdirektor des Kampfflugzeug-Produktionsbetriebes Rote Fahne. Von allen beziehe ich ein Gehalt.«
    Manchmal musterte er seine russischen Gelehrtenkollegen mit verengten Augen und fragte sie in vollem Ernst: »Würde ich denn Kapitalisten dienen?«
    Die entsetzten Kollegen überwanden dann stotternd ihre Verwirrung und beteuerten ihre ewige Loyalität zu Stalin oder Berija oder Schukow oder Molotow oder Bulganin, je nachdem, was gerade erforderlich war.
    Rogow wirkte stets sehr russisch: gelassen, spöttisch, amüsiert. Er ließ sie stottern.
    Und dann lachte er.
    Sein Ernst wich Vergnügtheit und explodierte in einem blubbernden, überschäumenden, humorvollen Gelächter. »Natürlich könnte ich niemals Kapitalisten dienen. Meine kleine Anastasia würde mir das nicht erlauben.«
    Die Kollegen lächelten dann unbehaglich und wünschten, dass Rogow nicht so wilde oder so komödiantenhafte oder so freie Reden führen würde.
    Selbst Rogow konnte der Tod ereilen.
    Rogow glaubte das zwar nicht.
    Aber sie.
    Rogow fürchtete
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