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Was am Ende bleibt

Was am Ende bleibt

Titel: Was am Ende bleibt
Autoren: Paula Fox
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Er sah sie über den Spiegel hinweg an. «Ich könnte dich küssen», sagte er.
    «Nein, nein … du verstehst nicht. Ich mochte die Art, wie du geschaut hast. Daß ich nur ein paar Zeilen zu rezitieren brauchte, um so einen Blick heraufzubeschwören!»
    «Hilflose Seligkeit», sagte er und stand auf.
    «Weißt du, daß Charlie und Otto ihre Partnerschaft beenden?»
    «Otto vertraut sich mir nicht an.»
    «Sie kommen nicht mehr miteinander zurecht», sagte sie, legte den Spiegel zurück und wandte sich wieder ihm zu. «Es wird unser Leben verändern, und doch ist es, als wäre nichts geschehen.»
    «Es wird euer Leben nicht verändern», sagte er mit einem Hauch von Ungeduld. «Vielleicht eure Pläne, aber nicht euer Leben. Charlie ist, wenn ich ihn recht in Erinnerung habe – und das ist nur vage –, ein Sozialromantiker, verzehrt sich nach Liebe. Er hat das Gesicht eines hübschen Babys, oder nicht? Oder habe ich einen meiner Patienten vor Augen? Und Otto ist die Beherrschung in Person. Deshalb hat die Maschine aufgehört zu funktionieren.» Er zuckte die Achseln.
    «Die Wahrheit ist –», begann sie und hielt inne. Er wartete. «Es war keine Maschine», sagte sie hastig. «Das ist eine scheußliche Interpretation dessen, was zwischen Menschen abläuft.»
    «Was wolltest du gerade sagen?»
    «Behauptest du, Mike, daß das, was zwischen ihnen abgelaufen ist, nur ein mechanisches Arrangement von Gegensätzen war?»
    «Nein, das nicht. Auf die Worte kommt es ohnehin nicht an. Otto schien nicht bekümmert zu sein.»
    «Wir gehen besser nach unten», sagte sie.
    Inzwischen hatte er sich von ihr entfernt und stand jetzt beim Fenster und starrte auf den Boden. Als er den Kopf hob, sah sie, was er betrachtet hatte. Sie ging zu ihm hinüber. Beide blickten auf den Stein am Boden. Um ihn herum lagen ein paar Glasscherben. Mike las sie auf. Seine Hand war voll damit.
    «Die Gardinen müssen das Geräusch gedämpft haben», sagte er. Sie schauten beide zur Straße hinunter; die Scheibe, durch die der Stein geflogen war, war auf der Höhe von Mikes Augenbrauen zerbrochen. «Es muß in der letzten Stunde passiert sein», sagte er. «Ich war vor einer Stunde oben, um für jemanden Aspirin zu holen, und ich bin hier stehengeblieben, warum, habe ich vergessen, aber ich weiß, daß der Stein nicht da lag.»
    Jemand ging auf der Straße unten vorbei, ein kleiner Bernhardiner trottete neben ihm her. In den Häusern auf der anderen Seite brannte in allen Fenstern Licht. Motorhauben glänzten. Mike und Sophie sahen schweigend einem Mann zu, der den Inhalt seines Handschuhfachs untersuchte. Ein Zeitungswagen rumpelte vorüber.
    «Sag Flo nichts davon. Ich werde es wegräumen. Wer kann das getan haben? Was soll ich tun?» Dann schüttelte er den Kopf. «Na ja, was soll’s?» Er lächelte sie an undtätschelte ihr den Arm. «Sophie, möchtest du, daß ich dich zu einem Freund von mir schicke? Einem Freund, auf den ich große Stücke halte? Einen erstklassigen Mann? Angehöriger des Instituts?» Er hob den Stein auf, sah noch einmal aus dem Fenster.
    «Danke, Mike, nein.»
    «Aber geh wenigstens ins Krankenhaus», sagte er, ohne sie überhaupt anzusehen. Sie starrte ihn einen Augenblick lang an, verließ dann das Zimmer. Am Ende der Treppe wartete Otto auf sie, ein Glas in der Hand. Er streckte es ihr entgegen, als sie sich dem Treppenende näherte.
    «Ginger-ale», sagte er.

3
    «Ich habe Partys satt», sagte Otto im Taxi. «Sie langweilen mich so. Gerede über Filme langweilt mich. Ich mache mir nichts aus Fred Astaire, und er macht sich nichts aus mir, und aus Fellini mache ich mir erst recht nichts. Flo ist nur so eingebildet, weil sie Schauspieler kennt.»
    «Warum hast du behauptet, du hättest
Death Takes a Holiday
nicht gesehen? Ich weiß, daß du ihn gesehen hast, weil wir ihn uns zusammen angeschaut haben. Und du warst ganz hingerissen von Evelyn Venable. Du hast wochenlang von ihr gesprochen … dieser Körperbau, diese Flötenstimme, du hast gesagt, sie sehe aus, wie Emily Dickinson hätte aussehen sollen … erinnerst du dich nicht?»
    «Du lieber Himmel!»
    «Und Fredric March, hast du gesagt, sei ein perfekter Ausdruck einer amerikanischen Idee vom Tod, ein verlebter Schnösel in einem schwarzen Cape.»
    «Das hast du dir alles gemerkt?» fragte er verwundert.
    «Du bist eingenickt, und alle wußten, daß du schläfst. Mike stupste mich an und sagte, ich solle dich nach Hause bringen.»
    «Sie haben alle versucht, sich
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