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Macabros 008: Die Geister-Höhlen

Macabros 008: Die Geister-Höhlen

Titel: Macabros 008: Die Geister-Höhlen
Autoren: Dan Shocker
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Der Mann war alt.
    Er saß gebeugt an einem klapprigen Tisch, dessen Fläche
von einer einsamen Lampe hell beschienen wurde. Rundum lag das Zimmer
im Dunkeln. Morton Clinch schien kaum zu atmen. Sein zerknittertes
Gesicht war wie in Stein gemeißelt.
    Vor dem Alten lag ein modrig riechendes, uraltes Buch,
darüber glitzernde Steine, die zu seltsamen Formen
zusammengelegt waren wie ein Mosaik.
    Clinch wußte: diese Nacht würde ihm entweder
Erfüllung bringen oder den Tod.
    Seine Hände lagen zu Fäusten geballt neben dem alten
Buch.
    Dann bewegte er die Lippen.
    »Lange habe ich auf diese Stunde gewartet.« Zäh wie
Blei tropften die Worte über seine Lippen und erfüllten den
dämmrigen Raum, in dem eine eigenartige Spannung herrschte.
»Jahre meines Lebens habe ich geopfert. Freunde und Bekannten
habe ich verloren, keiner mehr wollte mit mir etwas zu tun haben,
denn alle hielten sie mich für verrückt. Aber nun werde ich
ihnen beweisen, daß ich recht hatte. Ich werde Macht haben. Ich
werde reich sein. Denn jetzt kenne ich seinen Namen.«
    Er schreckte zusammen. Es wurde ihm bewußt, daß er mit
sich selbst sprach.
    Er schluckte. Die Schatten seitlich schienen sich zu bewegen wie
selbständige Wesen, die aus einem endlosen Schlaf erwachten.
    Er preßte mehrmals die Augen zusammen und starrte dann mit
klarem Blick auf die schimmernden Steine. Es kam ihm so vor, als
würde deren Feuer intensiver. Es waren nur Kristalle, aber sie
blendeten ihn wie Edelsteine.
    Clinchs Blick richtete sich in eine unwirkliche Ferne. Er
wußte mehr als alle anderen Menschen zusammen. Wie er hatte
keiner die Welt der Finsternis, das Reich des Bösen erforscht.
Er kannte die Namen der Dämonen. Er wußte, daß
zahllose Menschen dem Satan dienten. Aber die für ihn tätig
waren, hatten nicht immer das Glück, auch all das zu bekommen,
was ihnen eigentlich für ihre Dienste zustand.
    In der »Chronik der Totenpriester«, die er vor sich
liegen hatte, war dies alles vermerkt. Er wußte, daß
manche, die sich verkauften, hintergangen wurden, ohne daß sie
es bemerkten, und daß sie eines Tages für kleine
Annehmlichkeiten mit dem Leben bezahlen mußten.
    Auch er würde diesen Preis zahlen müssen. Aber für
einen höheren Gegenwert. Darin lag der große
Unterschied.
    Die »Chronik der Totenpriester« steckte voller
Rätsel.
    Clinch glaubte, das größte Rätsel gelöst und
den Namen des höchsten Priesters gefunden zu haben, der in der
mysteriösen Geschichte der versunkenen Insel Xantilon die
entscheidende Stellung einnahm.
    Zu jener Zeit, als Atlantis in hoher Blüte stand, als das
legendäre Drachenreich Mu bereits als »uralt«
bezeichnet werden konnte, kam es auf der Insel Xantilon zu einer
schweren Auseinandersetzung zwischen zwei Priesterkasten. Die eine
diente ihrem Gott und hoffte, ewiges Leben zu erringen. Die andere
ließ sich mit den Dämonen ein und wollte schnell zu Macht
kommen. Zwei Interessen prallten aufeinander und verursachten die
Katastrophe: Xantilons Untergang.
    Der Name des obersten Dämonenpriesters war nirgends genannt.
Ein großes Geheimnis umgab diese mythische Gestalt. Seine
Verehrer und Diener, die schon seit Äonen mit ihm zusammen
waren, hielten seinen Namen geheim.
    Und doch es gab einen Schlüssel zu diesem Namen. Zwei
Jahrzehnte hatte Clinch gebraucht, soweit zu kommen, daß er es
riskieren konnte, den Schlüssel anzuwenden.
    Er hatte den Namen zusammengesetzt wie ein Puzzle.
    Morton Clinch umfaßte das Buch von beiden Seiten. Sein Blick
schweifte ein letztes mal über die mosaikartig zusammengesetzten
Steine. Wenn man genau hinsah bildeten die dunkleren, rotschimmernden
Kristalle ein verzerrtes »M«, darüber schwarzblaue,
fein geschliffene Kristalle in Tropfenform, die auf dieses seltsame
»M« herabzuregnen schienen.
    Am Kopfende des Tisches stand ein kleines Messinggefäß,
in das ein blutroter Stein eingelassen war.
    Alle Vorbereitungen waren getroffen.
    »Molochos!«
    Er nannte den Namen laut und deutlich.
    Jetzt mußte etwas passieren.
    Und es passierte.
    Wie eine kleine Explosion hörte es sich an. Die verriebenen
Kräuter, die er in dem kleinen Messinggefäß
zurechtgelegt hatte, fingen Feuer.
    Ein geheimnisvoller, scharfer Geruch stieg in seine Nase, als die
Kräuter verbrannten. Er achtete genau auf den Vorgang. Er
mußte den Augenblick erwischen, in dem die Flammen, die von
unsichtbarer Hand entzündet wurden, ein letztes mal lodernd
aufflackerten.
    Hellgelb schlugen die Flämmchen aus dem
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