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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß?
Autoren: Jared Diamond
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Merkmal bevorzugen, sind ebenfalls im Vorteil: Ihre Söhne erhalten das Gen für die fragliche Eigenschaft, so daß diese wiederum von den Weibchen bevorzugt werden.
     
    Nun folgt der Prozeß der Ausreißerselektion; er begünstigt Männchen, durch deren Gene die Größe des Merkmals immer stärker übertrieben wird, und auch diejenigen Weibchen, die aufgrund ihrer Gene dieses übertriebene Merkmal bevorzugen. Das Merkmal wird von Generation zu Generation immer größer oder auffälliger, bis es seinen ursprünglichen geringfügigen Nutzen für das Überleben verliert. Ein etwas längerer Schwanz zum Beispiel mag zum Fliegen nützlich sein, aber der riesige Schwanz eines Pfauenmännchens ist dazu sicher nur schlecht zu gebrauchen. Zum Stillstand kommt die Ausreißerselektion nur, wenn die weitere Übertreibung des Merkmals das Überleben beeinträchtigt.
     
    Eine zweite Theorie formulierte der israelische Zoologe Amoz Zahavi. Danach sind viele Körperteile, die als Sexualsignale dienen, so groß und auffällig, daß sie die Überlebensfähigkeit ihres Besitzers vermindern. Der Schwanz eines Pfaus oder Widas zum Beispiel trägt nicht nur nicht zum Überleben bei, sondern er macht das Leben im Gegenteil sogar schwieriger. Mit einem schweren, langen Schwanz ist es für den Vogel kaum möglich, sich durch eine dichte Vegetation zu schlängeln, sich in die Luft zu erheben und in der Luft zu bleiben, um Verfolgern zu entgehen. Viele Sexualsignale, beispielsweise der goldgelbe Kamm der Laubenvögel, sind so groß und auffällig, daß sie häufig die Aufmerksamkeit natürlicher Feinde auf sich ziehen. Außerdem ist es sehr aufwendig, einen großen Schwanz oder Kamm hervorzubringen, denn es erfordert von dem Tier eine große biosynthetische Leistung. Demnach, so Zahavi, gibt jedes Männchen, das trotz derart aufwendiger Behinderungen überlebt, den Weibchen bekannt, daß es in anderer Hinsicht ganz ausgezeichnete Gene besitz en muß. Wenn das Weibchen einen potentiellen Partner mit solchem Ballast sieht, hat es die Gewähr, daß das Männchen nicht nur zur Täuschung das Gen für einen großen Schwanz trägt und ansonsten minderbemittelt ist. Wäre es nicht wirklich überlegen, hätte es sich nicht leisten können, diesen Körperteil hervor zubringen, und es wäre überhaupt nicht mehr am Leben.
     
    Natürlich fallen einem sofort viele menschliche Verhaltensweisen ein, die zu Zahavis Theorie der ehrlichen Signale passen. Zwar kann jeder Mann einer Frau gegenüber prahlen, er sei reich und sie solle mit ihm ins Bett gehen in der Hoffnung, ihn in den Hafen der Ehe zu lotsen, aber dabei könnte er lügen. Glauben kann sie ihm erst, wenn sie sieht, wie er das Geld für teuren Schmuck und Sportwagen hinauswirft. Und manche Studenten geben am Abend vor einem großen Examen mit einer Party an. Damit sagen sie im Grunde: »Mit Pauken kann jeder Idiot eine Eins bekommen, aber ich bin so schlau, daß ich die Eins auch bekomme, ohne mich anzustrengen.«
     
    Die dritte Theorie der Sexualsignale, formuliert von den amerikanischen Zoologen Astrid Kodric-Brown und James Brown, heißt »Ehrlichkeit in der Werbung«. Wie Zahavi, aber anders als Fisher heben die Browns hervor, aufwendige Körperstrukturen seien zwangsläufig ein ehrliches Anzeichen für Qualität, weil ein minderwertiges Tier die Anstrengung nicht auf sich nehmen könnte. Aber während Zahavi in den aufwendigen Strukturen eine Beeinträchtigung des Überlebens sieht, sind sie in der Theorie der Browns entweder selbst für das Überleben nützlich, oder sie sind an nützliche Merkmale gekoppelt. Die aufwendige Struktur ist also im doppelten Sinn eine ehrliche Werbung: Nur ein überlegenes Tier kann sich die Kosten leisten, und es macht das Tier seinerseits noch überlegener.
     
    Das Geweih männlicher Hirsche zum Beispiel stellt eine große Investition in Form von Calcium, Phosphat und Kalorien dar, und dennoch wird es jedes Jahr abgeworfen und neu gebildet. Nur die am besten ernährten Männchen – die geschlechtsreif, sozial dominant und frei von Parasiten sind – können sich diese Investition leisten. Deshalb kann die Hirschkuh das große Geweih als ehrliche Werbung für die Qualität des Männchens ansehen, genau wie eine Frau, deren Freund sich jedes Jahr einen neuen Porsche kauft, seinen Behauptungen von Reichtum Glauben schenken kann. Aber das Geweih teilt – im Gegensatz zum Porsche – noch etwas anderes mit: Der Sportwagen erzeugt keinen noch größeren
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