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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß?
Autoren: Jared Diamond
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Reichtum, aber ein großes Geweih verschafft seinem Besitzer Zutritt zu den besten Weidegründen, weil er damit Rivalen unterwerfen und natürliche Feinde verjagen kann.
     
    Untersuchen wir nun einmal, ob eine dieser Theorien, die zur Erklärung der Signale bei Tieren entwickelt wurden, auch eine Begründung für die Merkmale des menschlichen Körpers liefert. Zuvor müssen wir aber fragen, ob unser Körper überhaupt solche erklärungsbedürftigen Merkmale besitzt. Vielleicht neigen wir zunächst einmal zu der Annahme, nur dumme Tiere brauchten genetisch verschlüsselte Kennzeichnungen – hier einen roten Fleck, da einen schwarzen Streifen –, um Alter, Geschlecht, genetische Qualität und den Wert als potentiellen Partner bei ihren Artgenossen zu erkennen. Wir dagegen haben ein viel größeres Gehirn und viel mehr Denkvermögen als alle anderen Tiere. Außerdem besitzen wir als einzige die Gabe der Sprache und können deshalb weitaus genauere Informationen speichern und übermitteln. Wozu brauchen wir rote Flecken und schwarze Streifen, wo wir doch ganz selbstverständlich und sehr genau das Alter und den Status anderer Menschen feststellen können, einfach indem wir mit ihnen reden? Welches Tier kann einem anderen sagen, es sei siebenundzwanzig, habe ein Jahreseinkommen von 200 000 DM und sei zweiter stellvertretender Vorstandsvorsitzender der drittgrößten Bank des Landes? Verläuft die Wahl unserer Ehe- und Sexualpartner nicht über eine Phase des Kennenlernens, eigentlich also über eine lange Reihe von Prüfungen, durch die wir die Fähigkeiten eines zukünftigen Partners in Sachen Elternschaft, Beziehung und Gene sehr genau beurteilen?
     
    Die Antwort ist sehr einfach: Unsinn! Auch wir verlassen uns auf ebenso beliebige Signale wie der Wida mit seinem Schwanz und der Laubenvogel mit seinem Kamm. Zu unseren Signalen zählen Gesichter, Düfte, Haarfarben, der Bart der Männer und die Brust der Frauen. Wieso sollten solche Merkmale als Grundlage für die Wahl des Ehepartners – des wichtigsten Menschen in unserem Erwachsenenleben, unseres Sozial- und Wirtschaftspartners, des anderen Elternteils unserer Kinder – weniger lächerlich sein als ein langer Schwanz? Wenn wir glauben, wir hätten ein betrugssicheres Signalsystem, warum greifen dann so viele Menschen zu Make-up, gefärbten Haaren und Brustvergrößerung?
     
    Und was unsere angeblich so weise, sorgfältige Auswahl angeht: Wie wir alle wissen, spüren wir in einem Raum voller unbekannter Menschen sehr schnell, wer uns körperlich anzieht und wer nicht. Dieses schnelle Gefühl orientiert sich am Sex-Appeal, das heißt schlicht an der Gesamtheit aller körperlichen Merkmale, auf die wir – vorwiegend unbewußt – ansprechen. Die hohe Scheidungsrate, die in den USA bei rund 50 Prozent liegt, zeigt, daß wir uns bei der Hälfte unserer Bemühungen für die Partnerwahl den Fehlschlag eingestehen. Albatrosse und viele andere Tiere mit Paarbindungen haben eine viel niedrigere »Scheidungsrate«. Soviel zu unserer Klugheit und der Tiere Dummheit!
     
    Tatsächlich haben sich bei uns wie bei anderen Tierarten zahlreiche körperliche Merkmale entwickelt, die Auskunft über Alter, Geschlecht, Fortpflanzungsfähigkeit und individuelle Qualitäten geben, und ebenso verfügen wir über programmierte Reaktionen auf diese Merkmale. Das Erreichen der Fortpflanzungsfähigkeit wird bei beiden Geschlechtern durch das Wachstum von Scham- und Achselbehaarung signalisiert. Bei Männern kommen als weitere Anzeichen das Wachstum von Bart und Körperbehaarung sowie eine tiefere Stimmlage hinzu. Wie die Episode am Anfang dieses Kapitels zeigt, fällt unsere Reaktion auf solche Signale unter Umständen ebenso gezielt und heftig aus wie die des Möwenjungen auf den roten Schnabelfleck der Eltern. Bei Frauen wird die Geschlechtsreife zusätzlich durch das Wachstum der Brust signalisiert. Später im Leben signalisieren wir die schwindende Fruchtbarkeit und (in traditionellen Kulturen) den Status des weisen Alten mit weißen Haaren. Den Anblick von Muskeln (im richtigen Umfang am richtigen Ort) nehmen wir als Signal für männliche körperliche Kondition und den Anblick von Körperfett (ebenfalls im richtigen Umfang am richtigen Ort) als weibliche Form. Zu den Signalen, aufgrund derer wir unsere Ehe- und Sexualpartner auswählen, gehören alle Zeichen der Geschlechtsreife und guter körperlicher Kondition, wobei sich die Signale, die das eine Geschlecht besitzt und das andere
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