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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß?
Autoren: Jared Diamond
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oder um die Vagina herum an. Die noch nicht geschlechtsreifen Jungen vieler Vogelarten haben ein anderes Gefieder als erwachsene Tiere; bei ausgewachsenen Gorillamännchen entwickelt sich ein Fleck aus silbergrauem Fell auf dem Rücken. Genauer signalisieren Silbermöwen ihr Alter: Sie haben als Jungtiere und mit einem, zwei, drei, vier und mehr Jahren jeweils ein anderes Gefieder.
     
    Die Signale der Tiere kann man experimentell untersuchen, indem man veränderte Tiere oder Attrappen mit veränderten Signalen herstellt. Der Reiz des anderen Geschlechts hängt zum Beispiel häufig von bestimmten Körperteilen ab, wie wir es vom Menschen nur allzugut kennen. Ein solches Experiment machte man zum Beispiel mit Hahnschweifwidas, einer afrikanischen Vogelart. Ihre Männchen haben einen über vierzig Zentimeter langen Schwanz, und man vermutete, er könne für das Anlocken der Weibchen eine Rolle spielen. Deshalb wurde der Schwanz künstlich verlängert oder verkürzt. Wie sich herausstellte, zogen Männchen mit einem auf achtzehn Zentimeter gestutzten Schwanz kaum Weibchen an, solche dagegen, deren Schweif man mit einem angeklebten zusätzlichen Stück auf fünfundsechzig Zentimeter verlängert hatte, bekamen besonders viele Partnerinnen.
    Eine gerade geschlüpfte Silbermöwe klopfte mit dem Schnabel an den roten Fleck unten am Schnabel der Eltern und veranlaßt sie so, den halbverdauten Mageninhalt hochzuwürgen und das Junge damit zu füttern. Das Pikken am Schnabel regt den Elternvogel zum Hochwürgen an, aber wenn das Junge vor einem hellen Hintergrund auf einem länglichen Gegenstand einen roten Fleck sieht, wird es zum Pikken angeregt. Ein künstlicher Schnabel mit einem roten Fleck erhält viermal so viele Schnabelhiebe wie ein Schnabel, dem der Fleck fehlt, und ein Fleck in jeder anderen Farbe bekommt halb so viele wie die natürliche Version. Als letztes Beispiel möchte ich die europäische Kohlmeise nennen. Sie hat auf der Brust einen schwarzen Streifen, der als Signal des sozialen Status dient. In Experimenten mit ferngesteuerten, motorbetriebenen Meisenattrappen an den Futterplätzen hat sich gezeigt, daß echte Meisen, die den Futterplatz anfliegen, sich zurückziehen, wenn der Streifen auf der Attrappe breiter ist als der eigene. Man muß sich fragen, warum die Tiere auf der Erde sich so entwickelt haben, daß etwas scheinbar Beliebiges – die Länge eines Schwanzes, die Farbe eines Schnabelflecks oder die Breite eines Streifens – derart starke Verhaltensreaktionen hervorruft. Warum zieht sich eine ausgewachsene Kohlmeise vom Futter zurück, nur weil sie einen anderen Vogel mit geringfügig breiterem Streifen sieht? Was hat ein breiter schwarzer Streifen an sich, daß er eine so beängstigende Stärke ausdrückt? Man könnte auf die Idee kommen, daß eine ansonsten unterlegene Kohlmeise sich mit einem Gen für einen breiten Streifen eine unverdiente soziale Stellung verschaffen könnte. Warum wird diese Art der Täuschung nicht so häufig, daß das Signal seine Bedeutung verliert?
     
    Solche Fragen sind noch ungelöst und werden unter Zoologen heftig diskutiert, unter anderem weil die Antwort in bezug auf verschiedene Signale und Tierarten unterschiedlich ist. Betrachten wir einmal die sexuellen Körpersignale, das heißt jene Strukturen, die nur bei einem Geschlecht einer Spezies vorhanden sind und dazu dienen, Partner des anderen Geschlechts anzulocken oder gleichgeschlechtliche Rivalen zu beeindrucken. Zu ihrer Erklärung gibt es drei miteinander konkurrierende Theorien.
     
    Die erste Theorie geht auf den britischen Genetiker Sir Ronald Fisher zurück und wird als Modell der Ausreißerselektion bezeichnet. Frauen und auch die Weibchen aller anderen Tierarten stehen vor dem Dilemma, daß sie sich einen Paarungspartner auswählen müssen, und zwar möglichst einen mit guten Genen, die er den Nachkommen des Weibchens mitgibt. Das ist, wie jede Frau bestätigen kann, eine schwierige Aufgabe, denn Frauen können die Qualität der Gene eines Mannes nicht unmittelbar beurteilen. Angenommen, eine Frau fühlt sich aufgrund ihrer genetischen Programmierung sexuell zu Männern hingezogen, die aufgrund irgendeines Merkmals geringfügig bessere Überlebenschancen haben als ihre Geschlechtsgenossen. Diese Männer mit der bevorzugten Eigenschaft hätten noch einen weiteren Vorteil: Sie würden mehr Partnerinnen anziehen und ihre Gene deshalb an mehr Nachkommen weitergeben. Und Weibchen, die Männchen mit diesem
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