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War against people

War against people

Titel: War against people
Autoren: Noam Chomsky
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sollten
    eine »exzessive« industrielle Entwicklung, die den US-Interessen ins Gehege kommen könnte,
    vermeiden und ihre Wirtschaft statt dessen »komplementär entwickeln«. So konnte Brasilien
    billigen Stahl produzieren, an dem die US-Konzerne nicht interessiert waren. Hauptsächlich
    ging es darum, unsere Ressourcen zu schützen, wie George Kennan es formulierte, auch
    wenn zu dem Zweck »Polizeistaaten« notwendig waren.
    Aber bei dem Versuch, die Charta durchzusetzen, stieß Washington auf Gegenwehr. Interne
    Erklärungsversuche des Außenministeriums liefen darauf hinaus, daß die lateinamerikanischen
    Staaten »die falschen Entscheidungen treffen«. Sie wollten eine »Politik der breiteren Streuung
    des Reichtums und der Anhebung des Lebensstandards der Massen« und waren davon überzeugt,
    daß »die ersten Nutznießer der Ressourcenentwicklung eines Landes die Einwohner dieses
    Landes« sein sollten, nicht aber US-Investoren. Das geht natürlich nicht, und darum darf es
    keine Souveränität geben. Freiheit können sie haben — sofern sie die richtige Entscheidung
    treffen. 10
    Das gleiche Ziel verfolgen Handelsabkommen wie etwa NAFTA. Bei seiner Ratifizierung
    ließ die Propaganda zunächst verlauten, es werde der arbeitenden Bevölkerung in allen drei
    daran beteiligten Ländern — Kanada, USA, Mexiko - entscheidende Vorteile bringen. Kurz
    danach, als die Tatsachen auf den Tisch kamen, war davon keine Rede mehr, und das längst
    Offensichtliche wurde dann auch öffentlich eingeräumt. Das Ziel von NAFTA bestand darin,
    Mexiko auf die Reformen der achtziger Jahre »festzunageln«, als die Löhne fielen, während
    die Reichen und ausländische Investoren große Gewinne machten. Die Besorgnisse wurden
    auf einer Konferenz über Entwicklungsstrategien in Lateinamerika geäußert, die 1990 in
    Washington stattfand. »Eine »demokratische Öffnung« in Mexiko«, so hieß es warnend, »könnte
    die besonderen Beziehungen auf die Probe stellen, indem sie eine Regierung ins Amt bringt,
    die aus wirtschaftlichen und nationalistischen Gründen eher daran interessiert ist, die USA
    herauszufordern.« Ähnliche Befürchtungen wurden schon 1945 und seitdem wiederholt laut,
    aber jetzt ist Mexiko ja zum Glück an das NAFTA-Abkommen gebunden. Diese Befürchtungen
    haben auch ein halbes Jahrhundert lang für Terror und Folter gesorgt - nicht nur in der
    westlichen Hemisphäre. Und sie liegen den Abkommen über die Rechte von Investoren
    zugrunde, die jetzt in einer durch die enge Zusammenarbeit von Staat und Konzernen geprägten
    Globalisierungsphase durchgesetzt werden. 11
    Der Aufstieg der Konzerne
    Kehren wir zu unserem Ausgangspunkt zurück: zu den umstrittenen Fragen von Recht und
    Freiheit, also der substantiellen Souveränität. Kommen Rechte und Freiheiten Personen von
    Fleisch und Blut zu oder nur den Bereichen, wo Reichtum und Privilegien zu Hause sind?
    Oder nur abstrakten Konstruktionen wie Konzernen, Staaten oder dem Kapital? Die
    Vorstellung, daß solche Gebilde umfassendere Rechte haben als konkrete Personen, ist im
    20. Jahrhundert mit Vehemenz vertreten worden. Die prägnantesten Beispiele sind
    Bolschewismus, Faschismus und Privatkonzerne, die eine Form privatisierter Tyrannei
    darstellen. Zwei von diesen Systemen sind zusammengebrochen, das dritte lebt und gedeiht
    unter dem Banner der Alternativlosigkeit - Es gibt keine Alternative zu dem System eines
    von Staat und Konzernen betriebenen Merkantilismus, das sich hinter Zauberformeln wie
    »Globalisierung« oder »Freihandel« versteckt.
    Ein Jahrhundert früher, als die Konzerne sich in den Vereinigten Staaten zu entwickeln
    begannen, wurde die Diskussion darüber mit relativ großer Offenheit geführt. Viele
    Konservative verurteilten diese Entwicklung und sprachen von einer »Rückkehr zum
    Feudalismus« oder einer »Form von Kommunismus«, was keine völlig unangemessene
    Analogie darstellt. Vertreter eines Neo-Hegelianismus waren der Ansicht, daß auch organische
    Gebilde Rechte besäßen und daß chaotische Systeme - wie die unkontrollierbaren Märkte
    — zentral gesteuert werden müßten. Ich möchte daran erinnern, daß im heutigen sogenannten
    »Freihandel« ein ziemlich großer Bestandteil, vielleicht 70 Prozent, der grenzüberschreitenden
    Transaktionen (die zu Unrecht »Handel« genannt werden) tatsächlich innerhalb von zentral
    gesteuerten Institutionen ablaufen, in Konzernen und Konzernverbindungen, sofern wir
    Outsourcing und andere
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