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War against people

War against people

Titel: War against people
Autoren: Noam Chomsky
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»Pro-
    gramme zur Beförderung der Demokratie« zuständig war. Er meint, daß Washington gute
    Absichten hatte, in der Praxis jedoch »die Grundordnung ... gänzlich undemokratischer
    Gesellschaften« aufrechterhalten und einen »Wandel von unten« vermeiden wollte. Wie ihre
    Vorgängerinnen habe auch die Regierung Reagan »eine pro-demokratische Politik [gefördert],
    um radikaleren Veränderungen den Wind aus den Segeln zu nehmen, dabei jedoch nur auf
    begrenzte, von oben verordnete Formen demokratischen Wandels gesetzt, die die tradierten
    Machtstrukturen, denen die Vereinigten Staaten seit langem verbunden waren, nicht gefährden
    konnten«. Noch genauer wäre die Formulierung: »die tradierten Machtstrukturen, mit denen
    die tradierten Machtstrukturen innerhalb der Vereinigten Staaten seit langem verbunden
    waren«.
    Carothers ist mit den erreichten Resultaten nicht zufrieden, betrachtet aber die in seinen
    Augen »liberale Kritik« als grundsätzlich verfehlt. Sie lasse, sagt er, die alten
    Auseinandersetzungen »ungelöst«, weil es ihr »ewig gleicher wunder Punkt sei«, der
    Restaurierung tradierter Machtstrukturen keine Alternative entgegensetzen zu können — in
    diesem Falle dem mörderischen Terror, der in den achtziger Jahren Hunderttausende von
    Menschen das Leben kostete, Millionen zu Flüchtlingen machte und in den verwüsteten
    Gesellschaften Waisen und Krüppel zurückließ. Auch hier gilt: Es gibt keine Alternative.8
    Das gleiche Dilemma erkannte Präsident Carters Lateinamerika-Spezialist Robert Pastor,
    der eher zu den Tauben als zu den Falken gehört. Er erklärt in einem bemerkenswerten Buch,
    warum die Regierung Carter das mörderische und korrupte Somoza-Regime bis zum bitteren
    Ende unterstützen mußte und dann, als sogar die tradierten Machtstrukturen sich gegen den
    Diktator wandten, die von den USA aufgestellte und ausgebildete Nationalgarde
    aufrechtzuerhalten suchte, die gegen die Bevölkerung »mit einer Brutalität vorging, die sonst
    einem nationalen Feind vorbehalten bleibt«. Auch hier ging es darum, Alternativen nicht
    zuzulassen. Pastor fährt fort: »Die Vereinigten Staaten hatten nicht die Absicht, Nicaragua
    oder die anderen Staaten in der Region zu kontrollieren, wollten aber auch nicht, daß die
    Entwicklung außer Kontrolle geriet. Nicaragua sollte unabhängig handeln können, außer [seine
    Hervorhebung] wenn sich dies gegen die US-amerikanischen Interessen richtete.« 9 Anders gesagt: Die Lateinamerikaner sollten frei sein - unseren Wünschen gemäß zu handeln. Sie
    sollen ihre politischen Kurs frei wählen können, dabei aber keine Entscheidungen treffen,
    mit denen wir nicht einverstanden sind, in welchem Falle wir die tradierten Machtstrukturen
    restaurieren müssen — wenn nötig, mit Gewalt. So sieht die liberalere und fortschrittlichere
    Seite des politischen Spektrums aus.
    Natürlich gibt es außerhalb dieses Spektrums auch andere Stimmen. So forderte der Papst in
    einer Neujahrsansprache, daß die Menschen »das Recht auf eine Beteiligung an den
    Entscheidungen, die ihre Lebensweise oft so grundlegend verändern«, haben sollten.
    Augenblicklich jedoch werden ihre Hoffnungen durch eine Marktordnung »grausam zerstört«,
    in der »politische und finanzielle Macht konzentriert sind«, während die Finanzmärkte
    »unberechenbar fluktuieren« und »Wahlen manipuliert werden können«, weil die Mächtigen
    »die negativen Auswirkungen auf andere Menschen für völlig unbedeutend« halten. Solche
    extremistischen Ansichten blieben in der US-Presse natürlich nahezu unerwähnt.
    Warum herrscht in den USA quer durch das offiziell zulässige politische Spektrum hindurch
    Einmütigkeit darüber, daß Lateinamerikanern - und nicht nur ihnen - die Ausübung der
    Souveränität, die Kontrolle über ihr eigenes Leben, nicht gestattet werden kann? Es ist das
    globale Gegenstück zur Furcht vor der Demokratie im eigenen Lande. Das Thema selbst ist
    nicht neu und läßt sich gut anhand freigegebener Dokumente illustrieren. Ein höchst
    interessantes Beispiel bietet die Konferenz, auf der 1945 auf Geheiß der USA alle
    amerikanischen Staaten zusammenkamen, damit Washington ihnen die Notwendigkeit einer
    »Economic Charter for the Americas« (Wirtschaftscharta für die amerikanischen Staaten)
    vermitteln konnte. Die Charta wollte dem »wirtschaftlichen Nationalismus [also der
    Souveränität] in all ihren Formen« ein Ende machen. Die lateinamerikanischen Staaten
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