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War against people

War against people

Titel: War against people
Autoren: Noam Chomsky
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Maßnahmen dazurechnen. Das ist eine völlig eigenständige Methode
    der marktwidrigen Wettbewerbsverzerrung.
    Die konservative Kritik — »konservativ« im traditionellen Sinne; Vertreter eines solchen
    Konservatismus gibt es heute kaum noch - fand ihren Widerhall zu Beginn des 20. Jahrhunderts
    bei Liberalen wie John Dewey, Amerikas führendem Sozialphilosophen, in dessen Werk das
    Problem der Demokratie einen bevorzugten Platz einnimmt. Für Dewey haben demokratische
    Formen keine wirkliche Substanz, wenn »das Leben des Landes« — Produktion, Handel,
    Medien - von privaten Tyranneien beherrscht wird, die in einem System agieren, das er
    »Industriefeudalismus« nannte. Hier werden die arbeitenden Menschen der Kontrolle der
    Manager unterworfen und die Politik wird »zum Schatten, den die Wirtschaftsmächte auf die
    Gesellschaft werfen«. 12 Er gab damit Ideen Ausdruck, die in der Arbeiterschaft viele Jahre zuvor weit verbreitet gewesen waren. Das gleiche gilt für seine Forderung, den
    Industriefeudalismus durch eine selbstverwaltete industrielle Demokratie zu ersetzen.
    Interessanterweise stimmten fortschrittlich gesonnene Intellektuelle, die den Prozeß der
    Konzernbildung befürworteten, mehr oder weniger diesem Vorschlag zu. So schrieb etwa
    Woodrow Wilson, daß »die meisten Menschen jetzt Konzernen dienen«, die »den größeren
    Teil der Geschäftswelt des Landes« ausmachen. Amerika habe sich »sehr verändert« und sei
    »nicht mehr Schauplatz individuellen Unternehmergeistes ... individueller Möglichkeiten
    und Errungenschaften«, sondern ein neues Amerika, in dem »kleine Gruppen von Männern
    große Konzerne kontrollieren und damit Macht und Herrschaft über den Reichtum und die
    geschäftlichen Möglichkeiten des Landes ausüben«, ja, sie werden »zu Konkurrenten selbst
    der Regierung« und untergraben die Souveränität der Bevölkerung, die mittels m des
    demokratischen Systems ausgeübt wird.13 Dennoch unterstützte er den Prozeß der
    Konzernbildung. Er hielt ihn für wenig glücklich, aber unvermeidbar und befand sich damit
    in Übereinstimmung mit der Geschäftswelt, die gerade nach den Marktzusammenbrüchen
    der vorangegangenen Jahre zu der Überzeugung gelangt war, daß Märkte verwaltet und
    finanzielle Transaktionen geregelt werden müßten. Viele fortschrittliche Intellektuelle waren
    der gleichen Ansicht.
    Ähnliche Probleme ergeben sich auch heute in der internationalen Arena; man denke an die
    Reform der Finanzstrukturen und damit zusammenhängende Probleme. Vor einem Jahrhundert
    erhielten, in einem radikalen juristischen Verfahren, Konzerne die Rechte von Personen
    zugesprochen, was eine gewaltsame Verletzung der Prinzipien des klassischen Liberalismus
    bedeutete. Sie wurden damit auch von früheren Verpflichtungen zu bestimmten Aktivitäten
    befreit, für deren Betreibung sie die Konzession erhalten hatten. Außerdem verlegten die
    Gerichte die Macht von den Aktienbesitzern in die Hände des zentralen Managements, das
    nun mit der unsterblichen juristischen Person identifiziert wurde. Wer mit der Geschichte
    des Kommunismus vertraut ist, wird erkennen, daß zur gleichen Zeit in der sozialistischen
    Bewegung ganz ähnliche Prozesse abliefen, die von linksmarxistischen und anarchistischen
    Kritikern des Bolschewismus vorhergesagt worden waren. Nicht nur Rosa Luxemburg wies
    schon sehr früh darauf hin, daß die Ideologie des Zentralismus die Macht den Arbeitern
    entreißen und in die Hände der Partei, dann des Zentralkomitees und schließlich des
    alleinherrschenden Vorsitzenden legen würde. Das geschah dann auch gleich nach der
    Machtergreifung durch die Bolschewisten 1917, die zur Vernichtung aller Restbestände an
    sozialistischen Formen und Prinzipien führte. Die Propagandisten beider Seiten ziehen, aus
    wohlverstandenem Eigeninteresse, eine andere Geschichte vor, aber diese ist, wie ich meine,
    genauer.
    In den letzten Jahren sind den Konzernen Rechte zugesprochen worden, die weit über die
    von Personen hinausgehen. Gemäß den Regeln der WTO können Konzerne das Recht auf
    »nationale Behandlung« verlangen; wenn also General Motors in Mexiko produziert, kann er
    fordern, wie eine mexikanische Firma behandelt zu werden. Dieses Recht steht nur
    juristischen Personen zu. Ein Mexikaner kann nicht nach New York kommen und dort
    beanspruchen, nach mexikanischem Recht behandelt zu werden.
    Andere Regeln sehen vor, daß die Rechte von Investoren, Kreditgebern und
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