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119 - Der Diamantendolch

119 - Der Diamantendolch

Titel: 119 - Der Diamantendolch
Autoren: Dämonenkiller
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Dies ist die Geschichte von Bhairava, dem Geschichtenerzähler, dem Barden und Spielmann. Es ist eine Geschichte, die er selber erlebte, die letzte seines Lebens. Bhairava erschien seinem Sohn Gopal einige Wochen nach den geschilderten Ereignissen im Traum und verkündete ihm diese seine letzte Geschichte.
    Bhairava hatte zeit seines Lebens einen guten Namen als Barde gehabt. An allen Königshöfen Indiens war er gern gesehen und er galt als ein König unter den Geschichtenerzählern. Aber diese seine letzte Geschichte, die er wirklich erlebte, ist fantastischer, grausiger und dramatischer als alle, die er sich ausdenken konnte.

    Es geschah im Jahre 1253 nach der Geburt des westlichen Religionsstifters Christus, 1813 Jahre nach der des großen Gautama Buddha, des Erleuchteten.
    Bhairava, der Geschichtenerzähler, hatte den Hof des Königs Devadatta in Aurangabad aufgesucht. Devadatta war ein launischer, jähzorniger Herrscher, der später von dem Chola-König Gupta Ras besiegt und geköpft wurde. Es störte ihn, daß der Geschichtenerzähler bei den Frauen seines Harems zu viel Anklang fand. Ein paar intrigante Höflingen streuten Gerüchte aus, Bhairava wäre nicht nur zum Geschichtenerzählen im königlichen Harem gewesen. Bhairava wurde gewarnt und flüchtete.
    Er hatte keine Lust, zur Unterhaltung des Königs und der Höflinge in die Tigergrube geworfen zu werden. Genau das geschah nämlich mit Leuten, die dem Herrscher unangenehm aufgefallen waren. Bhairava flüchtete bei Nacht und Nebel. Es war die Regenzeit. Ein wolkenbruchartiger Wasserguß entzog ihn den Blicken seiner Verfolger und verwischte seine Spuren.
    Bhairava wanderte nordwärts. Er wollte nach Ajanta, dessen Rajah er kannte und der ihn schätzte. Bhairava besaß nur das, was er auf dem Leib trug. Er ernährte sich von Beeren und dem, was er in den Dörfern erbetteln konnte. Geschichten zu erzählen und sich zum Lohn dafür Kupfermünzen in seine Tonschale werfen zu lassen, wagte er nicht. Er wußte, daß die Häscher des Königs Devadatta noch hinter ihm her waren.
    Bhairava war an ein bequemes Leben gewöhnt gewesen. Bei der Wanderung über die heißen, staubigen Straßen und durch den schwülen Dschungel machte er einiges mit. Er wurde mutlos und verfluchte sich selbst und die Götter von Brahma bis Krishna.
    Bevor er Ajanta erreichte, verirrte er sich auch noch im Dschungel. Er hatte Hunger und Durst und war müde, weil er nachts wegen der umherstreifenden wilden Tiere kaum ein Auge zutun konnte. Am Abend des dritten Tages, nachdem er sich verirrt hatte, fand Bhairava einen Ruinentempel im Dschungel. Er war von grünen Ranken überwuchert, und Büsche und kleine Mango- und Papayabäume wuchsen auf den Mauern. Der Tempel war alt. Er stand auf einem Mauersockel und hatte ein sich verjüngendes Stufendach mit einer Kuppel an der Spitze. Ein stufenförmiger Anbau war hinten an den Tempel angefügt. Auf dem Tempeldach befanden sich zahlreiche verwitterte Figuren, die alle ein schreckliches Aussehen hatten. Die Säulen und Wände trugen Ornamente, ohne Ausnahme grausige oder kriegerische Darstellungen.
    Die Sonne versank hinter den Dschungelbäumen, der Himmel glühte rot und unter den hohen Urwaldbäumen war es schon düster.
    Bhairava fand, daß er am besten in dem kleinen Tempelanbau übernachten sollte. Dort mußte es eine Kammer geben, deren Tür er verschließen konnte.
    Dann würde er seit ein paar Tagen endlich einmal wieder tief, fest und ohne Angst schlafen können. Der Barde, der nur einen Lendenschurz und einen Turban trug, wie die Armen des Landes, ging zu dem Tempelanbau.
    Ein modriger Geruch ging von dem alten zerfallenden Bauwerk aus. Bhairava stieg die Treppenstufen hoch, deren Kanten schon abgebröckelt waren und auf denen Gräser wuchsen. Er fühlte sich unbehaglich. Der Tempel hatte eine seltsame und unheimliche Ausstrahlung, die er deutlich spüren konnte. Es ging etwas Drohendes von ihm aus.
    Bhairava überlegte, ob er nicht umkehren sollte. Er schaute zum Rand des Dschungels und zögerte. Da sah er eine Bewegung, und gleich darauf hörte er Gebrüll.
    Der Geschichtenerzähler erstarrte. Vielleicht vierzig Meter von sich entfernt sah er einen riesigen Königstiger. Die Bestie starrte ihn an, und die schrägen, grünen Augen funkelten im Dämmerlicht. Ein Fauchen kam aus dein halbgeöffneten Rachen. Der Schwanz des Tigers peitschte hin und her. Unter dem rötlichgelben, schwarzgestreiften Fell spannten sich die Muskeln zum
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