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Wandernde Welten

Titel: Wandernde Welten
Autoren: Cecelia Holland
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des Hotels. Der Marsianer sah jetzt beunruhigt aus und verschwand durch eine Seitentür. Sie konnte nur mit einem Auge sehen, und über dieses Auge hatte sie keine Gewalt. Als sie blinzelte, wurde es dunkel um sie. Aber es war nicht dasselbe Dunkel wie zuvor: Blut rann über ihre Augenlider. Als sie das Auge wieder öffnete, stand Newrose vor ihr.
    Er sprach und lächelte über sein ganzes, rosiges Gesicht, und sie schien ihm zu antworten. Sie gingen in ein anderes Zimmer.
    An der linken Wand stand eine plüschbezogene Couch, ihr gegenüber ein Schreibtisch. Sie trat dazwischen hindurch zum Fenster und blickte in den Garten hinaus, der einen Stock unter ihr lag.
    Sie konnte Newrose nicht mehr sehen. Es war, als ob sie wieder blind geworden wäre.
    Sie mußte hören! Sie raffte ihre letzte Willenskraft zusammen und zwang ihr Gehör unter ihre Kontrolle. Sie hörte Newroses Stimme irgendwo hinter sich und klammerte sich daran fest. Es war ein Köder. Sie war zurückgeworfen worden. Das Dunkel brach wieder über sie herein. Die Geräusche waren verstummt.
    Sie war wieder in ihren Verstand eingeschlossen.
    Er war mit ihr in ihrem Körper. Es war ihr Körper. Sie hatte es falsch angefangen und ihn bei seinem dominanten, diszipli-niertesten Sinn angegriffen. Sie mußte sich beeilen. Sie nahm all ihre Willens- und Konzentrationskraft zusammen und schickte sie in ihre Nervenzellen.
    Plötzlich war das Gefühl wieder da, in ihren Händen und Füßen, breitete sich über Gesicht und Körper aus und rann wie heißes Blut unter ihrer Haut. Sie schloß ihre blinden Augen und richtete sich auf. Sie fiel. Mit Hüfte und Wange schlug sie auf den Boden. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Irgend etwas, tief in ihrem Körper, krallte nach ihr, und sie wäre fast ohnmächtig geworden. Sie durfte nicht aufgeben! Sie rang nach Luft und zwang sich, zu hören. Plötzlich waren Geräusche in ihren Ohren.
    »Miß Mendoza...«, hörte sie Newroses quiekende Stimme sagen. »Ich hole Hilfe.«

    »Nein! Lassen Sie mich in Ruhe.«
    Sie blinzelte und rang nach Luft. Sämtliche Eingeweide schienenverknotet, und es schmerzte wie bei Geburtswehen. Das Licht blendete sie. Sie zwang sich, es zu ertragen und zu sehen. Der Boden erstreckte sich an einem Paar modischer zweifarbiger Schuhe vorbei. Dort drüben stand die Couch. Sie stemmte sich auf die Knie, und die Krallen rissen in ihren Eingeweiden, als ob sie sich einen Weg aus ihrem Leib zu kratzen versuchten. Sie konnte sich nicht aufrichten, sondern blieb zusammengekrümmt am Boden hocken. Newrose streckte ihr seine rosigen Hände entgegen.
    Seine Augen waren rund wie die eines Stythen.
    Sie schüttelte den Kopf. Er sprach sie an. Sie achtete nicht auf seine Worte. Sie stieß sich vom Boden ab, kam taumelnd auf die Füße und stolperte keuchend zur Couch. Ihre Muskeln zitterten vor Schwäche. Ihr Mund schmeckte nach Kupfer. Die Krallen wühlten in ihrem Magen. Sie wischte sich Speichel vom Mund.
    »Soll ich Ihnen irgend etwas bringen?« Newrose tänzelte nervös um sie herum. »Wasser? Ein Glas Brandy?«
    »Nein.« Sie war mit ihrer Kraft am Ende. Ein stechender Schmerz fuhr in ihre Lungen. Sie preßte beide Arme um ihren Leib und fühlte ihren Gefangenen in ihm nagen.
    »Bitte«, sagte Newrose.
    Sie zwang sich aufzustehen und ging zur Tür. Ihre Lungen brannten wie Feuer. Sie fragte sich, ob er sich retten könnte, wenn er sie tötete. Newrose trat ihr in den Weg. Sie drängte ihn zur Seite und erreichte die Tür.
    »Sie müssen mir helfen.« Newrose kam ihr durch den Vorraum nachgelaufen, vorbei an den überraschten Stythen, die dort saßen und sich wie Marionetten erhoben. »Ich brauche Ihre Hilfe.«
    Sie warf ihm einen feindseligen Blick zu. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie konnte nicht sprechen, selbst wenn sie es gewollt hätte. Der Atem brannte in ihren Lungen. Sie taumelte in den Korridor.
    »Miß Mendoza!«
    Ihre Knie knickten ein. Ein paar Sekunden lang waren ihre Lungen wie eingeschnürt, und sie konnte nicht atmen. Sie lehnte sich gegen die Glaswand des Korridors und zwang sich zur Ruhe, zu langsamem, ruhigem Atmen, und es kam wieder Luft durch ihre verschwollene Kehle. Das Glas beschlug sich mit ihrer aus-geatmeten Luft. Jenseits der Glasscheibe lag der Garten. Sie ging den Korridor entlang auf die Treppe zu.
    Zweimal stolperte sie und fiel auf die Stufen, und beim zweiten Mal rollte sie wieder hinunter bis zum Treppenabsatz. Sie verlor beinahe das Bewußtsein dabei. Sie lag
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