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Wandernde Welten

Titel: Wandernde Welten
Autoren: Cecelia Holland
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und sage den anderen, sie sollen eine Wache später wiederkommen.«
    Paula sah sich im Zimmer um. Es war noch immer in leuchtendem Gelb gestrichen. Es gab keine Möbel außer dem Tisch unter dem Fenster und einem Stuhl, der daruntergeschoben war. Marus verließ das Zimmer, und Paula wandte sich Tanoujin zu.
    »Was haben Sie mit dem Leichnam meines Sohnes gemacht?«
    »Ich habe ihn verbrannt.« Er stand mit dem Rücken zu ihr und zog mit beiden Händen den Gürtel höher. Sein Hemd hing lose um seinen Körper. Er hatte viel Gewicht verloren. »Ich hielt es für besser, daß Sie nicht zugegen waren. Es war eine sehr emotionelle Zeremonie. Für die Menschen hier war er eine Art Symbol. Und ich kann Zeremonien sowieso nicht ausstehen.«
    »Besonders nicht, wenn sie nicht Ihnen gelten«, sagte Paula scharf. »Verdammt, er war mein Sohn.«
    »Er wollte immer ein Held sein.« Tanoujin stützte einen Ellbogen auf die Tischplatte und wandte sich ihr halb zu. »Sie werden alt, Paula. Alt und altmodisch.«
    »Jeder bekommt, was er verdient«, sagte sie und fuhr wieder mit der Hand über ihren Nacken.

    »Sie scheinen immer noch zu glauben, die Anarchie rächen zu können.«
    »Das habe ich nicht nötig«, sagte sie. »Sie sind meine Rache.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, Sie haben schon zu viele Menschen verloren.«
    Sie blickte wieder in dem kahlen Raum umher. Alle Dekorationen waren in seinem Kopf. Es gab hier nichts, das sie haben wollte, und das Kribbeln in ihrem Nacken irritierte sie. Sie ging in den Korridor hinaus, um nach Ketac zu suchen.

MARS
August 1870. Tanoujins Empirat
    Die Halle des Ninive-Clubs war matt erleuchtet. Paula drängte sich von Ketac fort. Die Stythen standen eng beisammen. In dieser fremden Umgebung kamen sie sich hilflos vor. Die fünf oder sechs Vertreter der Sonnen-Welt standen nebeneinander auf den unteren Treppenstufen, aufgereiht wie Mannequins. Alvers Newrose trat vor und begrüßte Ketac. Cam Savenias Gesicht war weiß wie Kalk.
    »Es ist uns eine Ehre, Sie begrüßen zu dürfen«, sagte Newrose.
    Er mußte den Kopf in den Nacken legen, um Ketac ins Gesicht sehen zu können. »Vorab möchten wir im Namen aller Mittleren Planeten unsere Trauer um Saba ausdrücken. Er war als Herrscher so gerecht, wie er als Feind gefürchtet war. Ich glaube nicht, daß es noch einmal einen Mann wie ihn geben wird.«
    Paula nagte an ihrer Unterlippe. Die unbeleuchteten Vitrinen der Halle reflektierten die Gestalten der Stythen, unter denen sie stand. Ketac begann eine kurze, förmliche Rede, um Newroses kurze, förmliche Rede zu beantworten. Sie drängte sich zwischen zwei Stythen hindurch und ging zur Tür.
    Tanoujin war bereits in dem breiten Korridor und blickte durch die große Glasscheibe zu den Gärten hinüber. Sie ging an ihm vorbei und las die Nummern an den Türen ab.
    »Warum haben Sie das getan? Warum gerade hier?«
    Sie fand die Nummer 110 und drückte ihren Daumen auf das weiße Quadrat. Die Tür glitt geräuschlos in die Wand. Automatisch gingen die Lichter in dem dahinter liegenden Raum an.
    Nachdem sie so lange Zeit bei den Stythen gelebt hatte, blendete sie die helle Beleuchtung. Sie trat zum Wandschalter und drehte sie kleiner. Es gab kein Aquarium in diesem Zimmer.
    »Um mich daran zu erinnern, wie reich diese Leute sind.« Tanoujin war hinter ihr ins Zimmer getreten.
    »Savenia sieht nicht anders aus als früher«, sagte sie.
    »Lassen Sie sie in Ruhe. Ich habe Ihre Sticheleien jetzt wirklich satt.«
    Sie ging ins Nebenzimmer. Das Bett war mit einer schwarzen Felldecke bedeckt. Der limonengrüne Teppich machte sie hungrig. Sie reckte die Arme. Nach so langer Zeit in der Ybix genoß sie die Bewegungsfreiheit und die leuchtenden Farben.

    »Je älter ich werde«, sagte er, »desto mehr hasse ich das Schiff.«
    Er ging im Zimmer auf und ab. Paula verrenkte die Arme, um ihr im Rücken geschlossenes Kleid aufzuknöpfen.
    »Würden Sie mir helfen?« bat sie Tanoujin und wandte ihm den Rücken zu. Er knöpfte das Kleid auf, und sie ließ es zu Boden gleiten.
    Sie ging ins Bad und trat unter die Dusche. Die heißen Wasser-strahlen trafen auf ihre Haut wie feine Nadeln. An der weißgeka-chelten Wand entdeckte sie eine Reihe von Knöpfen. Als sie den ersten drückte, besprühte sie eine darunter angebrachte Düse mit feinem Schaum. Sie drehte sich in dem milden Strahl und versuchte die anderen Knöpfe: Eau de Cologne, Deodorant. Wieder spürte sie das Kribbeln im Nacken.
    »Kommen Sie
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