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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer
Autoren: Tom Holt
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Ruhms. Da der Staatsstreich weiter wie geplant verlief, glaube ich nicht, daß die Aussage der beiden Stücke von den meisten Menschen wirklich verstanden worden war, und wenn doch, ließen sie es sich jedenfalls kaum anmerken.
    Nichtsdestotrotz handelte es sich dabei immerhin um eine Geste des Sohns des Philippos, was wieder einmal zeigt, daß tief im Innern in jedem von uns etwas Gutes steckt. Doch falls Sie jetzt hoffen, Aristophanes werde sich am Ende als netter Kerl herausstellen, muß ich Sie leider enttäuschen. Kurz nach dem Staatsstreich legte er seine kleine Meinungsverschiedenheit mit den Oligarchen bei, und als die Vierhundert abgesetzt wurden, war er untröstlich. Dafür einigte er sich jedoch bald mit den Männern, die hinter den Fünftausend standen, und kaum hatten diese ihre Variante einer Minderheitsregierung eingeführt, schmeichelte er sich sofort bei den richtigen Leuten ein und wurde sogar kurzfristig zu einem recht wichtigen Mann. In diesem knappen Zeitraum unternahm er gleich mehrere Vorstöße, mich in Schwierigkeiten zu bringen; beispielsweise versuchte er vergeblich, mich mit der Begründung von der Bürgerliste streichen zu lassen, daß meine Urururgroßmutter in einem kleinen Dorf auf der falschen Seite von Troizen geboren sei, und zwar zu einer Zeit, als das Dorf genaugenommen noch nicht zu Attika gehört habe; es gelang ihm hingegen, mir die Kosten für die Ausrüstung einer Triere und die Aufführung eines Theaterstücks aufzuhalsen, beides im selben Jahr, indem er es so hinstellte, als ob ich mich dafür freiwillig gemeldet hätte; regelmäßig streute er das Gerücht aus, ich sei ein Freund von Theramenes, sobald dieser gerade in Ungnade gefallen war, oder ich reiße schmutzige Witze über seine Frau, wenn Theramenes wieder einmal gut angeschrieben war; und er stahl mir große Teile aus einer Komödie, die ich etwa sieben Jahre zuvor geschrieben, aber wieder verworfen hatte, nachdem mein Dienstjunge von ihm bestochen worden war, die einzige noch vorhandene Abschrift aus der großen Zedernholztruhe in meinem Innenraum zu entwenden.
    Als die Fünftausend von Kleophons aufgehetztem Haufen abgesetzt wurden, kam Aristophanes nur knapp mit dem Leben davon und mußte sich eine Zeitlang verstecken. Verschiedene seiner Freunde gewährten ihm für eine Weile Unterschlupf, doch es gibt nur wenige Menschen, die seine Gesellschaft länger als eine Woche ertragen können, und darüber hinaus war die Belohnung für seine Gefangennahme äußerst verlockend; soweit ich mich erinnere, betrug sie eine Zeitlang knapp vier Drachmen pro Pfund Lebendgewicht, bis die Herrschenden das Interesse an ihm verloren. Jedenfalls mußte Aristophanes damals feststellen, daß es keine Zuflucht für ihn gab. Deshalb kam er zu mir, und das zu einer Zeit, als mir tausend Drachmen nicht im geringsten geschadet hätten.
    Wie ich mich erinnere, war es Mitternacht, und ich kehrte gerade per Pferd vom Land zurück, weil Phaidra krank war. Ich hatte vor Müdigkeit die Augen nicht mehr aufhalten können und war noch in den Reitstiefeln vor der Feuerstelle in tiefen Schlaf gefallen. Phaidra schlief im Innenraum; sie hatte hohes Fieber und hatte zwei Tage lang kein Auge zugetan. Da ertönte plötzlich dieses dämonische Hämmern an der Tür, und ich schreckte so jäh aus dem Schlaf, als hätte jemand einen Fleischspieß durch die Sitzfläche des Stuhls gestoßen.
    Wie Sie sich sicherlich vorstellen können, schlotterten mir vor Angst die Knie; wenn man es in jenen Tagen mitten in der Nacht an der Haustür klopfen hörte, war man stets auf das Schlimmste eingestellt. Nichts hätte ich weniger gewollt, als daß Phaidra aufgeweckt wurde, deshalb rappelte ich mich hoch und öffnete die Tür, wenn auch nur einen Spaltbreit.
    Zuerst erkannte ich den Sohn des Philippos überhaupt nicht – er hatte sich den Bart gefärbt und das Haar nach vorn über die Stirnglatze gekämmt. Doch als er mit seinem nicht unbeträchtlichen Körpergewicht gegen die Tür drückte und sie aufstemmte, wußte ich, wen ich vor mir hatte, und war alles andere als erfreut. Zwar wollte ich irgend etwas sagen, doch ließ mir Aristophanes erst gar nicht die Gelegenheit dazu. Er schob sich an mir vorbei ins Haus hinein und warf die Tür hinter sich zu.
    »Du meine Güte, was soll das eigentlich, mich eine halbe Stunde lang vor der Haustür warten zu lassen?« fuhr er mich an. »Siehst du nicht, daß ich in Gefahr bin?«
    Ich befand mich noch immer im Halbschlaf und
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