Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt
Autoren: B Leix
Vom Netzwerk:
Internet wiederholt unter ›Strangulation‹. Ein Seidenschal war schon häufig benutzt worden, schrieben zumindest englische Autorinnen. Ob sie sich das nur ausgedacht hatten? Er bezweifelte die Wirkung, denn bei einer zu breiten Auflage war der Druck pro Quadratzentimeter möglicherweise nicht hoch genug. Das Opfer könnte vielleicht noch länger um sein Leben kämpfen und ihn irgendwo erwischen. In mehreren Fachbüchern war die Bedeutung von Faserspuren herausgehoben worden. Auf keinen Fall durften sich Fingernägel in sein Sweatshirt krallen.
    Er prüfte im Baumarkt eine rote geflochtene Wäscheleine. Kunstfaser, sehr tragfähig, las er auf dem Etikett, doch es war ihm irgendwie zu stillos.
    Nein, eines Nachts, als er wieder davon träumte: Das dünne Stahlseil des Weidedrahts sollte sein Markenzeichen werden!
    Nur an der Art des Überfalls wollte er noch arbeiten ...
     
    Auch das Dreierteam der Mordkommission war tätig. »Wir sind eben zu sehr vom Erfolg verwöhnt, Oskar«, versuchte Paul Wellmann zu trösten.
    »Die letzten vier Jahre hatten wir 100 Prozent«, grantelte Lindt, ohne seine Pfeife aus dem Mund zu nehmen.
    »Aber meistens war doch am Tatort schon alles klar, Chef, oder die Täter so dumm, dass wir sie leicht überführen konnten«, spielte Jan Sternberg auf den Fall an, wo zwei Meter neben dem halbtot geschlagenen Opfer die Geldbörse des als gewalttätig bekannten Nachbarn im hohen Gras lag.
    Lindt zuckte nur mit den Schultern. »Dieses Mal ist es aber anders, ganz anders. Entweder ist es ein sehr intelligenter Gegner oder wir haben was Entscheidendes übersehen.«
    Alle schwiegen und arbeiteten sich weiter durch Aktenstapel oder starrten auf Computermonitore.
    Sie hatten wirklich alles Mögliche versucht. Am Tatort mehrere denkbare Szenarien nachgestellt, einmal bei Tag, einmal bei Nacht. Fazit: nichts, keine neuen Erkenntnisse!
    Jan hatte zusammen mit Ludwig Willms und seinen Kriminaltechnikern eine von Solarzellen gespeiste Webcam bestens getarnt in der Astgabel einer großen Eiche montiert. Tag und Nacht lieferte diese Kamera gestochen scharfe Bilder vom Tatort und allen Personen, die dort vorbeikamen. »Er kehrt bestimmt zurück«, war sich Sternberg felsenfest sicher gewesen, doch auch diese aufwändige Aktion hatte überhaupt nichts Verwertbares gebracht.
    Nur Oskar Lindt schaute jetzt öfter auf seinen Bildschirm, denn er konnte Carla und sämtliche Nachbarn, die zur Arbeit oder zum Einkaufen radelten, ihre Joggingrunden drehten oder wie Staatsanwalt Conradi den Hund ausführten, vom Schreibtisch aus beobachten. Doch im Unterholz schlich außer einem stadtbekannten Obdachlosen, der einen neuen Platz für sein Sommerlager suchte, keiner herum.
    In den Wochen nach der Tat hatte Lindts Truppe neben ihren Mordermittlungen noch einen Selbstmord durch Schlaftabletten, einen Fenstersturz unter Alkohol und Drogen sowie eine Körperverletzung mit Todesfolge zu bearbeiten. Der 84-jährige Rentner dort in der Gartenstadt hatte Gas und Bremse verwechselt und seine Frau mit einem Ford Scorpio an die Garagenwand gequetscht. Sie starb nach zwei Tagen an ihren inneren Verletzungen im Rüppurrer Diakonissenkrankenhaus.
    Die Ermittlungen wurden routiniert abgeschlossen und sorgten dafür, dass die Kriminalisten immer gut mit Arbeit eingedeckt waren. Der unaufgeklärte Mord aber lastete immer schwerer auf Oskar Lindt. Er fand keine Ruhe, nachts schlief er extrem schlecht und war selbst am Wochenende, wenn seine Töchter von ihren auswärtigen Studienorten heimkamen, ziemlich einsilbig.
    »Es ist richtig schlimm mit ihm«, hörte der Kommissar einmal zufällig mit, wie Carla sich bei ihrer Ältesten ausweinte. »Am Anfang, gleich nach der Tat, als er was tun konnte und die ganzen Ermittlungen auf Hochtouren liefen, da ging es noch, aber jetzt …«
    »... jetzt, wo ihm nichts mehr einfällt, da ist er unausstehlich«, hatte Lindt wütend ins Zimmer gerufen und war türenknallend aus der Wohnung gestürzt.
    Keine zehn Minuten brauchte er zu Fuß bis zur Stutenseer Allee und kurze Zeit später erreichte er den Tatort. Gut, dass ihm unterwegs kein Bekannter begegnete, sein Gesichtsausdruck war eindeutig. Keiner hätte gewagt, ihn anzusprechen.
    Was er hier wollte? Er wusste es nicht. Die Nähe zu seiner Wohnung? Ob es ihn deshalb so betroffen machte? Es geschah direkt unter seinen Augen. Ob er einen Schrei hätte hören können? Von seinem Balkon aus vielleicht? Er wusste es nicht.
    Garotte, lautlos! Das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher