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Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt
Autoren: B Leix
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hatte er mehrfach gelesen. Angeblich kam kein Laut mehr, wenn sich die Schlinge ruckartig zuzog.
    Wieso gerade hier? Zufall? Wahrscheinlich. Oder nicht?
    Grimmig schaute er nach oben zur Webcam auf dem Ast der alten Eiche. Wirklich kaum zu sehen. Bei der Montage hatte die Schutzpolizei sogar den gesamten Fuß- und Radverkehr umgeleitet, damit keiner etwas bemerken sollte.
    Er stellte sich Jan Sternbergs Kommentar vor, wenn der am Montag das missmutige Sonntagsgesicht seines Chefs auf dem Monitor entdeckte.
    Egal, es war ihm mittlerweile völlig egal, was irgendwer über ihn und seine Arbeit dachte.
    Spontan bog er ab. Quer durch den Wald. Kein Weg war da, nicht mal ein Trampelpfad. An manchen Stellen dichtes Unterholz, Prunus serotina, spätblühende Traubenkirsche, hatte ihn der junge Lehrer aus der Dachwohnung einmal aufgeklärt.
    Um die völlig undurchdringlichen Stellen machte der Kommissar einen Bogen. Mal links herum, mal rechts vorbei. Schließlich wusste er nicht mehr, wo er überhaupt war. Hatte er sich verlaufen? Unwillkürlich musste er lächeln. Er, der Kripokommissar, und das am Sonntagnachmittag. Er schaute zum Himmel, strahlender Sonnenschein, nein, hier im stadtnahen Hardtwald konnte sich keiner wirklich verirren. Überall erreichte man in wenigen Minuten eine Allee oder einen Querweg.
    Au, Mist, ein scharfer Schmerz durchzuckte seinen rechten Knöchel. Aah, voll in ein Kaninchenloch getreten. Das kommt davon, wenn man zum Himmel …
    Er stützte sich am Stamm einer dünnen Buche, hob den schmerzenden Fuß und versuchte, ihn kreisen zu lassen.
    Wie mit tausend Nadeln stach es im Gelenk. Hoffentlich nur verstaucht. Er versuchte, wieder aufzutreten.
    Höllisch, die Schmerzen, jeder Schritt wurde zur Qual und vor allem, wo sollte er hin? Carla musste ihn holen. Abholen mit dem Auto. Er griff in seine rechte Hosentasche, dann nach links, vergeblich. Natürlich, sein Handy lag zu Hause auf der Ablage im Flur, direkt hinter der Wohnungstür. Da hatte er es noch nie vergessen. Beim Rausgehen steckte er es immer ganz automatisch ein, genau wie den Schlüsselbund.
    Aber so wütend, wie er vorhin davon gestürmt war, so eine Sch... Reflexartig stampfte er zornig mit dem Fuß auf, dummerweise mit dem rechten. Auaaa! Er konnte den Schrei nicht unterdrücken.
    Zehn Schritte weiter humpelte er bis zu einem Baumstumpf, wollte sich setzen, au, verdammt tief. Etwas weiter sah er einen umgefallenen Baum. Dort konnte er sein Bein vielleicht hochlegen. Er schleppte sich hin und erklomm den Stamm rittlings. Der Knöchel schwoll an, deutlich zu sehen.
    Lindt ärgerte sich maßlos über seine Ungeschicklichkeit. Er fühlte, wie ihm der Schweiß ausbrach, in dicken Tropfen auf seiner Stirn stand. Die Haare im Nacken waren richtig nass und winzige unangenehme Rinnsale liefen ihm den Rücken hinunter.
    Jetzt hätte ihm eine Pfeife gut getan. Schade, nichts dabei. Ließen die Schmerzen endlich nach oder bildete er sich das nur ein?
    Der Stamm hatte eine glatte graue Rinde und obwohl er lag, stand er voll im Laub. Eine Buche bestimmt. Vielleicht war er bei dem Gewitter in der vorletzten Nacht umgestürzt? Einige Wurzeln mussten jedenfalls noch Erdkontakt haben.
    Es raschelte hinter ihm. Lindt drehte sich, so gut es ging. Genau aus dem Loch, in das er getreten war, lugten zwei graue lange Ohren.
    Wupp, hopste das Kaninchen heraus und begann, Sand hinter sich zu scharren. »Entschuldigung, dass ich dir den Eingang eingetreten habe«, raunte der Kommissar halblaut und der kleine Nager störte sich nicht im Geringsten daran.
    Wie bei den Karnickeln, erinnerte er sich an Paul Wellmanns Kommentar über das strangulierte Mordopfer. Die hat mein Großvater nach dem Krieg immer in der Schlinge gefangen.
    Ja, dort drüben, er schätzte die ungefähre Richtung, dort war auch einer in die Schlinge geraten. Kein Entkommen.
    Lindt beobachtete sein Kaninchen. Mit der Zeit kam noch eines und dann zwei weitere. Schließlich waren es sieben in seinem Blickfeld auf der kleinen Lichtung mitten im dichten, im engen Unterholz. An einen solchen Platz war der Student in der Drahtschlinge auch hingeschleift worden.
    Und nach einiger Zeit, als er die Schmerzen nicht mehr gar so arg spürte, brach er sich einen Ast ab, nahm ihn als Stütze und humpelte langsam in die Richtung, wo Karlsruhe-Waldstadt sein musste.
    Er brauchte fünf Mal so lange wie für den Hinweg. Eigentlich hätte er jemanden anhalten und nach einem Handy fragen können, aber sein Stolz
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