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Die Entführung der Musik

Die Entführung der Musik

Titel: Die Entführung der Musik
Autoren: Alan Dean Foster
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I
    Es begann in L'Bor. Oder vielleicht in Lynchbany. Auf jeden Fall trat es einzeln auf, also nicht gleichzeitig. Das heißt, daß es davon - was auch immer es nun war - nur eines gab. Es bewegte sich von Ort zu Ort, gab sich deutlich zu erkennen und grub sich in die Erinnerung all derer ein, die ihm begegneten. Bei seiner ziellosen Wanderung durch die Glockenwälder löste es überall heitere Verblüffung aus, und wessen Pfad es kreuzte, der lächelte bei sich, ohne recht den Grund dafür zu wissen.
    Da gutartige Phänomene nicht ganz so eindrucksvoll sind wie die- jenigen, die Tod und Zerstörung mit sich bringen, und da man sich nicht so den Mund darüber zerreißt, verbreitete sich die Kunde von der Erscheinung eher langsam. Da das Phänomen keinerlei Probleme aufwarf, machte sich niemand die Mühe, den Berichten von seinem Auftauchen nachzugehen und eine Erklärung dafür oder einen tieferen Sinn darin zu suchen. Bestenfalls war es eine kurzfristige Quelle der Neugierde und bot denen, die seinen Pfad kreuzten, ein wenig Ge- sprächsstoff - eine kurze Ablenkung von der täglichen Plackerei. Man unterhielt sich darüber, wenn man sich gemütlich in sein Haus, seine Höhle, sein Lager oder seinen Bau zurück gezogen hatte.
    Flagyr, der Dachs, und sein Freund Invez, der Serval, waren weder bei der Arbeit noch sonst auf irgendeine ernsthaft zu nennende Weise beschäftigt, als sie dem Phänomen begegneten. Oder besser: als es ih- nen begegnete.
    Genau gesagt saßen sie an einem schönen und rundum angenehmen Sommermorgen gerade Seite an Seite am grasbewachsenen Ufer eines der entfernteren und bescheideneren Zuflüsse des Tailaroamstroms. Nach altbewährter Art der Petrijünger ragten ihre Angelruten über das Wasser hinaus. Mit ungeteilter Hingabe und ungewöhnlicher Weit- sicht verfolgten sie dieses Unternehmen, womit gesagt sein soll, daß sie tatsächlich einen Köder an den Haken gesteckt hatten.
    Flagyr hatte sich gegen einen zuvorkommenden Baum gelehnt und den breiten Schlapphut, den er an warmen Sommermorgen bevorzug- te, tief ins Gesicht gezogen. In kurzen Pumphosen aus braunem Segel- tuch lag er, ein Bein über das andere geschlagen, mit auf der Brust ge- falteten Pfoten da.
    Ein erstaunliches Maß an Aktivität zeigte Invez, der tatsächlich die eine Hand lose um den Schaft seiner Angelrute gelegt hatte und sie vorschob und zurückzog, so daß die Schnur sich im ruhigen Wasser auf und ab bewegte. Während sein Begleiter schlief, hielt er ein Auge auf die spiegelglatte Oberfläche gerichtet.
    So spät am Morgen sah man nur wenige Fische springen. Je nach Gesichtspunkt war dies daher die schlechteste oder die beste Zeit zum Angeln. Bei einem solchen Ausflug hatte man keine feste Absicht, Fische zu fangen. Dies war nur die altbewährte Entschuldigung, die die Angler seit jeher benutzen, um angeln zu gehen. Ganz anders, als so mancher meinen könnte, war der Vorgang des Angelns nicht das Mittel zu einem Zweck. Er war der Zweck.
    Abgesehen von einem Tragekorb aus Segeltuch, der mit Speis und Trank gefüllt neben ihnen stand, waren sie ziemlich allein. Der Serval schlug träge nach einer Biene, die fest entschlossen war, sein spitzes großes Ohr für einen Ort zu halten, in dem sie ihren Haushalt ein- richten konnte. Aufgestört flog das Insekt davon, doch sein Gesumm wurde durch ein Geräusch ersetzt, das Invez veranlaßte, sich blinzelnd ein wenig aufzurichten.
    »Hörst du das?«
    Der Dachs machte sich nicht die Mühe, den Hut zurück zu schieben und auf zu schauen. »Ich höre es. Muß was auf der Straße sein.«
    Invez ließ die Barthaare hängen und runzelte die Stirn. Die Straße, die dem Lauf des Zuflusses in etwa folgte, lag ein Stück weiter hinten im Wald, dieser neue Klang hingegen schien eher aus der Nähe zu kommen.
    »Das glaube ich nicht. Da ist es wieder!« Er richtete sich noch wei- ter auf und vergaß seine Angelrute, die sich daraufhin mit der Spitze ins Wasser senkte. Jetzt hatte er beide Augen geöffnet.
    »Was immer es sein mag, es klingt schön«, merkte der lauschende Flagyr an. Seine einzige körperliche Reaktion bestand darin, die Beine andersherum übereinander zu schlagen, so daß nun das linke über dem rechten lag. Er hoffte, daß kurzfristig keine weiteren körperlichen Be- tätigungen von ihm verlangt würden, es sei denn, irgendein Fisch wäre so unhöflich, tatsächlich nach seinem Köder zu schnappen. »Aber hin- ten auf der Straße, denke ich. Muß so sein.«
    »Irgendeine
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