Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt
Autoren: B Leix
Vom Netzwerk:
kenne ich ein Eisenwarengeschäft.«
    Er drehte sich noch einmal um: »Ach, ich nehm das Rad. Wenn was ist, könnt ihr mich ja abholen.«
    Der Leiter der Mordkommission verschwand, ehe einer antworten konnte, und ließ zwei sprachlose Kollegen zurück.
    »Das glaub ich jetzt nicht, Paul, und du?«
    »Der Oskar«, schüttelte Wellmann den Kopf, »... wird auf seine alten Tage noch sportlich.«
    »Nach Neureut, bis rein in den Ort, das sind doch mindestens …«
    »Ne Stunde braucht er sicher, aber schau doch raus, Jan, bei dem tollen Wetter.«
    »Alles klar, Chef seilt sich ab, Vergnügen im Dienst, na von mir aus.«
    »Manchmal fällt ihm ja was Geniales ein, wenn er so alleine unterwegs ist.«
     
    Das Einzige, was Lindt am Rad fahren störte, war, dass er nebenbei nicht noch Pfeife rauchen konnte. Er hatte es natürlich schon probiert, aber der Fahrtwind blies ihm immer mächtig in den Pfeifenkopf, nahm die ganze Asche mit und fachte das Feuer unangenehm an. Vielleicht sollte ich mir mal eine mit Deckel kaufen, ging es ihm durch den Kopf.
    Außerdem, lächelte er vor sich hin, als er den Schlossgarten durchquert hatte und sich hinter der Mauer für die Linkenheimer Allee entschied, funkensprühend jetzt im Sommer durch den trockenen Hardtwald zu radeln, das dürfte den Förstern hier nicht gerade gefallen.
    Oben auf der Fußgängerbrücke stieg er ab, lehnte an das Geländer und betrachtete eine Weile nachdenklich den Verkehr unter sich auf dem vierspurigen Adenauerring.
    Hätte dieser Student ein Auto genommen, wäre er jetzt vielleicht noch am Leben – oder er wäre besoffen gegen einen Baum gerauscht, wer weiß, hing er seinen Gedanken nach. An den Straßen rings um Karlsruhe standen genügend Kreuze. Möglicherweise hat er seinen Mörder ja auch beim Unifest kennen gelernt …
    Lindt schaute gedankenversunken hoch zum blauen, wolkenlosen Himmel.
    Mörder? Mörderin? Konnte eine Frau die Kraft aufbringen, die es brauchte, um eine Schlinge lange und fest genug zuzuziehen? Sicher hatte sich Carsten Blees auch gewehrt. Nein, das konnte nur ein Mann getan haben.
    Andererseits … Unter seinen Kolleginnen konnte sich der Kommissar auf Anhieb einige vorstellen, denen er für eine solche Tat genügend Kraft zutrauen würde. Dienstsport und dann noch ins Fitnesscenter ...
    Lindt rieb sich die Augen. Egal, ob Mann oder Frau, wieso überhaupt? Wieso brachte jemand ausgerechnet diesen Studenten um?
    Erst ein paar Monate hier – er konnte bestimmt noch keinen großen Bekanntenkreis haben.
    Vielleicht eine Sache von früher. Sternberg hatte den Auftrag, sich um den Lebenslauf zu kümmern.
    Wahrscheinlich müssen wir noch ins Saarland … Die Eltern waren nur kurz in Heidelberg gewesen, um ihren Sohn zu identifizieren. Lindt hatte sie knapp verpasst.
    Freunde, Nachbarn? In Kaiserslautern, wo Blees die ersten beiden Semester verbracht hatte, war die dortige Kripo bereits an der Arbeit.
    Der Kommissar seufzte. Anscheinend so laut und tief, dass er hinter sich eine Stimme hörte: »Ist Ihnen nicht gut, kommen Sie lieber runter von der Brück.«
    Ein Rentnerpaar beim Spaziergang schien sich Sorgen zu machen. »Schauen Sie, so schönes Wetter. Es gibt doch für alles einen Ausweg.«
    Lindt zuckte zusammen. Machte er wirklich einen derart depressiven Eindruck? Er lächelte: »Also gut, dann halt heut noch nicht!«, schwang sich aufs Rad und ließ die beiden verdutzt stehen.
    Die Brückenabfahrt gab ihm Schwung und er freute sich, dass der Fahrtwind die Schweißperlen auf seiner Stirn trocknete. Gerade im Sommer nahm er für kurze Strecken gerne sein altes Damenrad. In der Stadt hatte er dadurch keine Parkplatzprobleme, über die Staus konnte er nur lachen und besonders anstrengend war Rad fahren im topfebenen Karlsruhe nun wirklich nicht. Zumindest nicht bei der gemächlichen Geschwindigkeit, mit der er sich üblicherweise fortbewegte.
    Jetzt hatte er allerdings eine schlechte Tageszeit gewählt. Gegen Mittag schien die Sonne von Süden her voll in die Allee. Er fühlte, wie sein Hemd am Rücken schon wieder feucht wurde. Nur ab und zu eine schattige Strecke, wenn die Kronen großer Roteichen ihre dicht belaubten Äste weit hereinstreckten.
    Als er in die Rintheimer Querallee einbog, verbesserte sich die Situation wieder. Ein paar dicke Holzrollen neben dem Weg – ideal für eine kurze Rast. Er stieg ab und suchte sich einen bequemen Sitzplatz.
    Nachdenklich beobachtete der Kriminalist die vorbeifahrenden Radler.
    Wie ermordet
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher