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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
Autoren: emons Verlag
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Ambitionen, zu jagen. Es war eher so, als schreite er nachdenklich durch seine Ländereien. In seinen Augen lag eine Spur des Unergründlichen, sein schräg gelegter Kopf machte aus dem Hund den Philosophen. Auch Gerhards Angst, dass er auf die Straße hinausstürmen könnte, hatte sich als unbegründet erwiesen: Er mied sie wie der Vampir das Licht oder den Knoblauch. Wilhelmine hatte ihm erzählt, dass er in Rumänien mal angefahren worden war, das hatte er sich wohl gemerkt. Wilhelmine, erst gestern hatte er mit ihr telefoniert. Wilhelmine, seine schöne Bekannte aus Bras¸ov. Sein Magen machte ein kleines Hüpferchen, ein anderes Teil auch … Das kam ihm alles vor, als wäre es Ewigkeiten her, dabei war es letzten Winter gewesen. Natürlich wollte er Wilhelmine besuchen, und natürlich hatte er sie eingeladen. Aber sie konnte sich das Ticket nicht leisten, und von ihm hätte sie nie ein Geschenk angenommen. Er hatte ihr sogar angeboten, dann eben kein Flugticket zu kaufen, sondern eins für den abenteuerlichen Bus, der von Rumänien nach Fröttmaning fuhr. Ein kalter, zugiger Busbahnhof in Münchens Norden, der nicht mal eine vernünftige Wartehalle oder etwas Gastronomisches dabeihatte. Und da stand man dann allein im Wind, und auf einmal kamen Autos von Abholern, und auf einmal kam auch der Bus relativ pünktlich, wo er doch fünfundzwanzig Stunden unterwegs gewesen war. Gerhard hatte mal einen Kumpel abgeholt – über Fröttmaning lag etwas Frustrierendes, da half die Allianz Arena nebenan auch nichts. Na ja, und Fußballergebnisse hatten ja auch oft was Frustrierendes.
    Inzwischen durchfuhr er die gesperrte Straße Am Hahnenbühel. Nebel stieg aus den Wiesen, Herbstboten vor der Zeit und Ergebnis der Gewitterschauer, die an den Abenden aufkamen. Am Flugplatz stand wie immer das Wasser auf der Straße, an der Moosmühle glotzten ihn ein paar Kühe an, und in Fendt standen wie immer die Kaltblüter auf der Weide. Bei jedem Wetter, ohne Unterstand, Gerhard fragte sich jedes Mal, ob die bei Platzregen oder sengender Sonne nicht lieber in einem Stall wären.
    Auch in Peißenberg war es noch still; ein, zwei Autos kamen ihm entgegen. Es schlug genau Viertel vor sieben, als Gerhard in Peiting vor der Raiffeisenbank parkte. Da war allerdings einiges los: ein Polizeiwagen, erste Glotzer, zwei Burschen in Trachtenornat und mit starrem Blick. Als er an ihnen vorbeiging, roch er den Alkohol, der sie streng umwehte. So als wolle der Dunst sie nicht loslassen. Und da war Baier.
    »Gut schauen Sie aus, Baier«, sagte Gerhard.
    »Sie nicht«, antwortete Baier und machte lediglich eine Kopfbewegung in Richtung Tür.
    Gerhard grüßte die beiden Schongauer Kollegen, die am Fuße der Treppe standen, ging hinauf, Baier hinter ihm. Er betrat den Raum und sah sich um. Rechts ein knallroter Postkasten von allgäu mail, was immer das war. Er kannte nur die gute alte gelbe Post, die sich nach und nach aus den Städten geschlichen hatte und nun gerne in Getränkemärkten unterkroch. Es gab ein paar Aufsteller, einige Poster an den Wänden. Gerhard registrierte, dass die Tür unentwegt auf- und zuging. Er trat weiter in den Raum, vor ihm schirmte ein halbhoher Paravent den Geldautomaten ab. Zumindest nahm Gerhard an, dass sich der Automat da verbarg und damit die Milliardentransaktionen verdeckte, die der Peitinger so durchführte. Baier machte wieder eine Kopfbewegung, Gerhard umrundete die Holzbalustrade. Zwischen Geldautomat und Holzwand hing ein Mann. Vor ihm stand ein leerer Bierkasten. Eine Flasche schien seiner Hand entglitten zu sein und schwamm in einer Pfütze. Man hätte meinen können, der Typ wäre im Alkoholdelirium, was angesichts der Biermenge ja nicht unwahrscheinlich war. Wäre da nicht an seiner Kehle eine ungute Färbung gewesen. Ein blutunterlaufener Ring umgab seinen Hals.
    Gerhard beugte sich hinunter. Der Typ roch ebenfalls sehr ungut, nach Alkohol und angetrockneter Kotze, die sein Hemd und die selbst gestickten Hosenträger befleckte. Er war erwürgt worden, keine Frage. Die Male ließen auf dünnen Draht schließen oder etwas Ähnliches. So wie er da in sich hineingesackt war, schien er auch wenig Gegenwehr geleistet zu haben. Kein Wunder bei dem ganzen Alk!
    »An Derwürgten hatten wir schon länger nicht mehr«, brummte Baier. »Den letzten, kurz nachdem Sie hier aufgeschlagen sind, Weinzirl. Der Schnitzer am Döttenbichl.«
    Der Schnitzer, ja. Der Viergesang, alle viere tot. Ein atonales Ende für die
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