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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
Autoren: emons Verlag
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Augenblicklich spuckte er die warme bittere Brühe in den Sand.
    »Widerliches Zeug!«, schimpfte er und goss den Rest der Dose ebenfalls aus. Er zog sich sein T-Shirt über, schlüpfte in die Badeschlappen und stopfte die zerlesene Bild-Zeitung in eine nahe stehende Mülltonne. Er hatte Hunger, bestimmt war es schon Zeit zum Abendessen.
    Seltsam, dass Fiona ihn allein zurückgelassen hatte. Ihr Buch – sie hatte eine halbe Bibliothek mit in die Türkei geschleppt – hätte sie doch genauso gut am Strand lesen können. Mit einem Mal machte sich in Morgenstern ein mulmiges Gefühl breit. Was, wenn alle weg wären? Da stünde er nun, mutterseelenallein in einem fremden Land, ohne Auto, ohne Wertsachen, mit nichts als Shorts und Plastiklatschen am Körper. Dafür mit Sonnenbrand. Und Kopfschmerzen. Hämmernden Kopfschmerzen. Morgensterns Sorge wuchs sich schleichend zur Paranoia aus. Was, wenn die Familie gekidnappt war, entführt in irgendeinen Schurkenstaat? Fiona in den Klauen der Taliban! Morgenstern fasste sich an den dröhnenden Kopf, ihm war schwindlig.
    »Mein Gott, was mach ich bloß«, stöhnte er. Dann lief er, so schnell er konnte, zum Hotel zurück, schwankend wie ein betrunkener Seemann.
    Das Zimmer der Familie Morgenstern befand sich im siebten Stock. Der Portier hob kaum den Kopf, als Morgenstern zum Aufzug wankte. Er war es gewohnt, dass Pauschaltouristen zu viel Alkohol und zu viel Sonne tankten und hinterher krebsrot in ihre Behausung krochen.
    »Immer diese Engländer«, seufzte er nur, als Morgenstern in den Fahrstuhl stieg und die Nummer 7 drückte.
    Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die Kabine endlich zum Stehen kam, und Morgenstern hatte Angst, seine Beine würden ihn nicht mehr bis zum Zimmer mit der Nummer 713 tragen. Siebter Stock, Zimmer dreizehn, ausgerechnet die Unglückszahl dreizehn! Mit letzter Kraft erreichte er die Tür und klopfte dreimal, so hart, dass seine Knöchel schmerzten.
    »Fiona, bist du da?«, fragte er durch die Tür.
    Von der anderen Seite waren ein Rascheln und Klappern und dann hektische Schritte zu vernehmen. Morgenstern klopfte erneut, diesmal sogar noch lauter. Endlich hörte er eine Stimme – Fionas Stimme.
    »Einen kleinen Moment, ich komme gleich.« Gott sei Dank, Fiona war da! Aber warum machte sie nicht auf? Morgensterns Gedanken schlugen Purzelbäume. Warum hatte sie ihn so lange allein gelassen? Das hatte sie sonst im Urlaub nie getan. Wenn nur diese Kopfschmerzen nicht wären.
    Es dauerte noch einmal eine halbe Minute, bis der Schlüssel im Schloss gedreht und die Tür geöffnet wurde.
    »Mein Gott, wie siehst du denn aus?«, war Fionas erste Frage, noch ehe Morgenstern etwas sagen konnte. »Du bist ja kalkweiß im Gesicht.« Sie befühlte seine Stirn. »Du hast einen Sonnenstich. Komm schnell herein.« Sie zog ihn in das geräumige Zimmer und drückte ihn aufs breite Bett. »Bleib ganz ruhig liegen, ich hole dir schnell einen kalten Waschlappen.«
    »Sonnenstich«, murmelte Morgenstern, und ihn durchströmte ein Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass er plötzlich eine Erklärung für seine mentale Geisterbahnfahrt hatte. Um ihn herum drehte sich nun alles, aber was war das schon gegen die Ängste, die ihn bis vor einem Augenblick noch heimgesucht hatten? Fiona kehrte zurück und betupfte seine Stirn mit einem angefeuchteten Handtuch, dann holte sie eine kleine Flasche Orangensaft aus der Minibar und flößte ihm behutsam einige Schlucke ein.
    »Ich hätte dich nicht so lange allein lassen dürfen«, sagte sie liebevoll. »Ich war so in Gedanken versunken, dass ich dich glatt da unten vergessen habe.«
    »Super, vielen Dank auch«, gab Morgenstern zurück. Jetzt erst sah er, dass vor dem Bett ein kleines Metallgestell stand, ähnlich wie ein Notenständer, über das ein Laken gehängt war. Das Ding hatte er bisher übersehen.
    »Was issn das da?«, fragte er und deutete mit der freien Hand auf die verhüllte Stellage.
    Fiona lächelte. Ein rätselhaftes Lächeln, fand Morgenstern. Ein Sphinx-Lächeln.
    »Nun sag schon!«, drängte er. »Was soll der olle Notenständer? Den kenne ich doch von zu Hause. Machst du jetzt hier Hausmusik?«
    Fiona lächelte immer noch. Dann umrundete sie das Bett, trat neben das Gestell, bückte sich hinab zum Zipfel des Lakens, hob es ganz langsam nach oben und schlug es schließlich in hohem Bogen zurück. Morgenstern schluckte.
    Auf dem Notenständer stand eine Holztafel, eine bunt mit Ölfarben bemalte Holztafel. Und
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