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Wait for You

Wait for You

Titel: Wait for You
Autoren: J. Lynn
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leichter Ton von Besorgnis war zu erkennen: »Geht es dir gut?«
    Ich zwang mich dazu, tief durchzuatmen – einfach zu atmen. Ich musste atmen. Ein. Aus. Ich hatte das in den letzten fünf Jahren wieder und wieder geübt. Ich war nicht mehr vierzehn. Ich war nicht dort. Ich war hier, am anderen Ende des Landes.
    Zwei Finger legten sich unter mein Kinn und schoben meinen Kopf nach oben. Erstaunlich blaue Augen, die von dichten schwarzen Wimpern umrahmt wurden, fixierten meinen Blick. Das Blau war lebendig und elektrisierend. Es stand in einem solchen Kontrast zu den schwarzen Pupillen, dass ich mich fragte, ob die Farbe echt sein konnte.
    Und dann war mir plötzlich alles klar.
    Ein Kerl hielt mich im Arm. Mich hatte noch nie ein Kerl im Arm gehalten. Dieses eine Mal zählte ich nicht, weil es entsetzlich gewesen war. Ich stand eng an ihn gedrückt, Schenkel an Schenkel, meine Brust an seiner. Als tanzten wir. Ich wusste nicht, wie mir geschah, als ich den Duft seines Rasierwassers einatmete. Wow. Es roch gut und teuer, wie seines …
    Plötzlich stieg Wut in mir auf, ein süßes und vertrautes Gefühl. Die Wut verdrängte die alte Panik und die Verwirrung. Ich klammerte mich verzweifelt daran fest und fand meine Sprache wieder. »Lass. Mich. Los.«
    Mr Blaue Augen ließ sofort den Arm sinken. Ich war nicht auf den Verlust meiner Stütze vorbereitet gewesen, also kippte ich kurz nach links, konnte mich aber fangen, bevor ich über meine Tasche stolperte. Keuchend wie nach einem Dauerlauf schob ich mir die Haarsträhnen aus dem Gesicht und schaffte es endlich, mir Mr Blaue Augen ganz genau anzuschauen.
    Süßer Himmel, Mr Blaue Augen war…
    Er war auf eine Art atemberaubend, die Mädchen dazu brachte, Dummheiten zu machen. Er war groß, gut einen oder zwei Köpfe größer als ich. Seine Schultern waren breit, aber seine Hüften schmal. Der Körper eines Athleten – wie der eines Schwimmers. Lockige schwarze Haare fielen über seine Stirn und bis auf die ebenfalls dunklen Augenbrauen. Breite Wangenknochen und ausdrucksstarke Lippen machten das Gesamtpaket, das die Mädchen zum Anschmachten verführte, vollkommen. Und diese saphirfarbenen Augen, heiliger Strohsack…
    Wer hätte gedacht, dass sich in einem Ort namens Shepherdstown jemand mit diesem Aussehen versteckte?
    Und ich war über ihn gestolpert. Wortwörtlich. Wie nett. »Es tut mir leid. Ich hatte es eilig, in meinen Kurs zu kommen. Ich bin spät dran und…«
    Seine Mundwinkel hoben sich, als er sich hinkniete und anfing, meine Sachen einzusammeln. Für einen Moment wollte ich weinen. Ich spürte, wie sich langsam Tränen in meiner Kehle bildeten. Inzwischen war ich wirklich zu spät dran und konnte auf keinen Fall noch in den Kurs gehen. Und das am ersten Tag. Versagt.
    Ich beugte mich zu ihm herunter und ließ meine Haare nach vorne fallen, um mein Gesicht zu verstecken, während ich meine Stifte einsammelte. »Du musst mir nicht helfen.«
    »Kein Problem.« Er hob ein Blatt Papier hoch, dann sah er auf. »Astronomiegrundkurs? Da will ich auch hin.«
    Super. Jetzt würde ich den Kerl, den ich im Flur fast umgebracht hatte, das gesamte Semester über sehen müssen. »Du verspätest dich«, sagte ich dürftig. »Es tut mir wirklich leid.«
    Nachdem inzwischen alle meine Bücher und Stifte wieder eingeräumt waren, stand er auf und gab mir meine Tasche. »Ist okay.« Sein schiefes Grinsen wurde breiter und enthüllte ein Grübchen in seiner linken Wange. Auf der rechten allerdings passierte nichts. »Ich bin es gewöhnt, dass Mädchen sich mir an den Hals werfen.«
    Ich blinzelte, weil ich erst vermutete, ich hätte Mr Blaue Augen falsch verstanden. Denn er hatte doch sicherlich nicht so einen platten Spruch gebracht.
    Doch, hatte er. Und er war noch nicht fertig. »Aber dass sie mir jetzt schon auf den Rücken springen, ist neu. Hat mir irgendwie gefallen.«
    Ich spürte, wie meine Wangen anfingen zu glühen, aber ich riss mich zusammen. »Ich habe weder versucht, auf deinen Rücken zu springen, noch habe ich mich dir an den Hals geworfen.«
    »Hast du nicht?« Das schiefe Grinsen blieb. »Was für eine Schande. Falls es so gewesen wäre, hätte das diesen Tag zum besten Semesterbeginn aller Zeiten gemacht.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, während ich meine schwere Tasche fest umklammert hielt und an meine Brust drückte. Zu Hause hatte nie ein Junge mit mir geflirtet. Die meisten hatten in der Highschool nicht einmal gewagt, in meine Richtung
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