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Wärst du doch hier

Wärst du doch hier

Titel: Wärst du doch hier
Autoren: Graham Swift
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Auslandsflüge gewisse Einschränkungen mit sich.
    Inzwischen hatte für Clare (ihr Mann machte weiterhin Geschäftsreisen) die Vorstellung von Reisen ins Ausland und der Gedanke, sich mit Flughäfen und Menschenmengen in der Hektik des Transits abgeben zu müssen, etwas Unheimliches im globalen Treiben bekommen. Deswegen erschien ihr der Kauf von Jebb House in jeder Beziehung richtig. Es schien vorausschauend, in gewisser Weise sogar patriotisch. Wie bequem und beruhigend, einfach nur die M4 entlangfahren zu müssen.
    Im Sommer 2003 war ihre Anwesenheit im Jebb House vertraute Wirklichkeit. Sie luden Freunde   – und deren Kinder   – zu sich ein, und die Freunde waren angemessen beeindruckt und neidisch. Dazu kam, dass in jenemSommer die Sonne fortwährend auf sie herunterlachte. Dass die Sache mit Martha noch nicht aus der Welt war, spielte kaum eine Rolle. Clare traf mit sich selbst eine Abmachung, es in den Hintergrund zu schieben, aber nicht völlig zu ignorieren. Alles andere schien so wunderschön, so kostbar. Es lohnte sich nicht, das, was sie in Fülle hatten, aufs Spiel zu setzen. Und vielleicht würde Toby es eines Tages ebenso sehen   – was seine Affäre mit Martha anging. Er würde sie vielleicht beenden. Besonders, so versuchte sie sich auf verquere Weise zu überzeugen, wenn sie   – nachsichtig war.
    Es war der einzige Makel, und wenn sie alle zusammen im Jebb House waren, schien auch der manchmal ganz ausgewischt zu sein. Ihr Sommerhaus hatte eine heilende Wirkung. Dennoch, an jenem blitzblauen, strahlenden Sonntag Anfang Juli hatte es sich plötzlich   – als hätte es eine lautlose, unsichtbare Explosion gegeben   – zutiefst
falsch
angefühlt.
    An dem Wochenende damals waren die Townsends mit ihren beiden Kindern bei ihnen. Eine Unternehmung, die sie, sofern das Wetter es zuließ, Gästen gern boten, war ein üppiges Picknick unter der großen Eiche. Im Grunde fing es mit einem späten, gemütlichen Frühstück auf der Terrasse an, das allmählich in einen späten und ausgedehnten Lunch überging. Eigentlich war es absurd, so nah am Haus ein Picknick zu veranstalten, doch genau dazu schien es Wiese und Baum zu geben. Während also die Kinder vorausliefen und die Wiese (so wie es von Anfang an gedacht war) als ihren höchst eigenen Spielplatz benutzten, wurden die Bestandteile des Picknicks nach und nach zu der Eiche getragen. Alle hattenihr Vergnügen an der ziemlich widersinnigen Mini-Expedition. Mehrmals den steilen Abhang hinunter- und wieder hinaufsteigen zu müssen, machte durstig und erhöhte das Vergnügen. Es entspräche nicht dem Geiste des Picknicks, alles in den Range Rover zu laden und zur Eiche runterzufahren   – allerdings wurde er für den Rücktransport benutzt.
    An dem Tag war das Picknick schon fast vollständig aufgebaut. Clare saß mit Tessa Townsend auf einer Decke, während die Männer mit keuchendem Atem die letzten Sachen herbeischleppten. Die Kinder vergnügten sich miteinander. Die Eiche war so riesig und schwierig, dass sie sich nicht richtig zum Klettern eignete, aber Toby hatte eine Seilschaukel mit einem richtigen Holzsitz montiert, die von einem der niedrigen Äste hing und auf der die Kinder jetzt schaukelten. Die Decken waren in einiger Entfernung des Stamms ausgebreitet, lagen aber im ausladenden Schatten des Baumes.
    Nicht, dass es sich als Gesprächsthema bei Gästen wie den Townsends anbot, aber inzwischen hatte jeder in der Familie Robinson das seltsame kleine Loch und die schwache Verfärbung drum herum, tief unten am Stamm, bemerkt und sich gefragt, wie es entstanden sein mochte. Clare, die mit Tessa auf der Decke saß, sah es, als die Kinder auf der Schaukel daran vorbeischwangen. Unmöglich, dass es auf natürlichem Wege entstanden war. Vielleicht die Stelle, so Tobys anfängliche Theorie, an der ein verrückter Bulle festgebunden worden war   – eine unheimliche Idee, die den Kindern gefallen hatte, und er hatte ihnen zur Erheiterung einen verrückten Bullen vorgespielt.
    Jetzt kamen er und Hugh Townsend mit den letzten Picknicksachen den Abhang hinunter. Die Kinder   – ihr Charlie und die beiden Townsend-Kinder   – waren mit der Schaukel beschäftigt. Hin und wieder raschelte das Laub der Eiche in einer leichten Brise, und aus dem Wald hörte man das Gurren der Tauben.
    Dann wurde alle Aufmerksamkeit auf Toby gelenkt, der plötzlich gestolpert war und laut fluchend ein paar Meter auf seinem Hinterteil den Abhang mit dem glatten
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