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Wächterin der Träume

Wächterin der Träume

Titel: Wächterin der Träume
Autoren: Kathryn Smith
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wollte Amandas Privatsphäre nicht verletzen. Und wie hätte ich ihr erklären können, dass mir im Schlaf ein Nachtmahr mitgeteilt hatte, er solle mich mit Erlaubnis meines Vaters heute Abend gewaltsam ins Traumreich holen?
    Bonnie legte die Stirn in Falten. Sie hielt nichts von Botox und dem ganzen Schönheitswahn.
    »Was für ein Notfall?«, fragte sie. »Ist mit Noah alles in Ordnung?«
    Manchmal neigte Bonnie zu neugierigen Fragen, besonders, wenn es um Noah ging, aber ich wusste, dass sie ihn wirklich mochte und wollte, dass es mit uns klappte. »Ihm geht’s gut.« Dann fügte ich hinzu: »Allen geht’s gut.«
    Die Falten auf ihrer Stirn verschwanden, doch sie blickte mich noch immer besorgt an. »Ganz bestimmt, Kindchen? Ich kann deinen Terminkalender für heute Morgen umstellen, wenn du bei ihm bleiben musst.«
    Ich reichte ihr den Chai Latte, den ich ihr mitgebracht hatte, und nahm einen Schluck aus meiner Papptasse. »Ich werde die Termine wahrnehmen.« Irgendwie musste ich schließlich auch meine Rechnungen bezahlen. »Lass mich das hier nur gerade austrinken, dann lege ich los.«
    Bonnies Gesicht entspannte sich. »Ich hab dich lieb, Süße. Wirklich.«
    Ich grinste. »Das weiß ich. Hey, könntest du wohl die Akten für meine ersten beiden Termine raussuchen und sie mir ins Büro bringen? Ich möchte auf dem Laufenden sein, wenn die Klienten kommen.«
    Sie versprach es mir. Ich ging zu meinem Büro und schloss die Tür auf. Im Schlaflabor hatte ich nur ein kleines Zimmer gehabt. Der Raum hier war schöner und größer – und verfügte sogar über ein eigenes Badezimmer mit Dusche! Ich brauchte nicht länger in einem kleinen Kabuff mit weißen Wänden und zusammengewürfelten Möbeln zu hocken. Jetzt hatte ich ein Büro mit einem pastellfarbenen Teppich, einer lachsfarbenen Couch, die so weich gepolstert war, dass man beinahe darin versank, und einem dazu passenden Sessel. Auf meinem Couchtisch lag eine blassgrüne Satindecke, und vor den Fenstern hingen dezent gemusterte Gardinen. Die Bilder an den Wänden hatte ich persönlich ausgesucht – die meisten stammten von Noah und stellten sanfte, dunstverhangene Szenen in präraffaelitischen Farben dar, bei denen ich schon beim bloßen Hinschauen gute Laune bekam.
    Mein Schreibtisch – ein großes, schweres, sehr englisch wirkendes Ungetüm – stand zusammen mit einem großen Bücherregal und einem Schreibtischsessel in der gegenüberliegenden Ecke. Ich stellte meine Laptoptasche und die Papptasse auf den Schreibtisch und hängte meinen Mantel in den schmalen Schrank. Dann vergewisserte ich mich, dass noch Toilettenpapier in dem appetitlichen kleinen Bad hing und alles schön aufgeräumt war.
    Ich packte gerade meinen Laptop aus, als Bonnie anklopfte und mit den Akten hereinkam. »Hier sind sie, deine ersten beiden Termine.« Sie blieb stehen und blickte sich um. »Weißt du, Süße, an deinem Arbeitsplatz ist es schöner als in vielen Wohnungen.«
    Ich grinste. »Mit der Praxis hier haben wir wirklich Schwein gehabt, Bonnie.«
    Sie verdrehte die Augen. »Das kannst du laut sagen. Sollen wir heute Mittag eine Kleinigkeit zusammen essen?«
    Ich bejahte, und nachdem wir uns auf ein Lokal geeinigt hatten, verließ sie mein Büro. Bonnies Gesellschaft war eine willkommene Abwechslung, ebenso wie die meiner Klienten – ich nannte sie nicht gern Patienten. Sie kamen freiwillig zu mir und erzählten mir von Begebenheiten aus ihrem Leben.
    Wir sprachen viel über ihre Träume. Die meisten meiner Klienten litten unter Nachtmahren – herkömmlichen, nicht solchen wie mir – oder anderen beunruhigenden Träumen. Ich half ihnen die Begebenheiten, die diese Träume ausgelöst hatten, aufzuarbeiten und gab ihnen Tipps, wie sie ihre Träume sinnvoll nutzen konnten. Träume können eine phantastische Therapie sein, wenn man sich ihnen stellt und versucht, sie zu verstehen.
    Ich war froh, dass mein erster Klient bald kommen würde. Wenn ich meine Gedanken zu lange schweifen ließ, wanderten sie zu der bedauernswerten Amanda oder zu Verek und der Tatsache, dass mich der Rat der Nachtmahre vorgeladen hatte – dabei wollten sie wohl eher meinen Kopf auf dem Silbertablett.
    Es ist kein Geheimnis, dass es viele Wesen im Traumreich gibt, die meinen Vater und seine Art zu regieren nicht schätzen. Mich und meine Mutter mögen sie auch nicht. In ihren Augen sind wir der Beweis für die Schwäche meines Vaters.
    Viele Leute in der Welt meines Vaters wünschten, es
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