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Wächter des Mythos (German Edition)

Wächter des Mythos (German Edition)

Titel: Wächter des Mythos (German Edition)
Autoren: Christoph Saurer
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aufmerksam in die finsteren Schatten. Zunächst war nichts zu hören, doch dann, kaum wahrnehmbare Schritte! Also doch ein Mensch?
    Die Schritte kamen von links, Gabriels Herz schlug hart und hörbar gegen seine Brust. Dann, wie der Springfedermechanismus einer Uhr, schnellte er herum, und genau im richtigen Sekundenbruchteil kam sein Degen zum Einsatz. Sein großes goldenes Kreuz fiel mit einem lauten Scheppern zu Boden, während ein unheilbringender Schatten wie vom Blitz getroffen zurückzuckte, dann war es wieder still.
    Ganz wie der Matador mit dem Degen in der Hand versuchte Gabriel durch geschickte Interaktion und seinen Verstand, die unzähmbare Wildheit zu bändigen, indem er sich in das Ungetüm hineinversetzte, um seine Schwächen und Stärken kennenzulernen. Gabriel rührte sich nicht vom Fleck. Er ließ das dunkle Monstrum heranstürmen, bis es in seiner unmittelbaren Nähe war. Jetzt, der satte Schwung einer Waffe, die ins Leere traf. Durch einen kurzen Seitenschritt war es Gabriel gelungen, den Angriff knapp an ihm vorbeizulenken. Dann holte er intuitiv zum Gegenschlag aus, worauf sich sein Degen wie eine qualvolle Banderilla in die Schulter seines Angreifers bohrte. Ein stummer Schrei entfuhr seinem Gegner. Deutlich hörte Gabriel das schwere Schnauben. Blutend und kochend vor Wut stürzte sich das dunkle Ungetüm erneut auf Gabriel. Doch er blieb stehen, wie ein Matador, und ließ ihn ganz dicht an sich heran, um mit einer geschickten Drehung im allerletzten Augenblick auszuweichen. Die mit ganzer Kraft geschwungene Streitaxt verfehlte nur um Haaresbreite ihr Ziel.
    Gereizt durch Gabriels Verhalten folgte nun eine ganze Serie von Angriffen, die Gabriel jedoch alle auf dieselbe Art geschickt abwehrte, wobei sich sein Ausweichen von Mal zu Mal änderte. Dann gelang es ihm mit spitzem Degen, dem Angreifer einen Stoß in den Oberarm zu versetzten. Verblüfft hielt dieser für einen Moment inne, um sich dann schweißnass vor Verdruss und Zorn erneut auf ihn zu stürzen.
    Alina stand mit angehaltenem Atem dicht an die steinerne Säule der Arkaden gedrückt und konnte im Dunkel nur zwei Schatten erahnen, die in einem wilden Reigen immer wieder aufeinander losstürmten. Sie war dazu verurteilt, diesem archaischen Spektakel als Zuschauerin beizuwohnen. Während das Ungetüm jede Art von Waffe, die das mittelalterliche Arsenal hergab, in Gabriel zu bohren versuchte, stand dieser unberührt da.
    Nur mit dem Degen bewaffnet, hielt er mit einer Hand seinen Gegner in Schach, während seine andere Hand nach wie vor in der Schlinge ruhte. Ganz dem Tanz, der Kraft und Grazie ergeben, spürte Gabriel das wilde und unberechenbare dieser Naturgewalt, und Alina bemerkte das Feuer des Matadors ganz tief in ihm drin.
    Dann begann die Schlussphase des Kampfes, in der ein Mensch Herr über das Tier wird. Wohin der Stier nun stieß, sollte durch den Matador bestimmt werden, der sich jetzt ganz dem Reigen der bezähmten Kraft und seinem Mut hinzugeben versuchte. Dann war es soweit, die Spitze seines Degens fixierte die Kehle seines Gegenübers. »Wer bist du?«, raunte Gabriel.
    Plötzlich war der ganze Raum lichtdurchflutet. Der Stier, mit dem Gabriel als Symbol des wilden, unbeherrschbaren und unberechenbaren Naturgottes gekämpft hatte, entlarvte sich vor seinen Augen als ein in die Jahre gekommener stämmiger Mann, der die schwarze Kleidung und den weißen Kragen eines Priesters trug. Mit vor Wut verzerrtem Gesicht lag er vor der Spitze des Degens und erwartete den Gnadenstoß, der sein Leben beendete. Doch Gabriel fand nicht mehr die Kraft für diesen Todesstoß.
    »Wer bist du?«, wiederholte Gabriel.
    »Als wir uns das letzte Mal begegnet sind, hat meine Kugel dein Herz leider verfehlt«, zischte er. Für einen Augenblick sah Gabriel den vor ihm liegenden Mann sprachlos an. Dann zuckte er verächtlich mit den Schultern.
    »Du bist nicht einmal annähernd so viel wert, um wie eine Bestie abgestochen zu werden.«
    Nun drehte er sich Alina zu, die zu ihm getreten war. »Hast du das Licht angemacht?«
    »Ja. Ist das der Psychopath, der uns ermorden wollte?«
    »Ich denke schon, doch am besten fragst du ihn selbst danach.«
    » Und , was machen wir jetzt mit ihm?«
    »Wir schonen unsere Kräfte und überlassen ihn der Polizei.«
    Gabriel wollte sich gerade darum kümmern, diesen Mann vollends außer Gefecht zu setzen, als ihn ein lautes Geräusch herumfahren ließ. Alina und Gabriel erblickten erst jetzt den gefesselten und
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