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Wächter des Mythos (German Edition)

Wächter des Mythos (German Edition)

Titel: Wächter des Mythos (German Edition)
Autoren: Christoph Saurer
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daraufhin Daidalos den Auftrag, ein sicheres Verlies auf der Insel Kreta zu bauen, damit ihm diese Kreatur nie wieder vor die Augen treten könne.«
    Plötzlich standen sie am Fuß einer Treppe vor einer großen Tür. Sie betätigten erst den Drehschalter, der sich neben dem Eingang befand und öffneten dann die Tür, die wie all die anderen nicht verriegelt war. Doch nichts tat sich, dahinter öffnete sich ihnen nur ein düsterer Einlass. Alina versuchte es nochmals am Drehschalter. Diesmal flackerte das Licht auf und vor ihnen tat sich ein großes Gewölbe auf, mit seitlichen Arkaden, worin sich allerhand Ritterrüstungen sowie mittelalterliche Waffen befanden.
    »Bevor wir die Tür geöffnet haben, brannte die Beleuchtung ja schon!«, sagte Alina alarmiert. »Es riecht hier nach Rauch. Dort drüben brennen Fackeln!«
    Gabriel musterte misstrauisch den langen Tisch, die darauf liegende Christusfigur und das große Kreuz, das zuhinterst am Mauerwerk befestigt war. Dann wanderte sein Blick zu den Waffen unter den Arkaden.
    »Aber es scheint niemand hier zu sein. Zumindest haben wir jetzt Waffen, um uns gegen den schrecklichen Minotaurus zu verteidigen. Jetzt erzähl doch bitte das Ende der Legende«, sagte Gabriel, während er das verstaubte Waffen-Arsenal musterte.
    »Na, schön. Also gemäß der antiken Sage verdankte der Minotaurus seiner Schwester nicht nur sein Leben, sondern auch seinen Tod. Denn sie war es, die dem attischen Helden Theseus ein magisches Schwert und einen Faden gab, mit dem er seinen Weg durch das Labyrinth markierte. Nachdem er das mythische Mischwesen im Kampf getötet hatte, fand Theseus mithilfe des Fadens wieder aus den Tiefen des Labyrinths heraus.«
    Gabriel griff nach einem Degen, der an der Wand befestigt war. Er zog ihn aus seiner Aufhängung und musterte seine Klinge. »Der Minotaurus soll äußerst ungestüm gewesen sein, denn Jünglinge und Jungfrauen standen auf seinem Speiseplan. Die Opfer wurden in das Labyrinth geschickt, in dem der Minotaurus lebte. Sie konnten sich im Labyrinth nicht zurechtfinden und waren dazu verurteilt, vom Minotaurus getötet zu werden«, ergänzte Gabriel Alinas Geschichte ein bisschen zerstreut, während er mit dem Degen in der Hand herumfuchtelte.
    »Deshalb sollten wir uns jetzt auch hinsetzen und überlegen, wie wir es anstellen, hier wieder herauszufinden«, sagte Alina. »Meinem Gefühl nach ist es Essenszeit. Ich bekomme, wie dieser Minotaurus, allmählich Hunger!«
    »Das heißt, dass wir uns wirklich beeilen sollten, bevor ich auf deinem Speiseplan stehe«, erwiderte Gabriel lächelnd. »Theseus konnte jedenfalls dank des Ariadnefadens aus diesem Labyrinth herausfinden …«
    »Moment mal«, fiel ihm Alina ins Wort. »Genau das ist es!«
    »Was?«
    »Der Ariadnefaden , was denn sonst.«
    »Ich verstehe nicht, was du damit sagen willst? Mein Turban bringt uns nicht mal zehn Meter weit …«
    »Nein! Nicht dein Turban, die Stromleitung! Wir könnten versuchen, der Hauptstromleitung an der Decke zu folgen, die etwas dicker ist als die anderen, um so zum Aus- oder Eingang zu kommen.«
    » Ach! Die Stromleitung als Alina faden. Keine schlechte Idee!«
    Plötzlich erlosch das Licht. Sie starrten entsetzt in das Dunkel des Raumes. Nur spärlich spendeten einzelne Fackeln noch etwas Helligkeit. Schwarze Schatten breiteten sich bedrohlich zwischen den Rüstungen aus. Gabriel hielt sich instinktiv am Griff seines Degens fest, so wie ein Schiffbrüchiger auf hoher See die rettende Planke umklammert. Plötzlich war es ihm, als hörte er das wilde Schnauben eines Stieres, als befände er sich wieder mitten in seinem Traum. Mensch und Tier standen sich gegenüber. Gabriel hatte bloß den schmalen Degen in seiner Hand, lang und spitz wie eine Nadel.
    Das Tier dagegen strotzte vor ungezähmter Kraft. Ein kleiner Funke von Verstand war auf Gabriels Seite, während ein großes Feuer der Wildheit in den Augen des unzähmbaren Tieres loderte. Gabriel blieb an Ort und Stelle stehen, steif wie ein Matador und lauschte. Da war es wieder, das Geräusch des Atems. Dann war es weg, verstummt, als habe er sich getäuscht.
    »Was ist los?«, flüsterte Alina.
    »Psst«, zischte er, schob sie mit einer sanften Bewegung hinter eine der Säulen und trat einen Schritt in den Raum hinein. Er wartete, nichts. Er wollte sich schon selbst schelten, dass alles, was er hier wahrzunehmen vermeinte, nur in ihm selbst existiere. Doch da, wieder ein Geräusch. Abermals horchte er
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