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Wächter der Venus

Wächter der Venus

Titel: Wächter der Venus
Autoren: H. G. Ewers
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»Denn ein Venusier lügt nicht.«
    Der Chefwissenschaftler lehnte sich zurück.
    »Ich stelle fest, daß Ihnen die Venusier sehr sympathisch erscheinen, Berry …«
    »Was wollen Sie damit andeuten?« brauste ich auf.
    »Andeuten will ich überhaupt nichts, mein Junge. Ich schließe aus deinem Verhalten nur, daß unser Problem viel komplizierter ist, als es anfänglich schien. Übrigens fand ich den einzigen ›Venusier‹, den ich kennenlernte, ebenfalls sympathisch.«
    »Sie meinen diesen Nat Corranda?« fragte Levinson.
    »Ja. Er benahm sich fast menschlich – und der geringfügige Unterschied kann nur als positiv bezeichnet werden. Das ist es, was mir zu denken gibt. Wenn der Mensch durch die Rückführung auf die Venus besser wird, warum sollten wir uns dann dagegen sträuben?«
    »Wir sträuben uns ja gar nicht dagegen, daß Menschen, die es wollen, auf die Venus übersiedeln!« warf Laval heftig ein. »Wir wehren uns nur gegen die gewaltsame Umsiedlung.«
    »Das wollte ich nur wissen«, sagte Sergius Cato. »Lassen Sie uns also überlegen, wie wir die Erde gegen einen Angriff aus dem Raum schützen können!«
    »Sie denken also, die Komiteeleute haben Agkora ausgeschaltet und das technische Erbe der alten Venusier angetreten?« meinte Levinson.
    Cato nickte.
    »Berrys Erklärung über die Attentate haben mich davon überzeugt, daß der Venuswächter niemals ein so brutales Ultimatum stellen würde. Andererseits verstehe ich nicht, wie diese relativ kleine Gruppe von Verbrechern sich gegenüber den Verformten und Agkora durchsetzen konnte.«
    »Es gibt eine Möglichkeit, das herauszufinden«, sagte ich.
    »Sie haben recht, Berry«, erwiderte Sergius Cato grimmig, »wir müssen auf der Venus landen und selbst nachsehen!«
    »Aber dann werden wir zu Venusiern!« protestierte Laval entsetzt.
    »Das …«, sagte Cato gedehnt, »… müssen wir in Kauf nehmen, wenn wir die Menschheit vor dem physischen Untergang bewahren wollen!«
    Er strich sich über die Stirn, eine Geste, die mir bewies, wie sehr ihn das ganze Problem nervlich belastete.
    »Außerdem«, murmelte er kaum verständlich, »komme ich allmählich zu der Meinung Professor Levinsons, daß die Menschheit selbst durch eine Rückkehr zur Venus niemals als eigenständige Rasse verschwinden wird. Das Rad der Entwicklung läßt sich nicht zurückdrehen, meine Herren.«
    Noch niemals bisher hatte ich daran gedacht, aufzugeben und die Menschheit dem Venuswächter zu überlassen. Aber diese ehrwürdigen Männer redeten so, als wäre das das kleinere Übel.
    »Dabei gibt es kein ›kleineres‹ Übel!« stieß ich zornig hervor.
    »Wenn du erst einmal die Erfahrungen gesammelt hast, die ich in meinem langen Leben sammeln mußte«, belehrte Levinson mich, »dann wirst du auch die vielen Schattierungen erkennen, die es zwischen den beiden Polen Gut und Böse gibt, mein Sohn.«
    »Jawohl!« schrie ich aufbrausend. »Dann werde ich genauso verkalkt und verknöchert sein wie ihr! Ihr scheut euch nicht, die Menschheit zu verkaufen, nur um …«
    Ich stockte, als mir bewußt wurde, wie ungeheuerlich mein Verhalten und meine Anschuldigung gewesen war.
    »Verzeihen Sie bitte«, flüsterte ich.
    Als ich aufsah, begegnete ich den grauen Augen Catos. Der Chefwissenschaftler blickte mich prüfend an, aber in seinem Blick lag weder Tadel noch Zorn.
    »Deine Worte waren sehr hart, mein Junge«, sagte Cato ruhig. »Doch sie haben mich erkennen lassen, daß wir Älteren auf dem besten Wege waren, zu resignieren. Wir hatten nur noch das Ziel, die neue Macht des Komitees zu brechen; darüber vergaßen wir das Recht aller Menschen, selbst über ihr Schicksal entscheiden zu dürfen.«
    »Nein! Nein!« wehrte ich heftig ab. »Sie haben das Beste gewollt, Sir!«
    »Das genügt nicht, Berry«, sagte Laval mit zuckenden Lippen. »Leider kann ich nicht erkennen, wie wir beides erreichen: die endgültige Entmachtung des Komitees und damit die physische Rettung der Menschheit – und die Vereitelung von Agkoras Plan. Sobald wir auf die Venus zurückkehren, setzt der Umformungsprozeß ein. Bleiben wir so lange, bis er abgeschlossen ist, dann werden wir wie alle Venusier denken – und handeln. Für die Menschheit sind wir augenblicklich die Befreier von der Diktatur des Sicherheitskomitees. Sie hört auf uns, und sie wird auch auf uns hören, wenn wir als Venusier in der Gestalt von Menschen zur Erde zurückkehren. Wir werden Agkoras Werkzeuge sein, die ihm die Menschheit
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