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VT12 - Die Rückkehr

VT12 - Die Rückkehr

Titel: VT12 - Die Rückkehr
Autoren: Dokk
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umklammerte ihren Rucksack krampfhaft mit beiden Armen.
    Die Soldaten halfen den Überlebenden nach oben. Mühsam zog sich de Rozier an den Sprossen einer Strickleiter hoch, bis ihn kräftige Arme über den Rand hievten.
    Er spürte kaum, wie seine Tochter Marie auf ihn zustürzte und ihm um den Hals fiel. »Mon père, mon père!«
    »Man hat Uns gebissen«, sagte er mutlos. »Ein Todesurteil, mon dieu!«
    Er schob Marie sanft von sich, als er einen seltsam aussehenden Fremden bemerkte, der hinter seiner Tochter stand. Ein Weißer mit blondem Haar! Neben ihm lag ein noch seltsameres Gewehr. Doch de Rozier kam nicht dazu, zu fragen, wer der Fremde war und was das für eine Waffe sein mochte. Das Grollen aus den Höhlen unter der Grube wurde immer lauter, der Boden erbebte unter immer neuen Erdstößen. Ein Steinschlag löste sich aus der Felswand und stürzte in den Erdspalt. Der Kaiser sah mit Erleichterung, dass einige Gruh, die versucht hatten, ebenfalls aus der Senke zu klettern, von den herab fallenden Steinen erschlagen wurden.
    Hauptmann Lysambwe kletterte als Letzter aus der Spalte. »Weg hier, Eure Excellenz!«, rief er. »Die Erde bebt, wir müssen Euch in Sicherheit bringen!«
    Der Kaiser stimmte zu. Hier war getan, was getan werden musste. Wenn er auch für sich und seinen Sohn keine Hoffnung sah, galt es doch die anderen in Sicherheit zu bringen.
    Lysambwe brüllte Befehle zum allgemeinen Rückzug. Sie rannten los, fort von der Großen Grube, doch der nächste Erdstoß warf sie wieder zu Boden. Das gesamte Gelände ringsum sackte noch tiefer in sich zusammen.
    Marie stürzte so unglücklich, dass sie sich am Knöchel verletzte. Der fremde Weiße half ihr hoch, nahm sie auf die Arme und lief weiter.
    Es war auch Marie, die plötzlich in die Luft deutete. »Die Rettung!«, rief sie.
    Die Umrisse von drei oder vier Rozieren schälten sich aus der Wolke aus Rauch und Staub, die sich über der bebenden Erde erhob. In den Gondeln öffneten sich Luken, und Strickleitern fielen herab…
    ***
    Orleans-à-l’Hauteur
    Der herbe Tritt seiner Stiefel verriet etwas von dem Widerwillen, mit dem Pierre de Fouché auf die Privatgemächer von Prinzessin Antoinette zuging. Er trug den rosa verhängten, mit einer großen Schleife verzierten Käfig des Zwergmaakis in den Händen, den die Geisterfrau ihm geschenkt hatte. Er musste vor Antoinette zu Kreuze kriechen, wenn er weiterleben wollte. Und das wollte er unbedingt.
    Deshalb auch die heutige Plackerei. De Fouché wusste besser als jeder andere, dass es im Umfeld des Kaisers Leute gab, deren einzige Aufgabe darin bestand, wie harmlose Lakaien auszusehen… und zu beobachten. Was immer er tat, Pilatre de Rozier würde es erfahren. Nur aus diesem Grund hatte de Fouché auf dem Trümmerfeld von Brest-à-l’Hauteur selbst Hand angelegt.
    Sympathien sichern und sich unverzichtbar machen, so lautete das Gebot der Stunde. De Fouché presste die Lippen zusammen. Es fraß an ihm, dass er sich nach so vielen Jahren mit den Konsequenzen eines längst vergessenen Zwischenfalls herumschlagen musste.
    Ausgerechnet jetzt! Und nur wegen dieser fetten Wakudakuh!, dachte er bitter. Hätte ich mich damals doch bloß nicht so beeilt! Wäre ich nur einen Moment später in den Palastsaal gestürmt! Aber nein – ich musste ja das blöde Weibsstück retten, ich Idiot!
    Blöd war Antoinette nicht, das wusste de Fouché inzwischen. Er selbst wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass es zu seiner »Heldenrolle« beim Giftanschlag des Kanzlers – den de Fouché selber initiiert hatte – auch eine Alternative gab: Es hätte völlig ausgereicht, Leclerc als Attentäter zu entlarven. Sie hatte ihn darauf gestoßen. Fünfzehn Jahre zu spät.
    Doch aufgeschoben war nicht aufgehoben. De Fouchés verbissene Miene entspannte sich. Er arbeitete bereits daran, seinen Fehler von damals wettzumachen. Es gab genug vergrätzte Diener, die wahrscheinlich auch noch dankbar wären für die Chance, der Prinzessin das Lebenslicht auszupusten.
    Antoinette wird Avignon nie erreichen, dachte er. Es sollte wie ein Unfall aussehen, vielleicht ein Wartungsfehler im Antrieb der Roziere. Oder eine undichte Gasleitung…
    Sie musste heute noch abreisen; da blieb keine Zeit, einen ausgefeilteren Plan zu erdenken.
    Er grinste. Morgen fällt sie dann vom Himmel. Oh, ich hoffe, sie zerplatzt! Aber vorher muss ich mich mit ihr versöhnen, damit kein Verdacht auf mich fällt. Unser Streit war zu laut, zu öffentlich, und nach
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