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VT08 - Anti-Serum

VT08 - Anti-Serum

Titel: VT08 - Anti-Serum
Autoren: Dario Vandis
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bedeutet, Großmeister Zuba zu belügen! Zieh dich aus!« Als Sisa nicht reagierte, hob er das Schlagholz. »Ich befehle es kein zweites Mal.«
    Sisa griff mit zitternden Fingern nach dem Saum ihres Kleides.
    In diesem Augenblick trat eine Gestalt in den Stall und näherte sich Zuba von hinten.
    Sisa schöpfte für einen Moment Hoffnung, dass ihre Brüder eingetroffen waren – dann aber hörte sie, wie die Maelwoorms in ihren Boxen aufgeregt an den Ketten zerrten. Das war sehr merkwürdig, denn normalerweise reagierten sie auf Fremde fast überhaupt nicht. Jetzt aber warfen sie sich hin und her, sodass ihre mächtigen Körper wiederholt gegen die stabilen Wände der Boxen krachten.
    Die Gestalt kam näher.
    »Was soll das?«, rief Zuba, ohne sich umzusehen. »Ich habe doch gesagt, dass ihr im Haus bei den beiden Alten bleiben sollt!«
    Die Gestalt erwiderte nichts. Sie war jetzt nur noch wenige Schritte von Zuba entfernt.
    »Was ist? Bist du taub?«, brüllte Zuba und fuhr herum.
    Er war so wütend, dass er sich um ein Haar auf den Mann gestürzt hätte. Dann aber blieb er wie vom Schlag getroffen stehen. Der Mann, der jetzt unmittelbar vor ihm stand, gehörte nicht zur Bande. Zuba hatte ihn noch nie gesehen.
    Das Gesicht des Mannes war grau und eingefallen. Die Augen lagen wie glühende Kohlen in von Schatten umwölkten Höhlen. Arme und Beine des Mannes waren dürr, fast abgezehrt. Er bleckte die Zähne.
    »Wer bist du?«, fuhr Zuba die seltsame Gestalt an. »Zieh Leine, oder ich poliere dir die Fresse, dass dir Hören und Sehen vergeht.«
    »Gruuuh«, erwiderte die Gestalt und zerfetzte dem Großmeister mit einem Schlag ihrer Klauenhände die Kehle.
    ***
    Das Haus der Heiler befand sich in einem Randbezirk von Wimereux-à-l’Hauteur. Einer der neun Stabilisierungsballons schwebte über dem Dach des U-förmigen, zweigeschossigen Gebäudes.
    Im rechten Flügel waren die Küche, die Laboratorien und die Pathologie untergebracht. Dies war auch Doktor Akselas Arbeitsbereich. Nach Doktor Legumas mysteriösem Tod vor einigen Wochen, über dessen nähere Umstände außer ihr nur Kaiser Pilatre de Rozier und einige unmittelbare Zeugen Bescheid wussten [1] , war sie vom Kaiser zur Leiterin des Hauses bestimmt worden – eine Aufgabe, die sie von heute auf morgen perfekt ausfüllen konnte, da sie auch unter Doktor Leguma stets eigenständig gearbeitet hatte und in die wichtigsten Projekte involviert gewesen war.
    Derzeitig gab es ohnehin nur ein wichtiges Projekt im Haus der Heiler. Dieses Projekt stand mit dem Tod Doktor Legumas in unmittelbarem Zusammenhang. Der Kaiser hatte sich mit einigen Beratern ausgetauscht und danach Doktor Aksela mit der wohl brisantesten Aufgabe ihrer bisherigen Laufbahn betraut. Seitdem hielt sie sich Tag und Nacht im Haus der Heiler auf. In einem der Nebenräume hatte sie sich eine Schlafstatt eingerichtet, um jederzeit vor Ort zu sein. Drei weitere Mitarbeiter waren ihr zugeteilt worden. Außerdem hatte der Kaiser persönlich fünf weitere wissenschaftliche Mitarbeiter von ihren Aufgaben abgezogen und unmittelbar Doktor Aksela unterstellt.
    Sie wusste, dass sie keine Fehler machen durfte. Sie wusste auch, dass ihre Arbeit schnell Erfolge zeitigen musste. Vom Gelingen ihres Projekts hing nicht nur die Zukunft der Wolkenstadt Wimereux-à-l’Hauteur ab, auch nicht allein die Zukunft aller Wolkenstädte.
    Es hing das Schicksal der gesamten Bevölkerung davon ab – vielleicht sogar das Schicksal der ganzen Welt!
    Doktor Aksela beugte sich über das bauchige Gefäß, in dem ein zähflüssiger brauner Sud kochte. Sein Gestank füllte das gesamte Labor aus, sodass sich die Helfer nur noch mit einem Mund- und Nasenschutz an ihre Seite wagten.
    Doktor Aksela selbst machte der Gestank nichts aus. Sie war mit ihren Gedanken ganz woanders. In ihrer rechten Hand hielt sie eine Pipette mit einer durchsichtigen Flüssigkeit. Ein Tropfen fiel von der Spitze der Pipette in den Sud.
    Es zischte kurz, dann kochte der Sud weiter.
    Nichts geschah.
    Aksela lächelte triumphierend. Ihre Wangen glühten vor Freude. In diesem Augenblick merkte man ihr die Last der Verantwortung nicht an, die auf ihren Schultern ruhte und die sie in ihrer Arbeit höchstens noch stärker motivierte. Seit Tagen hatte sie kaum geschlafen. Jeder Handschlag, jede ihrer Bewegungen war genau bemessen. Sie arbeitete effektiv und mit voller Konzentration, obwohl ihr Körper praktisch auf Reserve lief. Lange würde sie diese Arbeitsweise nicht
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