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VT07 - Niemandes Welt

VT07 - Niemandes Welt

Titel: VT07 - Niemandes Welt
Autoren: Dario Vandis
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Fechtkampf so viel wie ein Wakudabulle vom Fliegen. Aber er war ein gutmütiger, loyaler Kanzler, und er versäumte keinen von Maries Trainingskämpfen, schon allein aus der Sorge, der Prinzessin könne in seiner Abwesenheit etwas zustoßen.
    De Fouché führte seine Angriffe jetzt häufiger. Sein Eifer kam Marie entgegen. Sie behielt einen klaren Kopf und parierte ein ums andere Mal, um anschließend einen Riposte zu fahren.
    Der Schlag traf ihren Gegner am Oberschenkel, und er fuhr keuchend zurück.
    »Touché!«, rief Goodefroot boshaft. »Ich hoffe, der Herr Sonderbeauftragte hat nicht vergessen, dass beim Degenkampf auch Treffer unter der Gürtellinie zählen.«
    De Fouché ließ ein unwilliges Knurren hören. Der Jähzorn war schon immer seine größte Schwäche gewesen. Seine Attacken wurden nun zunehmend unkontrollierter. Er wollte um jeden Preis seine fünf Treffer anbringen.
    Tatsächlich gelang ihm nur einer. Marie fühlte den leichten Schlag der Degenspitze auf dem Dyneema-Überzug ihrer Schulter.
    De Fouché stieß ein zufriedenes Brummen aus und versuchte sofort nachzusetzen, aber diesmal parierte Marie wieder und trieb ihn mit ein paar Sätzen bis an den Rand der Planche. De Fouché hatte bereits mit einem Fuß die Warnlinie übertreten, als er einen letzten Ausfallversuch unternahm. Doch Marie parierte gekonnt und setzte einen Treffer an der Hüfte.
    »Touché!«
    »Halte er sein Maul!«, rief de Fouché wütend. »Ich merke selbst, wenn ich getroffen werde.«
    Marie hatte bereits vier Treffer, de Fouché nur einen. Er kämpfte jetzt wie ein Nilross, voller Ungeduld, und wollte mit dem Kopf durch die Wand.
    Marie parierte und setzte zum finalen Treffer an.
    Jauchzend sprang Goodefroot auf. »Touché! Dem Himmel sei Dank, Eure Excellenz, dass Euch nichts passiert ist!«
    De Fouché riss sich die Maske vom Kopf, stürmte auf den Kanzler zu und hielt ihm die Klinge an den Hals. »Merde. Was, habe ich gesagt, soll er mit seinem Schandmaul tun?«
    Der Kanzler wurde blass und sank zurück auf den Stuhl. »Ich bitte um Vergebung, aber der Treffer war eindeutig. Die Prinzessin hat gesiegt.«
    »Das weiß ich selbst, du fette Kröte. Aber wenn das ›Touché‹ noch einmal so hämisch aus deinem Mund kommt, dann werde ich dir ein hübsches Loch in deinen feinen Anzug schneiden, und zwar dorthin, wo es am meisten wehtut!«
    »Mon dieu!« Die Prinzessin schüttelte den Kopf. »Man merkt ihm wie üblich seine adlige Herkunft nicht ohne weiteres an, Herr Sonderbeauftragter. Außerdem haben wir doch nur zum Spaß gefochten!«
    Aber de Fouché sah das offenbar anders. Er warf den Degen fort und stürmte wutentbrannt aus dem Saal. Marie hob die Waffe auf und stellte sie zurück in die Vitrine.
    »Er ist ein Scheusal!«, presste der Kanzler hervor.
    »Ein Scheusal, das sich schon wieder beruhigen wird«, sagte sie gelassen. »Vielleicht sollte ich ihn beim nächsten Mal gewinnen lassen, damit er nicht vor Zorn von der Brüstung der Wolkenstadt springt.«
    »Ihr seid die beste Fechterin von ganz Orleans-à-l’Hauteur, Eure Excellenz!«
    Sie lächelte und stieg vor seinen Augen aus ihrem Dynamee-Anzug, sodass dem Kanzler unwillkürlich die Röte ins Gesicht stieg. »Spare er sich das Geschmeichle, denn dazu gehört nicht viel. Sage er lieber, was heute noch an Arbeit ansteht, denn ich habe sehr wohl die Mappe mit den Papieren gesehen, die er mitgebracht hat.«
    Während Goodefroot eilig die Mappe öffnete und die Papiere durchblätterte, schlüpfte sie in ihr Hofkostüm und sprühte ein wenig von dem Frischeduft aus Zitrone und Seeschlammextrakt, den ihr die kaiserlichen Modeschöpfer entwickelt hatten, auf Hals und Oberkleid. Duschen würde sie nachher, vor dem Abendessen.
    »Nichts Besonderes, Eure Excellenz«, resümierte Goodefroot, nachdem er die Papiere durchgesehen hatte. »Nur ein alberner pétitionaire – ein Bittsteller, der…«
    »Nur einer? Was will er?«
    »Ein Bauer, der wegen der drohenden Frakkenplage um seine Ernte fürchtet. Er bittet um einen Steuernachlass. Ich habe sein Gesuch natürlich abgelehnt. Und dann wäre da noch…«
    »Um welche Summe ging es?« Goodefroot nannte den Betrag. »Gewährt«, erwiderte Marie.
    »Aber Eure Excellenz! Unsere Schatzkammer ist fast leer, Und da wollt Ihr…«
    »Sag er mir, Kanzler, was mir Untertanen nützen, die ich bis aufs Blut ausgepresst habe.«
    »Äh… gar nichts?«
    »Sehr richtig, Kanzler. Erkläre er dem Mann, es handelt sich um eine vorübergehende
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