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Zwölf tödliche Gaben 9: Neun tanzende Damen

Zwölf tödliche Gaben 9: Neun tanzende Damen

Titel: Zwölf tödliche Gaben 9: Neun tanzende Damen
Autoren: Stuart MacBride
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Neun tanzende Damen
    Andy »Twitch« McKay hockt mit seiner gebrochenen Nase am Tresen vor einem Pint Export und lässt seinen Amphetaminrausch ausklingen.
    Das Silver Lady ist ein Striplokal von der mondäneren Sorte – ein langer Raum mit niedriger Decke und Spiegeln hinter der Bühne, damit man die Tänzerinnen von allen Seiten sehen kann. Lederpolster, dunkler Teppichboden, eine Discokugel, die helle Lichtsplitter auf die kleine Gästeschar herabregnen lässt. Absolut nicht nach Twitchs Geschmack. Nee, das Monk and Casket ist da schon viel eher sein Ding. Eine gemütliche Kneipe, wo er sein Bier trinken und vielleicht auf dem Klo einen Joint rauchen kann. Wo ihn jeder beim Namen kennt.
    Und genau deswegen macht er einen großen Bogen um das Pub. Versucht nicht aufzufallen. Gibt sich ganz cool. Und schaut Kayleigh Jacobs bei der Arbeit zu.
    Harte Tanzmusik wummert aus den Boxen, ein Versuch, den ruhigen Mittwochabend wie einen Samstagabend mit vollem Haus klingen zu lassen. Und Kayleigh braucht schließlich etwas, wozu sie tanzen kann. Sie sieht fantastisch aus: lange Beine, straffer Bauch, feste Brüste, alles verpackt in Spitzendessous, so gleitet sie an ihrer glänzenden Stange auf und ab, als ob sie das Ding um den Verstand vögeln wollte.
    Oh yeah … Twitch könnte diese Stange sein. Wenn er nur das Geld für einen Lapdance hätte. Und vielleicht eine Flasche Wodka. Und ein paar Linien erstklassigen Stoff. Und dann noch etwas, was ihn ein bisschen runterholt.
    Aber er ist pleite. Diese Halsabschneider haben ihm für den Eintritt und das eine Getränk seine gesamten Barreserven abgeknöpft. Jetzt hat er nur noch die Brösel in seinen Taschen, das große Zittern, den kalten Schweiß und den Laptop, der zu seinen Füßen steht. Das Einzige, was von einem kleinen Bruch letzte Woche noch übrig ist. Aber so ein Computer-Teil zu verticken dürfte ja kein Problem sein. Gerade in einem Laden wie dem hier. Könnte durchaus ein paar hundert Pfund bringen. Genug, um ihn für eine Weile mit Alk und Drogen zu versorgen. Und vielleicht würde noch etwas übrig bleiben, damit er sich von Kayleigh verwöhnen lassen könnte.
    Die Nummer ist zu Ende, Twitch applaudiert und pfeift nach Leibeskräften, während Kayleigh sich verbeugt, kehrtmacht und in den Kulissen verschwindet. Eine Brünette nimmt ihren Platz ein, die Musik dreht auf, das neue Mädchen fängt an, mit den Hüften zu wackeln und sich an der Stange zu reiben, und Twitch wendet sich wieder seinem Bier zu. Und beobachtet den Eingang im Spiegel hinter der Bar.
    Sein eigenes Spiegelbild sieht schon nicht mehr ganz so schlimm aus: Die blauen Augen sind verblasst, die Nase – na ja, die sieht aus wie ein wackliger Türknauf und macht beim Atmen immer noch pfeifende Geräusche. Hervorstehende Wangenknochen, eingesunkene Augen und ein Stoppelbart. Die Haare hinten lang und obenrum kurz, im Achtzigerjahre-Vokuhila-Stil. Das ist klassisch – und wehe, jemand behauptet was anderes. Kapuzenshirt in Tarnfarben und Röhrenjeans. Wie ein drogensüchtiger, kaputter Versager eben so aussieht.
    Der Himmel weiß, warum sie ihn ins Silver Lady reingelassen haben. Hatten wohl Angst, dass sie heute Abend die Bude nicht vollkriegen würden.
    Er nimmt einen Schluck Bier und sieht sich im Lokal um. Noch nicht viel los: ein halbes Dutzend Männer, die einen Junggesellenabschied feiern und jetzt schon hackedicht sind; zwei Geschäftsmänner in Anzügen, die Champagner trinken und das Mädchen auf der Bühne anfeuern; und ein paar traurige Gestalten, die allein rumhocken.
    Keiner darunter, der einen Laptop kaufen will.
    Kurz nach neun kommt Leben in die Bude – in Gestalt von einem Dutzend besoffenen Typen, alle mit Weihnachtsmannmützen auf dem Kopf. Sie bestellen Whisky und Wodka, dann feuern sie mit Pfiffen und Gejohle Kayleigh an, als sie wieder die Bühne betritt, zu ihrer dritten Nummer an diesem Abend. Diese Tiere. Können sie nicht sehen, dass Kayleigh nur Augen für Twitch hat?
    Sie ist umwerfend. Geschmeidig, fast wie ein Schlangenmensch. Twitch hält es kaum noch aus.
    Als sie fertig ist und unter Standing Ovations abgeht, wobei sie noch einmal mit ihrem knackigen, ölig glänzenden Hintern wackelt, versucht Twitch, den betrunkenen Weihnachtsmännern seinen Laptop anzudrehen. Aber sie ignorieren ihn, lassen sich nicht auf ihn ein. Mit so einem zwielichtigen Junkie wollen sie nichts zu tun haben. Haben Angst, sie könnten sich von ihm irgendwas einfangen. Er lässt sie
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