Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
VT07 - Niemandes Welt

VT07 - Niemandes Welt

Titel: VT07 - Niemandes Welt
Autoren: Dario Vandis
Vom Netzwerk:
mich, dass du uns hier unten Gesellschaft leistest, Kinga.«
    Gesellschaft leistest… Als ob er freiwillig hier wäre. Als ob die Gruh ihn gebeten hätten, sie zu begleiten. Lourdes. Was ist mit Lourdes? Ich muss sie retten… Erst dann fiel ihm ein, dass es dafür ja längst zu spät war. Lourdes war tot. Die Gruh hatten ihr Gehirn gefressen. Meine geliebte Lourdes.
    Seine Gedanken begannen sich abermals zu verwirren.
    »Kinga?«, unterbrach ihn die Stimme.
    Er hob den Kopf.
    »Ich hoffe, du weißt, warum du hier bist, Kinga.« Die Stimme ließ ein amüsiertes Lachen hören. Es schien, als hätte sie trotz der Dunkelheit genau erkannt, wie Kinga ratlos den Kopf schüttelte. »Du bist nur aus einem einzigen Grund hier. Weil ich es so will.«
    »Und wer bist du?«, fragte Kinga.
    »Ich hoffe, meine Untertanen sind nicht zu hart mit dir umgesprungen.«
    »Sie haben Lourdes getötet!«, schrie Kinga. Zorn flammte in ihm auf, und er sprang in die Höhe, schlug mit der wunden Faust gegen den Felsen. Doch der Ausbruch an Energie endete so schnell, wie er gekommen war. Kinga sackte wieder in sich zusammen. »Lourdes…«, jammerte er.
    »Ich kenne niemanden, der Lourdes heißt«, sagte die Stimme, »aber ich bedaure dein Unglück, mein Freund.«
    »Wo sind sie?«
    »Wer?«
    »Die Gruh… Sie haben Lourdes getötet!«
    »Offenbar sprichst du von meinen Untertanen. ›Gruh‹ nennst du sie… Das ist ein lustiger Name. Irgendwie passend.«
    »Ich werde sie ausrotten!«, brüllte Kinga und sank auf die Knie.
    Die Stimme kicherte wieder. »Wie ich sehe, hat dein Verstand bereits unter der Gefangenschaft gelitten. Das ist schade. Nun, ich kenne deine Gefährtin leider nicht. Trotzdem bedaure ich ihren Tod. Es scheint, als hätten meine Untertanen den Befehl, den ich ihnen auf den Weg gab, wohl etwas zu genau befolgt. Ich bat sie darum, einen von der Oberfläche hierher zu bringen. Hätte ich gewusst, dass du in Begleitung bist… Ein bedauerliches Missverständnis, das sich nun nicht mehr ändern lässt.«
    Es folgten einige Sekunden des Schweigens. Was die Stimme sagte, ergab keinen Sinn – jedenfalls nicht für Kinga. Er dachte darüber nach, was er über die Stimme wusste. Sie klang männlich, aber Kinga hatte Zweifel, dass sie überhaupt einem Menschen gehörte. Aus dem, was sie gesagt hatte, schloss er, dass sie sich für eine Art Oberhaupt der Gruh hielt. Eine Instanz, die befugt war, den Monstern Befehle zu erteilen. Eine Art König der Bestien… Jedenfalls betrachtete sich die Stimme als solchen. Irgendwie hatte Kinga das Gefühl, dass diese Einschränkung von Bedeutung war. Jemand, der zusammen mit den Gruh unter der Erde lebte, konnte schließlich nicht bei Sinnen sein.
    »Du solltest nicht so viel überlegen«, fuhr die Stimme fort. »Das steigert nur die Angst – und es ist wichtig, dass du keine Angst hast vor dem, was ich mit dir vorhabe.«
    »Vorhabe…?«, echote Kinga verständnislos.
    »Ich möchte mehr über die Menschen auf der Oberfläche erfahren. Wer seid ihr? Wie lebt ihr? Es ist viel Zeit vergangen seit der Katastrophe damals. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass es noch einmal möglich sein sollte, die Erdoberfläche zu betreten, aber nun, da das Schicksal mir diese Chance gegeben hat, will ich unbedingt herausfinden, wie sich das Land nach dem Einschlag des Kometen verändert hat.«
    Kinga verstand nichts von dem, was die Stimme da sagte. Ein »Komeet« – was bei Orguudoo sollte das sein? Kinga wusste auch nicht, von welcher Katastrophe der Fremde sprach. Meinte er die Tatsache, dass der Berg Feuer gespukt hatte? Aber das war doch erst vor einigen Wochen geschehen. Die Katastrophe aber, von der die Stimme sprach, schien viele Jahre oder Jahrzehnte zurückzuliegen.
    »Hast du eine Familie, Kinga?«, fragte die Stimme.
    Kinga schüttelte den Kopf. »Wie traurig. Wie steht es mit deinen Eltern? Hast du Mutter und Vater? Hast du eine Frau?«
    »Lourdes!«, krächzte Kinga, und das Feuer des Zorns begann erneut zu lodern.
    »Entschuldige«, sagte die Stimme beschwichtigend. »Das war wirklich dumm von mir. Ich vergaß. Du bist also ganz allein. Woher stammst du? Aus einer Stadt?«
    »Kil… malie.« Irgendwie fiel ihm das Denken schwer. Er stammte aus Kilmalie, richtig. Aber war das überhaupt noch von Bedeutung?
    »Kilmalie, so so. Ist das ein Dorf?«
    »Ein Dorf, ja.«
    »Wie viele Menschen leben dort?«
    »Leben… Menschen… Ich weiß nicht…« In seinem Kopf war Chaos. »Weiß nicht,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher