Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorstoß ins Niemandsland

Vorstoß ins Niemandsland

Titel: Vorstoß ins Niemandsland
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Eine wirklich differenzierte und anspruchsvolle Lautsprache ist ohne das anatomische Merkmal eines gut ausgeprägten Schnabels unmöglich …
    Noch wirkten die Worte des Heiden unbeholfen und wirr. Einige Begriffe wurden klar übersetzt. Manchmal auch kleine Bedeutungseinheiten, die einen Sinn ergaben. Das Ganze wirkte wie ein sprachliches Puzzle, bei dem viele Teile noch nicht erkannt waren.
    Aber für Re-Lim und die anderen drei Tanjaj wurde sehr schnell klar, dass der Schnabellose ihnen eine Warnung überbringen wollte.
    Immer klarer wurde die Übersetzung.
    Der Säugetierabkömmling deutete auf seine Brust. »Ich bin Magoon«, sagte er. »Magoon.«
    Re-Lim deutete auf sich selbst und nannte ebenfalls seinen Namen, was Magoon durchaus zu verstehen schien.
    »Gott, die Macht, die das Universum schuf, hat uns zur Herrschaft auserwählt! Ihr habt euch zu unterwerfen. Andernfalls werdet ihr alle getötet. Wir wollen euch nichts tun, aber wir werden auch nicht mit uns handeln lassen. Unterwerft euch der Göttlichen Ordnung, und ihr werdet ein glückliches Leben führen. Widersetzt ihr euch unseren Plänen, wird euer Blut das Eis von Korashan V grün färben.«
    Wieso gehst du davon aus, dass das Blut aller Schnabellosen grün sein muss? , meldete sich ein leicht spöttischer Kommentator in Re-Lims Hinterkopf. Nur deshalb, weil grün die Farbe der Gottlosigkeit und Sünde ist? Das ist doch wirklich zu simpel. Ein erfahrener Tanjaj sollte das besser wissen!
    Magoon schien nicht im Mindesten irritiert zu sein.
    »Ich bin der Überbringer der Gedanken«, sagte er rätselhaft.
    Re-Lim spürte einen stechenden Schmerz in seinem Kopf. Es fiel ihm schwer, sich noch auf irgendetwas anderes zu konzentrieren.
    Magoon trat noch einen Schritt näher. Er musterte die vogelartigen Besucher seiner Welt.
    »Es waren schon andere von eurer Art hier!«
    Der Schmerz in Re-Lims Kopf ließ abrupt nach. Von einem Augenblick zum nächsten konnte er sich wieder einwandfrei konzentrieren.
    In Re-Lims Bewusstsein herrschte Chaos. Eine Stimme begann sich ganz leise aus diesem verwirrenden Durcheinander herauszuheben. Sie sagte Re-Lim, dass er jetzt umgehend den Kommunikator zu aktivieren und den Nom-Tanjaj zu verständigen hatte.
    Aber Re-Lim war zu seiner eigenen Überraschung unfähig, das auch in die Tat umzusetzen. Wie beiläufig registrierte er die Anzeige in seinem Brillendisplay, die ihm eigentlich hätte deutlich machen müssen, dass sein derzeitiger Vorgesetzter verzweifelt versuchte, ihn zu erreichen.
    Aber weder Re-Lim noch seine Begleiter achteten darauf.
    Erneut erfüllte ein Schmerz Re-Lims Kopf. Nur war er diesmal noch wesentlich stärker.
    Re-Lim schrie auf. Seine Beine knickten nach hinten weg. Alles schien sich vor seinen weit auseinander stehenden Vogelaugen zu drehen. Ganz am Rande nahm er noch wahr, dass es seinen Begleitern ähnlich erging. Frii-Drig lag ebenfalls am Boden. Er hatte seinen Hand-Graser mit der linken Klaue gepackt und den Lauf auf Magoon gerichtet.
    Warum schießt er nicht? , fragte sich Re-Lim trotz der mörderischen Schmerzen.
    Magoon richtete einige Worte an seine Artgenossen. Der Translator schien aus dem benutzten Sprachbereich noch keines der zum Verständnis nötigen Schlüsselwörter zu kennen, was Re-Lim sehr verwunderte.
    Regungslos lagen Re-Lim und die drei anderen Mitglieder seiner Gruppe auf dem eisigen Untergrund.
    Re-Lim versuchte, sich zu bewegen, etwas zu sagen, wenn nötig zu schreien oder auf irgendeine andere Art und Weise Kontakt mit den Crew-Mitgliedern aufzunehmen.
    Es war einfach nicht möglich.
    Ein knarrendes, beinahe stöhnendes Geräusch erfüllte plötzlich die Luft. Es war an mehreren Stellen gleichzeitig zu hören.
    Löcher entstanden im eigentlich für die Ewigkeit festgefrorenen Boden.
    Aus jedem von ihnen drang ein ellipsoides Wesen mit vielen Beinen. Manche von ihnen sprangen regelrecht empor, ehe sie mit traumwandlerischer Geschicklichkeit genau wieder auf ihren Füßen landeten.
    Re-Lims Augen entgingen auch die Mäuler mit den Beißwerkzeugen nicht.
    Innerhalb weniger Augenblicke bildeten sich weitere Löcher im Eis, aus denen weitere Kopffüßer an die Oberfläche drangen, ihre Beißwerkzeuge gierig fletschten und dabei ein schmatzendes Geräusch erzeugten. Eine ätzende Flüssigkeit troff ihnen aus den Mäulern. Wo immer sie auf Eis traf, verflüssigte es sich sofort – nur um Augenblicke später wieder zu erstarren. Das ist das Ende! , dachte Re-Lim.

 
Kapitel 2 –
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher