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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin
Autoren: Carmen Korn
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diesen Satz wie eine Beschwörungsformel vor sich hin, als Lenis Vater die Tür zu dem Schuppen aufriss.

    Es war stockdunkel im Schuppen und still. Theo wollte sich schon abwenden, um über den Wirtschaftsweg in den Wald hineinzulaufen, doch dann erfasste Lüttichs Taschenlampe das Innere des Schuppens, und Theo sah noch Leni auf einem Strohballen kauern, bevor er die Augen zusammenkniff und blind auf sie zulief.
    Hardy stand ein paar Meter von ihr entfernt. Er hatte von ihr abgelassen, als er die Motoren hörte. Nun ertönten auch die Martinshörner.
    Hardy Diderot, der einmal Rickie Cassen gewesen war, schluchzte, als die Handschellen um seine Gelenke klickten.
    Lenis Vater ging auf seine Tochter zu, die Theo umklammert hielt.
    Er legte seine Arme um beide. Leni und Theo.
    »Dieser Junge hat dich gerettet, Lenchen«, sagte er.

Ad infinitum
    D er Kommissar und seine Kollegin begannen am Montagvormittag mit dem Verhör des Hardy Diderot. Er hatte geschwiegen und eine Kastanie in seinen Händen gedreht, bis Lüttich den kleinen grauen Stoffhund in den Vernehmungsraum trug.
    Diderots Stimme war hell wie die eines Kindes geworden, als er zu sprechen anfing und seine endlos traurige Geschichte erzählte.
    »Ich küsse dich dafür, dass du recht behalten hast«, sagte Lüttich, als sie nach zwei Stunden das Verhör unterbrachen und in das Büro des Kommissars gingen.
    Imke Karle sah ihn fragend an.
    »Du hast gesagt, dass Tanjas Tod seine letzte Tat sein würde.«
    Auf Lüttichs Schreibtisch lag ein Fax, das eine monatelange Recherche beendete. Ein Fax aus Barranquilla. Jan Ellerbek war im November 2004 in der kolumbianischen Hafenstadt gestorben.

    Theos achtzehnter Geburtstag fand an einem Dienstag statt. Der siebte Dezember. Auf den Tag waren sechs Monate vergangen, seit Sarah tot im Wald gefunden worden war.
    »Vorletzte Fragen« hieß das Buch, das Pa ihm auf den Gabentisch gelegt hatte. Ein philosophisches Werk.
    Theo ahnte, dass es Pas Einverständnis zu einem Philosophiestudium bedeutete. Sie schnitten Mas Torte an, als Leni und Lucky eintrafen.
    Auch Leni fing an, das ganz normale Leben zu genießen.
    Was hatte Max an einem Septembertag gedacht?
    Das ganz normale Leben wurde wirklich unterschätzt.
    »Was wird mit dem Haus geschehen?«, fragte Theo, als die Nachricht von Jan Ellerbeks Tod kam. Er stand am Fenster und blickte hinüber.
    Das Haus sah sehr einsam aus. Die immergrüne Ligusterhecke lag im Winterschlaf. Die kleinen Hainbuchen waren kahl.
    »Irgendwann kriegt die Akte einen Stempel, dass keine Erben ermittelbar waren«, sagte Pa. »Und dann gehört Ellerbeks Haus dem Staat.«
    »Wie traurig«, sagte Theo.

    Der erste Schnee fiel und legte eine gnädige weiße Decke aus. Baummarder liefen durch den Winterwald und die dichten Haare an ihren Sohlen verwischten ihre Spuren im Schnee. Ihr Fell war dunkelbraun und lang und seidig und schützte sie vor der Kälte.
    Bisamratten haben ein ganz ähnliches Fell.
    In den hohen Hainbuchen, die tiefer im Wald standen, saßen kleine Vögel in den Kronen und knackten mit ihren dicken Schnäbeln die Nüsschen der Hainbuchensamen auf.
    Die Wintersonnenwende war nah.
    Unter der weißen Decke warteten die Buschwindröschen, die Veilchen und die Waldhyazinthen auf den Frühling.
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