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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison
Autoren: Kristine Weitzels
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Mar genommen hatte. Meine Mutter kam nicht umhin, mir bei dieser
Gelegenheit wieder Vorhaltungen zu machen. Immerhin müsste sie dies alles
heimlich tun und ob mir überhaupt bewusst wäre, was ich ihr damit zumuten würde.
Meinetwegen müsste sie immerhin ihren Mann belügen. Weshalb ich im Krankenhaus
lag, interessierte sie nur am Rande. Sie versäumte jedoch nicht zu erwähnen,
dass dies bestimmt die Strafe für das sei, was ich in Spanien alles getrieben
hätte.
     
    Vielleicht lag es an der
bevorstehenden Operation und der zunehmenden Watte in meinem Kopf. Oder auch
einfach daran, dass ich meine Mutter kannte und schon lange aufgehört hatte,
mir ihre Kommentare zu Herzen zu nehmen. Jedenfalls sagte ich nichts dazu. Schon
als Kind hatte ich früh gelernt, dass es klüger war ab und zu den Mund zu
halten! Viel wichtiger war, dass am nächsten Tag tatsächlich eine Plastiktüte
mit Nachthemd, frischer Unterwäsche und sogar meinem Zahnputzzeug auf meinem
Krankenhausbett lag. Ich sollte gleich am nächsten Morgen operiert werden und
war an dem Tag innerhalb des Krankenhauses viel unterwegs; Blutabnahme, Röntgen,
usw. und alles war mit Wartezeiten verbunden gewesen. Als ich dann irgendwann
gegen Mittag zurück auf mein Zimmer kam, sah ich die Plastiktüte auf meinem
Bett. Meine Bettnachbarin meinte, die hätte eine sehr extravagant gekleidete Frau
dagelassen. Leider sei sie in Eile gewesen und hätte nicht auf mich warten
können. Von der Beschreibung her konnte dies nur meine Mutter gewesen sein.
     
    Insgesamt blieb ich zehn Tage im
Krankenhaus und mein erster Arbeitstag fing mit einer Krankmeldung an. Außerdem
würde ich in den nächsten vier Wochen meinen linken Arm auch nicht über den
Kopf heben dürfen und so lange würde ich auch noch krankgeschrieben bleiben.
Sonja erzählte mir dann, dass sie damals nach ihrer Operation gleich für sechs
Wochen zur Kur gefahren wäre. Sie riet mir, mich deshalb doch ebenfalls einmal
erkundigen. Dazu musste ich allerdings zu einer Therapeutin, die ihre Praxis
jedoch im Krankenhaus hatte. Als diese hörte, dass ich mich gerade erst von
meinem Freund getrennt hatte und nun mehr oder weniger auf der Straße stand,
wurde mir ebenfalls eine Kur bewilligt. Wenn auch nur für drei Wochen. Was Sonja
betraf, so wurde sie mir in dieser Zeit zu einer richtigen Freundin. Sie war
es, die meine Wäsche aus dem Krankenhaus mit zu sich nach Hause nahm und wusch
und die mir ein Spanischbuch besorgte. Sie war auch die Einzige, der ich von Renée
erzählte.
     
    Gleich im Anschluss an meinen
Krankenhausaufenthalt fuhr ich also erst einmal für drei Wochen zur Kur. Die
Krankenhaustherapeutin konnte es so einrichten, dass ich nur eine einzige Nacht
vor Kurbeginn zu Hause oder besser gesagt, bei meinen Großeltern verbringen
musste. Zur Kur selbst fuhr ich dann mit dem Zug. Meine Großeltern waren froh,
mich nicht im Haus zu haben, denn natürlich war zwischenzeitlich doch noch mein
Ex-Freund bei ihnen aufgekreuzt und hatte Randale gemacht. Zum Glück für meine
Großeltern, die beide nicht mehr die Jüngsten waren und zum Unglück für mich,
war jedoch mein Stiefvater im Haus gewesen. Zwar hatte er dafür gesorgt, dass
mein Ex wieder abzog, allerdings hatte er so auch Wind davon bekommen, dass ich
nicht mehr mit ihm zusammen war. Daraufhin hatte er meine Großeltern ebenfalls
gewarnt, sie sollten sich ja nicht unterstehen, mich bei sich aufzunehmen!
Meine Oma weinte, als sie mir davon berichtete und erklärte, es täte ihr
schrecklich leid, aber sie seinen jetzt zu alt, um das alles noch einmal
mitzumachen. Sie erinnerte mich daran, wie es gewesen war, als wir alle noch
unter ihrem Dach gewohnt hatten. Als Kind hatte mein Opa mich sehr oft davor
bewahrt, dass mein Stiefvater mich halb tot prügelte. Jetzt würde das nicht
mehr gehen.
     
    Mein Stiefvater war der beste Freund
meines Vaters gewesen und meine Mutter rühmte sich auch immer noch damit, dass
beide Männer damals hinter ihr her gewesen wären. Als meine Mutter dann im
fünften Monat schwanger mit mir war, der Hochzeitstermin hatte schon
festgestanden, verunglückte mein Vater bei einem Autounfall tödlich. Er hatte
auf dem Beifahrersitz gesessen und meine Mutter, die ihn in ihrem VW-Käfer von
der Arbeit abgeholt hatte, überlebte schwer verletzt. Das Auto war bei nasser
Fahrbahn von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Danach
heiratete meine Mutter dann den besten Freund ihres Verlobten. Für eine
Abtreibung war
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