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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison
Autoren: Kristine Weitzels
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Menge guten, teils schmutzigen Sex.
     
    Das Schicksal wollte es, dass mein
Freund damals, im Sommer 1983, für einige Tage beruflich verreisen musste. Mein
neunzehnter Geburtstag fiel genau in diesen Zeitraum und ich beschloss endlich einmal
wieder auszugehen. Außerdem fiel mein Geburtstag in diesem Jahr auf einen
Samstag und ich wertete dies als Zeichen, ungeachtet der Konsequenzen, die mein
Plan haben würde, sollte mein Freund je davon erfahren. Im Laufe der Zeit hatte
ich heimlich ein wenig Geld gespart. Trinkgelder, die ich schon mal im Hotel erhalten
hatte, wo ich eine Lehre zur Hotelfachfrau machte und natürlich das Geld von
meiner Oma. Immer zu Weihnachten oder an meinen Geburtstagen, schickte sie 200
DM in Glückwunschkarten versteckt, an die Hoteladresse. Denn so erfuhr mein
Freund nichts davon. Mein Plan war es, meinen Freund heimlich zu verlassen,
sobald ich meine Lehre beendet und genug gespart hatte. Dann wollte ich, weit
weg von zu Hause, eine eigene kleine Wohnung mieten und neu anfangen. Aber das alles
war nicht so einfach, zumal ich wusste, dass ich dafür alles würde aufgeben
müssen. Wenn ich meinen Freund verließ, dürfte er mich nie wieder finden. Ich
müsste alle Spuren hinter mir ausradieren und alle Türen hinter mir schließen,
zu meiner eigenen Sicherheit. Wohin ich gehen würde, darüber hatte ich zwar
schon viel nachgedacht, aber ich kannte zu wenig von der Welt, um eine
Entscheidung treffen zu können.
     
    Doch dann kam der Abend meines
Geburtstages. Zusammen mit meiner Kusine fuhr ich in eine damals sehr angesagte
Discothek. Am Eingang bekam jede von uns ein Nummernlos in die Hand gedrückt
und man sagte uns, dass heute Abend eine Reise für zwei Personen nach Lloret de
Mar in Spanien verlost würde. Lange Rede kurzer Sinn — ich gewann die
Reise und damit veränderte sich mein ganzes Leben.
     
    Anstatt weiter in einer scheinbar
ausweglosen Situation zu verharren und es hinzunehmen, dass mein Freund sein und
mein Gehalt verzockte oder versoff und mich anschließend windelweich prügelte,
würde ich nach Spanien fahren! Aber ich will nicht vorgreifen. Die Reise war
eine einwöchige Busreise für zwei Personen, gültig für die Nachsaison. Einen
Haken gab es allerdings und dessen war ich mir durchaus bewusst: Mein Freund
würde mich niemals fahren lassen — nur über seine und/oder meine Leiche!
     
    Dann kam mein Freund von seiner Fortbildung
zurück, noch launischer und reizbarer als sonst. Am selben Abend tauchte auch
noch sein Vater, ein Polizeihauptkommissar, bei uns auf. In gewohnt
befehlsmäßigem Ton erklärte er mir, dass wir — damit meinte er seinen
Sohn und mich — hoffnungslos verschuldet wären. Die Bank wollte nun einen
laufenden Kredit meines Freundes auch nicht mehr weiter aufstocken. Diesen
hatte er vor einiger Zeit aufgenommen, um sein maßlos überzogenes Konto
auszugleichen. Seitdem hatte er diesen Kredit anscheinend regelmäßig erweitert,
bis jetzt. Ohne Umschweife erklärte sein Vater mir, dass wir nun sofort
5.000 DM benötigten, anderenfalls drohe die Pfändung. Dabei sah er die ganze
Zeit über nur mich an, während meinem Freund still die Tränen über das Gesicht
liefen. Ich fragte mich, nicht zum ersten Mal, wie ich je so DUMM hatte sein
können, mich überhaupt mit diesem Kerl einzulassen!
     
     Es dauerte auch eine Weile, bis ich
begriff, was jetzt von mir erwartet wurde: Immerhin war mein Stiefvater ein
wohlhabender Geschäftsmann. Nur leider wollte dieser nichts mit mir zu tun
haben und ich fand es unsinnig, erneut und abermals darauf hinzuweisen! Dennoch
tat ich es. Daraufhin folgte eine Tirade von Anschuldigungen. Mein mangelndes
Interesse und mein fehlendes Verständnis für die Bedürfnisse seines Sohnes
hätten doch überhaupt erst dazu geführt, dass dieser spielsüchtig geworden sei,
schrie der Herr Hauptkommissar. Zum Schluss setzte er mir ein Ultimatum von 48
Stunden, für die Beschaffung des Geldes. Danach wollte er anderenfalls meinen
Stiefvater höchstpersönlich anrufen.
     
    Ich bat jedoch nicht meinen Stiefvater
um Hilfe. Dies hätte auch nicht viel gebracht und das hätte auch der Herr
Hauptkommissar zu spüren bekommen. Stattdessen rief ich meine Mutter an und
nutzte ihre Schuldgefühle mir gegenüber aus. Immerhin hatte sie jahrelang stillschweigend
zugesehen, wie mein Stiefvater seinen Frust an mir ausgelassen hatte.
Erstaunlich schnell kam ich so in den Besitz von für damalige Verhältnisse
ziemlich viel Geld und
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