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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison
Autoren: Kristine Weitzels
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es jedoch schon zu spät gewesen und gemeinsame Kinder aus dieser
Beziehung gab es auch nicht. Mein Stiefvater hatte selbst nie Kinder gewollt
und ich hatte von Anfang an eher die Wirkung eines roten Tuches auf ihn.
     
    Die dreiwöchige Kur gab mir dann auch
endlich Zeit, mich zu erholen — nicht nur von der Operation. Ich lernte fleißig
Spanisch, ging viel spazieren und genoss es einfach, mich mal verwöhnen und
bedienen zu lassen. Einmal rief meine Mutter mich während der Kur an und berichtete,
dass mein Freund einen ziemlich schweren Verkehrsunfall gehabt hätte und
nun ebenfalls im Krankenhaus läge. Er war mit seinem Auto gegen einen
Brückenpfeiler geprallt und man ging davon aus, dass er Selbstmord hatte
begehen wollen. Ich erinnerte sie daran, dass er nun nicht mehr mein Freund, sondern lediglich mein Ex-Freund war. Doch meine Mutter ignorierte meine
Bemerkung geflissentlich und wollte wissen, wie es denn nun mit mir weitergehen
sollte. Mein Stiefvater sei wegen mir völlig ausgerastet und sie hätte nun
wieder den größten Ärger mit ihm. Dabei fing sie an zu weinen und fragte, ob
ich denn nie erwachsen werden würde. Ich wüsste doch genau, wie launisch mein
Stiefvater sei. Sie täte wirklich alles, um eine harmonische Beziehung mit ihm
zu führen, doch jedes Mal würde ich ihr wieder mit irgendwelchen überzogenen
Ansprüchen alles kaputt machen! Dann sammelte sie sich und ich hörte, wie sie
sich die Nase putzte, bevor sie mit gefestigter Stimme fortfuhr. Jedenfalls
könnte ich nach der Kur nicht zurück zu den Großeltern. Immerhin sei ich
volljährig und sie oder die Großeltern hätten all die Jahre genug Opfer für
mich gebracht.
     
    Meine Mutter verfiel eine Weile in
einen Monolog. Sie schalt sich selbst, weil sie nach meiner Rückkehr aus
Spanien so dumm gewesen war, sich von mir bequatschen zu lassen, mich mit zu
den Großeltern zu nehmen. Meine Kusine hätte wohl ganz Recht, wenn sie
behaupte, ich hätte mir von einem dummen Spanier Flausen in den Kopf setzen
lassen. Wohlmöglich würde ich als nächstes damit herausrücken, dass ich von dem
Kerl nun auch noch schwanger sei. Dann erinnerte sich meine Mutter daran, dass
sie ja eigentlich mit mir telefonierte und erklärte, es sei wohl das Beste,
wenn ich ganz kleinlaut wieder zu meinem Freund zurückkehren würde —
bevor es zu spät sei! Ich sollte mir von ihr gesagt sein lassen, dass es so
etwas wie die perfekte Beziehung nicht gäbe und das würde auch ich noch lernen.
Außerdem seien da ja noch die 5.000 DM, die sie mir geliehen hätte und wie
sollte sie die je zurückbekommen, wenn ich nun meinen Freund verließe?
     
    Bislang hatte ich ihrer Elegie nur
zugehört, während ich am Fenster stand und draußen im Park den Schwänen zusah.
Doch nun antwortete ich, dass ich ihr das Geld schon selbst zurückzahlen würde,
aber bestimmt nicht wieder zu meinem Ex-Freund zurückkehren würde. Meine
Mutter erklärte daraufhin, dass ich, wenn ich nicht zu meinem Freund zurückginge, von ihr auch nichts mehr zu erwarten hätte! Mir war nicht ganz
klar, was sie damit meinte. Eigentlich hatte ich nie viel von ihr zu erwarten
gehabt. Deshalb antwortete ich, dass das für mich schon in Ordnung wäre. Mit
diesen Worten legte ich auf.
     
    Nach meiner Kur kam ich dann bei
Sonja unter. Sie hatte zwar nur ein kleines Appartement, aber ihr Sofa reichte
mir völlig. Zu diesem Zeitpunkt lag mein Ex-Freund auch noch immer im
Krankenhaus und ich wollte die Gelegenheit nutzen, meine restlichen Sachen aus
seiner Wohnung zu holen. Doch als ich mit Sonja dort ankam, stellte ich fest,
dass sich nichts mehr von mir in der Wohnung befand. Wahrscheinlich hatte er
alles weggeschmissen. Zum Glück lief der Mietvertrag nur auf seinen Namen und
wir hatten auch nie ein gemeinsames Konto geführt. Die Vollmacht für mein Konto
hatte ich ihm mittlerweile schon entzogen. Ich ließ also meinen
Wohnungstürschlüssel dort zurück und beendete diese Beziehung in jederlei
Hinsicht einfach, indem ich die Tür hinter mit schloss und wegging.
     
    ***
     
    Anfang November fing ich dann wieder
im Hotel an. Ich hatte sechs Kilo abgenommen und wog nun bei  1.78 m nur noch
55 Kilo, was mir persönlich aber sehr gut gefiel. Irgendwie hatte ich plötzlich
auch Lust auf einen neuen Look verspürt und mir deshalb beim Friseur die Reste
meiner Dauerwelle herausziehen lassen. Seitdem trug ich meine Haare wieder
glatt, so wie sie von Natur aus waren und ich hatte auch beschlossen, sie nun
ganz
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