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Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Titel: Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Was, wenn ich es mir recht überlege, passieren könnte. Ich bin mit drei Jahrzehnten Abstand der jüngste. Aber die Auditoren werden nur der Einfachheit halber durchnumeriert. Die Nummern bezeichnen keinen Rang. Sie scheinen alle irgendwie gleichrangig zu sein. Wenn sie zusammenkommen, sitzen sie in einem Kreis. Wirklich sehr ungewöhnlich für das hierarchiebewußte Barrayar.« »Wie die Ritter der Tafelrunde«, meinte Elli.
    Miles schluckte ein Lachen hinunter. »Das würdest du nicht sagen, wenn du sie sehen könntest …« Er zögerte. »Na ja, ich weiß nicht. Diese ursprünglichen Ritter der Tafelrunde wetteiferten wie besessen um Ehren. Ich meine, das war der Grund, weshalb der alte Arthur den Tisch überhaupt rund machen mußte, um alles zu entschärfen. Aber die meisten der Auditoren sind … ich kann nicht sagen: nicht ehrgeizig, sonst hätten sie nicht alle erreicht, was sie erreicht haben. Vielleicht ›post-ehrgeizig‹? Diese alten barrayaranischen Paladine sind eine erstaunlich selbstlose Bande.
    Eigentlich freue ich mich darauf, sie besser kennenzulernen.« Er entlockte ihr mehrmals ein Kichern, indem er ihr eine munter formulierte Beschreibung der seltsameren Eigenarten seiner neuen Kollegen gab.
    Sie fuhr sich mit der Hand durch ihre dunklen Locken und grinste unwillkürlich. »Du lieber Himmel, Miles. Allmählich glaube ich, daß du eigentlich doch ganz gut dazupaßt.« »Bist du jemals nach Hause gekommen, an einen Ort, an dem du nie zuvor gewesen bist? So kommt mir das vor. Es ist … sehr merkwürdig. Aber überhaupt nicht unangenehm.« Sie küßte ihn segnend auf die Stirn, er küßte sie glückwünschend in die Hand.
    »Tja, wenn du darauf bestehst, Zivilist zu sein, dann sei ein guter Bürokratenpaladin«, sagte sie mit Nachdruck. »Mach mich stolz auf dich.« »Das werde ich, Elli.« Miles’ Rückkehr von Komarr nach Barrayar verlief ohne Zwischenfälle. In der Stille eines Spätwinterabends kam er wieder im Palais Vorkosigan an und fand es warm und hell und bereit für ihn. Morgen würde er formell Gäste zu einem Dinner einladen, beschloß er, am liebsten Duv und Delia und die übrigen Koudelkas. Aber an diesem Abend speiste er in der Küche mit Pym, seinem Gefolgsmann, und Mama Kosti; seine Köchin war ein bißchen schockiert, entweder weil er aus seiner Rolle fiel oder weil er in ihr Territorium eingedrungen war. Aber er erzählte ihr eine Reihe Witze, bis sie lachte und mit einem Handtuch nach ihm schlug, als wäre er einer von ihren Jungen, was Pym unendlich amüsierte. Am Ende seiner Wachschicht schaute Korporal Kosti herein, um ebenfalls richtig beköstigt zu werden und mit den Kätzchen zu spielen, die jetzt in einer mit Lumpen ausgepolsterten Kiste in der Nähe des Ofens lebten und nun wie besessen aus ihr flohen. Der Korporal und Mama Kosti berichteten Miles alle Neuigkeiten über Martin, der jetzt die Grundausbildung durchlitt, mit all den prahlerischen Klagen, die das zur Folge hatte.
    Nach seinem späten Abendessen begab er sich in seinen Weinkeller. Zeremoniell wählte er eine Flasche vom ältesten und seltensten Wein seines Großvaters. Als er sie öffnete, stellte er fest, daß der edle Tropfen mehr als nur ein bißchen sauer war. Er überlegte, ob er ihn trotzdem trinken sollte, dem symbolischen Charakter der Geste zuliebe. Dann schüttete er ihn im Bad seiner neuen Suite entschlossen ins Waschbecken, stieg erneut hinunter und holte eine Flasche eines viel jüngeren Jahrgangs, der, wie er wußte, sehr gut war.
    Er setzte sich, diesmal mit einem Weinglas aus bestem Kristall, in den unglaublich bequemen Sessel neben der Fensternische, um ein paar dicke Schneeflocken zu beobachten, die im Licht der Gartenlampen vorübertanzten, und um seine eigene private Totenwache zu halten. Er toastete seinem gespensterhaften nächtlichen Spiegelbild in der Fensterscheibe zu. Das war – Admiral Naismiths dritter Tod? Einmal auf Jackson’s Whole, einmal in Illyans Büro, zum dritten und letzten und erstaunlich schmerzvollen Mal wiedererweckt und erneut erledigt von Lucas Haroche.
    Bei seinem ersten Tod war er nicht in der Lage gewesen, sich einer angemessenen Totenwache zu erfreuen – damals war er eingefrorenes Gepäck gewesen, das verlorengegangen war –, beim zweiten hatte der Dolch seines Großvaters, als Öffner für einen röteren Wein, ihn mehr gelockt als der Brandy. Er lehnte sich gemütlich zurück und stellte sich darauf ein, sich eine Stunde Selbstmitleid bei seinem Wein zu
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