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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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Wüstenfahrten. Die Firma Pilot's Heaven war geboren, und der Himmel im Namen bezog sich auf Wolfis Zwang, allen Menschen, die nicht bei drei auf den Bäumen waren, die Welt zu erklären.
    „Das kapieren die Kuffnucken nie“, sagte er ohne jeden Anflug von Rassismus, „ohne flotte Abfertigung läuft doch nichts. Die Touristenärsche drehen um, wenn sie stundenlang auf ihren Stempel warten müssen.“
    „Das Flugzeug war schon weg“, sagte ich.
    Wolfi sah mir nur müde zu, wie ich mit dem Gepäck kämpfte, das sich bereits meterhoch im Einkaufswagen türmte.
    „Fass mal an“, sagte ich zum Chef vom Himmel.
    „Fass mal an“, sagte er zur Frau neben sich. Das war Gitta, in Personalunion Mitarbeiterin von Pilot's Heaven und Wolfi's Gattin. Ich wage zu behaupten, dass ohne sie der Laden keine Woche überlebt hätte, und ich höre keinen Widerspruch. Gitta war zwanzig Jahre jünger als Wolfi und blond wie Sommerweizen. Sie fotografierte, fuhr Jeep, flog Gleitschirmflugzeuge und konnte einen turmhoch beladenen Gepäckwagen durch das Tohuwabohu einer afrikanischen Abfertigungshalle manövrieren. Während Wolfi verkündete, dass er sich angesichts dieser Strapazen gleich mal aufs Ohr legen müsse, fragte sie nach unseren Plänen.
    „Ausrüstung checken. Autos checken. Ballon checken. Los geht's“, antworteten wir.
    „Hat keiner Lust auf Frühstück? Kaffee, Tee, Orangensaft? Ein wenig die Beine am Pool ausstrecken?“ Wir sahen uns an. In unseren Gesichtern stand wilde Entschlusskraft. Aber dann dachten wir: Hey, wir haben die Großwildjagd im Flugzeug überlebt, wir sind in Afrika, es ist 10 Uhr morgens, und der Thermometer zeigt bereits 28 °C im Schatten.
    „Tolle Idee“, sagten wir wie aus einem Mund.
    „Bei mir“, sagte Wolfi, „bricht keiner ein.“
    Die Fahrt vom Flughafen nach Windhuk hatte eine halbe Stunde gedauert, und in der Zeit sah ich ein paar Dutzend Paviane, die uns am Straßenrand vergnügt ihre roten Ärsche entgegenstreckten. Eine gute Idee für Deutschlands Straßen, denn ich bin mir sicher, dass Paviane die Stimmung im morgendlichen Berufsverkehr spürbar verbessern würden.
    Windhuk liegt 1630 Meter hoch, und ist auf den ersten Blick ein freundliches Städtchen. Seine Geschichte ist wie die Geschichte Namibias eng mit Deutschland verbunden. Darin spielen Diamanten eine wesentliche Rolle. Denn es war im April des Jahres 1908 gewesen, als ein Arbeiter der Lüderitzbucht- Eisenbahn in der Nähe der Station Grasplatz, die mitten in der Wüste ihrem Namen absolut keine Ehre macht, einen Diamanten fand. In dieser sandigsten Ecke Namibias gab es seit 1883 eine vom Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz gegründete Handelsniederlassung. Damals lagen die Klunker tatsächlich auf dem Boden herum. Man brauchte sich nur zu bücken, um sie aufzuheben. Aus diesem Grund kam das Bücken im fernen Deutschland groß in Mode. Wer es nicht zu sehr mit den Bandscheiben hatte, machte sich auf ins gelobte Land. Wie oft in der Geschichte der Menschheit scherten sich die Neuankömmlinge nicht darum, dass das Land bereits einen Eigentümer hatte. Nach ein paar Jahren kam es zum Aufstand der Herero, welcher von den kaiserlichen Schutztruppen auf grausame Weise niedergeschlagen wurde. Auch dem Aufstand der Nama-Stämme folgte ein erbarmungsloser Wüstenkrieg, und so blieb den fleißigen Diamantensammlern noch bis zum 9. Juli 1915 Zeit, einzusacken, was ihnen gar nicht gehörte. An diesem Tag musste der Kommandeur der Schutztruppe, Oberstleutnant Franke, die Kapitulation unterzeichnen, die ihm der Generaloberkommandeur der Südafrikanischen Union, Simon Botha, auf den Tisch knallte. Von nun an hieß die Kolonie Deutsch-Südwestafrika nur noch Südwestafrika. Doch bis zur eigentlichen Unabhängigkeit sollte es noch Jahrzehnte dauern. Sie kam am 21. März 1990. Die neue Nation nannte sich Namibia, als Reminiszenz an die Namib, die als älteste Wüste der Welt ein Teil der Kalahari ist. Namib bedeutet so viel wie „Leerer Platz“ oder „Ort, an dem nichts ist“. Das Land weist nach der Mongolei die geringste Bevölkerungsdichte der Welt auf. Trotz der im Vergleich kurzen deutschen Kolonialzeit sprechen noch immer über 30 Prozent der Einwohner deutsch. So kann es passieren, dass man auf einen Menschen stößt, der wissen will, ob Bismarck in der alten Heimat noch die Zügel in der Hand hält. Dann empfiehlt sich die diplomatische Antwort, er nicht, doch seine Enkel, und danach wird man zum Bier eingeladen. Die
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