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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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Mitunter beschleicht einen das Gefühl, dass die Welt so aussah, als unser aller Herrgott seinen großen Zauberstab schwang.
    Während die untergehende Sonne einen orangen Feuerschein über die Savanne legte, hielten wir unter einem mächtigen Baum. Im Geäst hatte Bruno ein Haus gebaut, mitsamt Badewanne auf vier krummen Füßen. Wir luden Bier aus dem Wagen und kletterten hinauf.
    „Da drüben ist ein Nistplatz mit ein paar Vögeln“, sagte Bruno.
    Wie oft in Afrika war das eine Untertreibung. Einige tausend Vögel rauschten aus dem Unterholz und flogen in Richtung des untergehenden Feuerballs davon. Wir verharrten in Ehrfurcht. Nur Bruno, der das alles kannte, ließ die Kronenkorken knallen.
    „Auf euer Kommen“, sagte er, und wir stießen mit den Flaschen zusammen. „Und auf die Teufelskralle. Ohne den Professor könnte ich das nicht sagen.“
    Der Professor war Detlef Haberer von der Universität Münster. Der Experte für Heilpflanzen widmete sich der Erforschung der Teufelskralle. Harpagophytum procumbens wächst nur in den Sandgebieten der Kalahari. Die traditionellen Heiler aller Volksstämme nutzen diese Pflanze bei Arthritis und Rheumatismus. Seit in Deutschland und den meisten westlichen Industrieländern Rheuma Volkskrankheit Nummer Eins geworden ist, stieg der Bedarf an der Rohdroge dieser Pflanze so stark an, dass sie vom Aussterben bedroht ist. Was wiederum zu Bruno Gretzmann und seine Farm führt.
    „Sandige Böden habe ich genug“, sagte Bruno. „Also dachte ich mir, warum sollte ich es nicht mit der Teufelskralle probieren? Durch meine Kontakte zu den Buschmännern wusste ich von ihrer Heilkraft. Ich dachte, ich bau sie im großen Stil an – die Sache ging aber in die Hose!“
    Kein Wunder, denn wild wachsende Wüstenpflanzen lassen sich nicht mir nichts, dir nichts kultivieren. Nun sollte es der Professor richten.
    „Ich hatte von Professor Haberers Forschungen erfahren“, sagte Bruno. „Sogar hier in der Wüste verfügen wir über einen Internetzugang. Ich habe mit ihm Kontakt aufgenommen – was daraus geworden ist, schauen wir uns morgen an. Heute wird erst mal gefeiert.“
    Richtig. Mit Seemannssteak à la Kalahari, nach denen man eine Woche nichts mehr zu essen braucht. Die hatte ich fast vergessen. Als Horst mir das vierte Steak von der Größe eines Tennisschlägers auf den Teller legen wollte, lehnte ich höflich, aber bestimmt ab. Das Farmhaus von Bruno Gretzmann, das aussah wie die Farmhäuser aus dem Film „Vom Winde verweht“, lag im Schein unseres Lagerfeuers. Über dieses hatte Horst einen Dreifuß gestellt, an dem eine eiserne Pfanne hing, in die ein gutes Dutzend Steaks passte. Ich muss zugeben, dass ich noch nie bessere gegessen hatte, selbst in Wyoming nicht, der Heimat des Rindersteaks. Doch nun musste ich aufgeben, sollte es mir nicht ergehen wie dem explodierenden Vielfraß in Monty Pythons Film „Der Sinn des Lebens“. Es war an der Zeit, sich den wichtigen Dingen des Lebens zu widmen.
    „Du fandest die Hoppelstrecke also anregend?“ fragte ich Anne Hansen im unschuldigsten Ton.
    „Aber ja. Vor allem in Vorfreude auf hier.“ Das hörte sich gut an. Ich zog den dicken Steakbauch ein und streckte die Brust raus.
    „Brunos Teufelskrallen haben mittlerweile eine so hohe Qualität“, fuhr sie fort, „dass ich eine ganze Ladung kaufen werde.“
    Da lag der Hase im Pfeffer. Typisch Frau, nur Shopping im Kopf. Ich sah, wie Anne sich erhob, lächelte und wie eine verführerische Tanja Blixen in der Dunkelheit verschwand. Aus der Glut grinste der Gott des Feuers, weil er wusste, dass ich nicht Robert Redford bin. Ich streckte Horst meinen Teller entgegen.
    „Hab's mir anders überlegt“, sagte ich. „Eines geht noch rein.“
    Eine afrikanische Nacht ist immer etwas Besonderes: voller Zauber, süßer Gerüche, unbekannter Geräusche. Sie ist so magisch wie das Land, und am liebsten würde ich Nacht für Nacht kein Auge zumachen. Diesmal gelang mir das ohne Probleme, denn in meinem Magen kullerten mehr Steine als im Bauch vom bösen Wolf, nachdem ihn Rotkäppchen überlistet hatte. Ich beschloss, mir ein wenig die Beine zu vertreten. Trotz des bewölkten Himmels, aus dem kein Regen fiel – an dem Tag nicht und auch am folgenden nicht und in dieser Gegend an 340 Tagen im Jahr nicht –, zeigte das Thermometer noch immer 30 °C. In einiger Entfernung sah ich flackerndes Licht und hielt darauf zu. Im Schutz halbhoher Bäume erkannte ich die Umrisse einiger
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