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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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Hansen schon das halbe Leben mit diesen Themen auseinandersetzte. Ich schaute auf mein Weinglas, welches auf geheimnisvolle Weise schon wieder leer war, dann in die Abgründe ihrer Augen. Dann sagte ich: „Tja, da sollten wir mal hinfahren.“
    Auf Partys sagt man schnell sehr viel, und am nächsten Morgen haben das zum Glück alle wieder vergessen, besonders, wenn es sich um Eheversprechen und Reiseverpflichtungen dreht. In diesem Fall war es anders. Dr. Anne Hansen war keine Frau mit schlechtem Gedächtnis.
    Bauern, die durch Handauflegen heilten. Kräuterfrauen, die noch wussten, was uns Mutter Natur Gutes zur Verfügung stellt, und dafür manchmal verfolgt und getötet wurden. In einer Zeit, in der wir uns nur noch wie ein lästiger Kostenfaktor der Krankenkassen fühlen, in der unser Arzt nur wenige Minuten Zeit für uns hat, falls uns nicht sein Vorzimmerdrache längst wieder nach Hause geschickt hat, weil wir die Versicherungskarte vergessen haben, kommt sie zurück: die Besinnung auf alte Traditionen. Heilpraktiker haben Hochkonjunktur. Hausfrauen schlagen in Omas Schatzkästchen das Rezept für Hustensäfte nach, weil sie ihren Kindern die nächste Antibiotikabombe ersparen wollen. Und manch altgedienter Doc reicht seinen Patienten ein Naturheilmittel, „das es leider nur im Internet gibt, also sagen Sie keinem, dass Sie es von mir haben.“
    Ich selbst hatte ebenfalls eine eigentümliche Einstellung zum Thema Krankheit, nämlich die, dass es sie nicht gibt. Schließlich komme ich aus dem Schwarzwald, wo man selbst im tiefsten Winter mit einem ärmellosen T-Shirt und barfuß durch Eis und Schnee stapft. Wer krank wird, ist ein Weichei, und das Beste ist, man nimmt dieses Unwort gar nicht erst in den Mund. Dann geschah es, dass in meiner nächsten Umgebung einige kerngesunde Menschen von heute auf morgen nicht mehr kerngesund waren. Es fielen die Begriffe Krebs und Aids. Die Ärzte konnten nicht mehr tun, als die Schultern zu zucken und eine Rechnung zu stellen. Ein paar meiner Bekannten starben schneller als der Pfarrer sein Beileid aussprechen konnte. Ich brachte zwar mein ärmelloses T-Shirt nicht gleich zur Altkleidersammlung, aber ich war bereit fürs Abenteuer. Und davon gibt es in Afrika mehr als genug.
    Kurz gesagt, Afrika ist die Wiege der Menschheit. Aus Afrika kommen wir, und nach Afrika sollte man gehen, wenn einen die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen packt. Versetzen wir uns in eine Zeit lange, lange, lange vor unserer Zeit – in die Welt vor 200 Millionen Jahren. Damals sah die Erde ein wenig anders aus als heute. Die fünf Kontinente waren eine riesige Landfläche, und mit riesig meine ich riesig. Pangäa hieß der Superkontinent, und auf ihm ging's drunter und drüber. Flüssiges Magma rumorte im Erdinnern, Vulkane spuckten Feuer, unvorstellbare Kräfte zerrten an ihm, und eines Tages brach der Superkontinent auseinander. Die Wissenschaftler sind sich nicht einig, ob das von heute auf morgen passierte oder im Laufe einer längeren Periode. Schließlich war keiner von ihnen mit dabei. Tatsache ist, am Ende drifteten die Erdteile auseinander, und dieses Driften hält bis heute an. Nur Afrika machte die große Ausnahme. Der Kontinent war das Herzstück von Pangäa und blieb mehr oder weniger an seinem Platz – mit der Folge, dass die klimatischen Verhältnisse Afrikas seit sehr langer Zeit stabil sind, was zu einem wahren Brutkasten des Lebens führte: Pflanzen und Tiere entwickelten sich prächtig, und auch der Mensch tat, was er konnte. Zum ersten Mal tauchte er an einem Donnerstag im Jahr 2378545 vor Christus auf, und zwar im Great Rift Valley im heutigen Uganda. Als es ihm und seinen Kumpels dort ein paar hunderttausend Jahre später zu eng wurde, setzten sie sich in Marsch. 50 000 Jahre vor Christus erreichten sie Australien, 12 000 Jahre vor Christus die Gegend um Peking, 11 000 Jahre vor Christus den Süden von Chile, und um 10 000 vor Christus war der größte Teil der Erde von Menschen bevölkert: auch Stuttgart, wo ich als würdiger Nachfolger des ersten Afrikaners gerade sitze und schreibe. Kurzum, wir alle haben unseren Ursprung im Hochland von Uganda. Vielleicht war es einmal das Paradies gewesen, vielleicht auch schon immer die Hölle. Zumindest scheint es das heute zu sein. Denn aus Afrika erreichen uns selten gute Nachrichten. Wer die Wörter „Afrika“ und „Katastrophe“ googelt, braucht einen üppigen Arbeitsspeicher. Der Sudan, Kongo, Niger, Simbabwe – die Liste
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