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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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Jäger?“, fragte ich.
    „Die da vorne“, sagte Rolf, „und die da drüben, und die und die, und die auch.“
    Jetzt sah ich es. Außer den vier Spaßvögeln mit ihrer Jägermeisterflasche gab es eine stattliche Anzahl weiterer Männer in Tarnanzügen oder Bundhosen mit Janker. Fast sah es aus, als träfe sich der Reservistenclub der Bundeswehr. Aber es waren Großwildjäger, und ich zählte vierzig von ihnen.
    „Die knallen alles ab, was ihnen vor die Flinte kommt“, sagte Rolf.
    „Auch Enten?“
    „Enten interessieren die nicht“, antwortete er ernsthaft. „Nein, die sind auf Löwen aus. Auf Geparden und Nashörner.“
    „Aber das ist doch verboten!“
    „Wo kein Kläger, da kein Richter. Auf privaten Farmen werden diese Tiere extra angesiedelt. Mitunter bezahlt von deutschen Tierschutzorganisationen, im naiven Glauben, Gutes zu tun. Dann holt sich der Farmer ein paar schießwütige Touristen ins Haus, verlangt eine saftige Abschussprämie, und kassiert so gleich doppelt. 5 000 Dollar kostet der Abschuss eines Geparden.“
    „Du hast Recht“, sagte ich. „Luke auf, und raus mit der Bande.“
    Aber dazu kam es nicht. Dafür zu einem Brauchtumsabend hoch über den Wolken mit Gesängen, die zwischen 1933 und 1945 populär waren. Nachdem Kamerad Tarnanzug der Stewardess zum x-ten Mal unter den Rock gegriffen hatte, war auch diese bereit, die Luke zu öffnen. Der Kapitän gab die Anweisung, keinen Alkohol mehr auszuschenken. Ein paar Horst-Wessel-Lieder später fielen die Großwild- Rambos in bleiernen Schlaf, während ich hellwach war und darüber nachdachte, ob das nun typisch ist für unser Verhältnis zu Afrika. Schließlich war der Schwarze Kontinent ein paar Jahrhunderte lang der Selbstbedienungsladen Europas gewesen. Allein seine Königliche Hoheit Leopold II, König von Belgien, vergrößerte sein privates Vermögen durch die Ausbeutung von Belgisch-Kongo um das 3500-fache. Auch Engländer, Franzosen, Holländer, Portugiesen und Deutsche langten kräftig zu. Trotzdem gibt es nichts Schöneres, als an einem kalten, grauen deutschen Wintertag ins Flugzeug zu steigen, um ein paar Stunden später im warmen, lichtdurchfluteten Afrika anzukommen. Im Hosea Kutaka International Airport von Windhuk empfiehlt es sich dann, den Weg vom Flieger zum Flughafengebäude im Laufschritt zurückzulegen. Ansonsten muss man bei der Einreise viel Geduld aufbringen. Sagen wir so zwei, drei Stündchen, falls man sich nicht unter Einsatz des Ellbogens an allen vorbeidrängelt, was einem wiederum die Chance gäbe, sich bei dem einen oder anderen Großwildjäger mit einem Schlag in die Rippen für die unvergessliche Nacht zu bedanken. Wer jedoch mit dem Ehrenmitglied des Donald- Duck-Clubs unterwegs ist, also einer Ente wie du und ich, der rennt nicht. So standen wir uns drei Stunden lang die Beine in den Bauch, um anschließend an der Gepäckausgabe nochmals eine Stunde auf ein Band zu starren, welches sich einfach nicht bewegen wollte. In der Zwischenzeit verließ ein Großwildjäger nach dem anderen die Asservaten- Kammer, Knarre in der Hand.
    „Schießt euch ins Knie“, murmelte Rolf einen letzten Gruß, als ich endlich beginnen konnte, 190 kg Gepäck auf einen Trolley zu hieven, der die Größe eines Einkaufswagens hatte. Zum Glück nahte Hilfe: Schon in Deutschland hatten wir die Leute von Pilot's Heaven als Back-up-Service engagiert. Sie sollten uns mit wüstentauglichen Autos versorgen, Fluggeräten und Nonstop-Kaffee zu allen Tages- und Nachtzeiten. Chef der Firma war Wolfi Eckardt, der zuvor auf Korsika eine Bäckerei betrieben hatte.
    „Roggenbrot und Brezeln“, erzählte er mir. „Das Geschäft ging wie geschmiert. Vom Backen haben die nämlich keine Ahnung, die Franzis.“
    Derart freundlich betitelt, legten ihm die Korsen höflich aber bestimmt nahe, in Zukunft kleinere Brötchen zu backen, und zwar woanders.
    „Die haben eine Bombe in mein Geschäft geschmissen“, sagte Wolfi. Er konnte es immer noch nicht fassen. „Da bin ich ins Kerzengeschäft eingestiegen.“ Dieser glasklaren Logik folgend, tingelte er die folgenden Jahre über die Weihnachtsmärkte Kaliforniens, wo die Nachfrage nach obszön kitschigen Kerzen in Form von Krippen, den Heiligen Drei Königen sowie der Jesusfamilie samt Kuh, Schaf und Esel groß genug war, dass nach ein paar Jahren Maloche eine Villa mit Swimmingpool in Windhuks Nobelviertel Ludwigsdorf heraus sprang, samt Gleitschirmflieger und Zwanzig-Tonner für ausgedehnte
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